Läufer verzweifeln am Doping-Sumpf

SID
Doping scheint im Profisport allgegenwärtig zu sein
© getty

Viel "Blabla" der Funktionäre, nur Nudeln statt Spritzen und Kopfschütteln über manipulierte Kontrollen: Im Dopingsumpf um auffällige Blutwerte in der Leichtathletik haben die deutschen Läufer fast schon resigniert.

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"Keine Frage, es freut mich, dass wieder etwas ans Tageslicht kommt. Aber was passiert jetzt? Was sind die Konsequenzen?", sagte 800-m-Läufer Robin Schembera (26) dem SID: "Es ist doch immer das Gleiche: Es wird eine halbe Ewigkeit irgendein Blabla geredet, und dann rollt vielleicht ein Kopf von irgendeinem völlig unwichtigen Funktionär. Aber am Ende geht alles weiter wie gehabt."

Auch Arne Gabius gibt sich keinen Illusionen hin, dass sich nach den Enthüllungen der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping, im Schattenreich der Leichtathletik" im Weltverband IAAF groß etwas ändern wird.

"Wenn ein Verband nur auf schöne Bilder, Glamour und Geld aus ist, kann das nicht funktionieren. Aber es unternimmt einfach niemand etwas", sagte der Hamburger dem SID: "Der Wille, die sauberen Athleten zu schützen, ist nicht da. Da fehlt jede Konsequenz."

Die IAAF meldete sich am Mittwoch erstmals ausführlich zu Wort - und wies die Berichte als "sensationslüstern und verwirrend" zurück. Die Ergebnisse, auf die sich bezogen werde, seien keine positiven Doping-Tests, zudem seien sie nicht neu.

"Saubere Athleten haben keine Chance"

Vor vier Jahren habe der Weltverband die Daten bereits im Rahmen einer detaillierten Analyse veröffentlicht. Unter anderem diese Blutwerte seien als Grundlage für "zielgerichtete Trainingskontrollen" verwendet worden.

Von den erhobenen Vorwürfen, wonach zwischen 2001 und 2012 jede dritte Medaille bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen in Ausdauerdisziplinen an einen Athleten ging, dessen Blutwerte auf Doping schließen lassen, ist derweil Schembera "überhaupt nicht überrascht. Ich nehme es achselzuckend zur Kenntnis, mehr aber auch nicht. Schließlich sehe ich ja schon seit ein paar Jahren, wie es international abgeht", sagte der ehemalige U20-Europameister aus Leverkusen: "Wenn ich weiß: Ich esse nach dem Training einen Teller Nudeln, und andere jagen sich eine Spritze rein - dann kann das schon frustrierend sein."

Besonders Schembera hat den Glauben an einen fairen Wettbewerb "schon lange verloren. Das ganze System krankt ja", sagte er: "So lange es keine internationalen Standards im Anti-Doping-Kampf gibt, haben saubere Athleten keine Chance. In Russland vereinbaren die Kontrolleure ja fast einen Termin mit den Athleten. Nach dem Motto: Wann passt es denn? Und in Kenia verfaulen die Proben auf dem Weg ins Labor. Was wir brauchen, sind weltweit einheitliche Standards. Alles andere ist ein Schlag ins Gesicht für jeden sauberen Athleten."

Forderung nach einheitlichem Kontrollsystem

Auch Gabius will endlich ein weltweit einheitlichen Kontrollsystem. "Was wir brauchen, sind einheitliche Standards und den Willen, diese dann auch umzusetzen. Das Geld im Verband ist ja da. In dieser Diskussion ist auch der DLV gefordert, Druck auszuüben. Da muss man auch mal unangenehm werden", sagte der Langstrecken-Läufer, der sich wünscht, dass sich Sebastian Coe bei der Wahl des Nachfolgers für den umstrittenen IAAF-Präsidenten Lamine Diack gegen Sergej Bubka durchsetzt: "Ich hoffe, dass Sebastian Coe zum neuen IAAF-Präsidenten gewählt wird und richtig aufräumt."

Doch bisher ist der Brite, seit 2007 IAAF-Vizepräsident, auch nur durch die üblichen Lippenbekenntnisse aufgefallen. "Ich weiß, dass die IAAF diese Vorwürfe sehr ernst nimmt und eine robuste und ausführliche Antwort darauf geben wird. Sie wird dabei weiterhin eng, wie sie es immer getan hat, mit der WADA zusammenarbeiten", hatte er als Reaktion auf die Enthüllungen gesagt.

Nicht nur Gabius und Schembera hoffen, dass dem üblichen "Blabla" der Funktionäre diesmal endlich auch Taten folgen.

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