Pistorius plädiert auf "nicht schuldig"

SID
Oscar Pistorius muss sich vor Gericht verantworten
© getty

In Pretoria hat am Montag der Mordprozess gegen "Blade Runner" Oscar Pistorius begonnen. Dem 27-Jährigen wird vorgeworfen, am 14. Februar 2013 seine Freundin Reeva Steenkamp vorsätzlich erschossen zu haben. Pistorius drohen 25 Jahre Haft.

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Er wirkte fahrig, sprach leise und verdrückte auch wieder ein paar Tränen, die er mit einem blütenweißen Taschentuch wegwischte: Zum Auftakt seines mit Spannung erwarteten Mordprozesses in Pretoria ließ Oscar Pistorius am Montag keinen Zweifel an seiner Version des Tathergangs. "Nicht schuldig, Mylady", sagte der 27-Jährige, und seine brüchige Stimme war im Auditorium kaum noch zu hören.

Ehrliche Trauer um die tote Reeva Steenkamp oder maßloses Selbstmitleid? Die Staatsanwaltschaft wirft dem "Blade Runner" jedenfalls vor, seine Freundin Reeva Steenkamp am 14. Februar 2013 in seiner Villa in einem Nobelvorort von Pretoria durch die geschlossene Badezimmertür erschossen und dabei mit voller Absicht gehandelt zu haben. Pistorius dagegen behauptet, er habe hinter der Tür einen Einbrecher vermutet.

25 Jahre Haft drohen

Sollte das Gericht mit der Vorsitzenden Richterin Tholozile Masipa der Anklage folgen, drohen dem einst gefeierten Sportstar 25 Jahre Haft in einem der berüchtigten südafrikanischen Gefängnisse. Und die Dinge liefen am Montag so gar nicht für Pistorius. Staatsanwalt Gerrie Nel rief Michelle Burger in den Zeugenstand, eine Nachbarin, die von der Nacht erzählte, in der Reeva Steenkamp durch vier Schüsse in Kopf und Oberkörper starb.

Um 3.00 Uhr morgens, so Burger, habe sie aus der Pistorius-Villa "Schreie einer Frau gehört, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen. Die Stimme war schrill, ganz furchtbar hoch, die Frau schrie um Hilfe", erzählte die Zeugin. Es sei nahezu unmöglich, das Grauen zu vermitteln, das in diesen Schreien gelegen habe: "Und dann kamen die Schüsse. Ein einzelner, dann drei kurz nacheinander. Bang...bang, bang, bang."

Mit versteinerter Miene lauschte Pistorius im schwarzen Anzug und mit schwarzer Krawatte den Ausführungen der Zeugin, dabei vermied er sorgsam den Blickkontakt mit der komplett anwesenden Familie der getöteten Reeva Steenkamp. Der Angeklagte ließ die Ereignisse der Todesnacht durch seinen Anwalt ganz anders schildern.

Er habe im Bett gelegen und ferngesehen, Steenkamp habe Yoga-Übungen gemacht: "Wir haben uns geliebt, wir waren glücklich, sie hatte mir sogar ein kleines Geschenk zum Valentinstag gegeben, das ich aber erst am Morgen öffnen sollte."

Ein tragischer Unfall?

Er sei dann auf dem Balkon gewesen, als er im Badezimmer Geräusche gehört habe. Mit dem Gedanken an einen Einbrecher, der sich durch das Badezimmerfenster gewaltsam Zugang zu seiner Villa verschafft haben könnte, habe er zur Waffe gegriffen und durch die geschlossene Tür geschossen - ohne sich vorher vergewissert zu haben, dass Steenkamp in ihrem Bett lag. In dem Statement, das sein Anwalt Kenny Oldwage vorlas, sprach Pistorius von einem "tragischen Unfall".

Mittlerweile ist angeblich ein Pistorius entlastendes Dokument aufgetaucht. Der südafrikanische TV-Sender eNCA will im Besitz einer neuen Ballistik-Analyse sein, die besagen soll, Pistorius habe bei den tödlichen Schüssen "sehr wahrscheinlich" auf seinen Beinstümpfen gestanden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm dagegen vor, er habe zunächst seine Prothesen angelegt - was eindeutig gegen eine spontane und panische Reaktion aus Angst vor einem Einbrecher sprechen würde.