Holzdeppe springt zu Gold

Von Cliff Schmit
Der Goldmedaillengewinner darf sich verdientermaßen von der versammelten Presse ablichten lassen
© getty

Raphael Holzdeppe liefert einen fast perfekten Wettkampf ab und sichert dem DLV die erste Goldmedaille. Auch Björn Otto und Malte Mohr können überzeugen. Während die schnellste Frau der Welt weiterhin aus Jamaika kommt, sichert sich Christina Schwanitz in extremis Silber. Im Gegensatz zu den deutschen Siebenkämpferinnen, gibt sich Robert Harting in der Qualifikation keine Blöße. Schirrmeister muss aufgeben.

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Raphael Holzdeppe hat dem DLV die erste Goldmedaille bei den Weltmeisterschaften in Moskau beschert. Der 23-jährige Bronzengewinner aus London lieferte einen bärenstarken Wettbewerb ab und verwies seinen Rivalen Renaud Lavillenie völlig verdient auf den zweiten Platz.

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Holzdeppe leistete sich bis zur Höhe von 5,89m keinen einzigen Fehlversuch, scheiterte dann allerdings drei Mal an 5,96m. Lavillenie bot einen wesentlich inkonstanteren Wettkampf, hatte am Ende dennoch die Chance sich den Titel zu krallen.

Björn Otto rundete das exzellente DLV-Ergebnis auf Rang drei ab. Auch Malte Mohr durfte mit Platz fünf mehr als zufrieden sein.

Neben den Stabhochspringern sorgte Kugelstoßerin Christina Schwanitz für ein weiteres Highlight aus deutscher Sicht. Die 27-Jährige lag lange Zeit nur auf Position fünf, katapultierte sich allerdings durch einen mächtigen Hieb (20,41m) beim letzten Versuch auf Platz zwei. Den vierten WM-Titel für die Neuseeländerin Valerie Adams konnte Schwanitz damit jedoch nicht verhindern.

Schnellste Frau der Welt ist derweil weiterhin Shelly-Ann Fraser-Pryce. Der Lauffloh aus Jamaika zeigte im Finale über 100m eine beeindruckende Leistung und deklassierte die Konkurrenz von der Elfenbeinküste und aus den vereinigten Staaten um mehr als zwei Zehntel.

Während Tatjana Pinto in ihrem Vorlauf als Letzte ausschied, durfte Verena Sailer als Halbfinaldritte lange Zeit hoffen, doch noch im Endlauf dabei zu sein. Ein äußerst schnelles drittes Halbfinale zerstörte allerdings die Träume der deutschen Topsprinterin (11,16 Sekunden), der am Ende lediglich 8 Hundertstel fehlten.

Als erster im Ziel über 110m Hürden war der Amerikaner David Oliver. Der 31-Jährige benötigte genau 13 Sekunden für die zehn Hürden und verwies damit Landsmann Ryan Wilson und den Russen Sergey Shubenkov auf die Plätze.

In einem erneut weitestgehend leeren Olympiastadion hatten die Russen auch nicht viel Grund zur Freude. Neben Shubenkov konnte lediglich Antonina Krivoshapka über 400m Bronze holen.

Gold über die Stadionrunde sicherte sich die Britin Christine Ohuruogu, die Amantle Montsho mit einem starken Endspurt noch abfing und sich im Foto-Finish durchsetzte.

Die Entscheidungen des Tages:

Diskuswurf: Ganz souveräner Auftritt von Robert Harting in der Qualifikation. Der Dominator der letzten Jahre donnerte das Wurfgeschoss gleich beim ersten Versuch auf 66,62m. Finaleinzug perfekt und zugleich die beste Weite in der Quali. Ebenfalls im Finale dabei ist Martin Wierig der im zweiten Anlauf 64,06m auflegte und somit als Sechster weiterkam. Pech hingegen für den "kleinen" Harting, Christoph. Dem 22-Jährigen fehlten lediglich 17cm zum Glück.

Siebenkampf: Durchwachsener erster Tag für die deutschen Siebenkämpferinnen. Während Claudia Rath auf Platz 8 durchaus zu überzeugen wusste und noch immer auf Tuchfühlung zu den Medaillenplätzen liegt, erlebte Julia Mächtig einen Tag zum Vergessen. Mit Ausnahme des gewonnenen Kugelstoßwettbewerbs, blieb die 27-Jährige deutlich hinter ihren Bestmarken zurück. Pech hatte derweil die WM-Debütantin Kira Biesenbach. Die Zweite der U23-Europameisterschaften trat wegen muskulären Problemen nicht mehr über die 200m an.

400m Hürden: Riesenpech auch für Silvio Schirrmeister, der sich beim Aufwärmen vor der Qualifikation an der Wade verletzte und mit Verdacht auf einen Muskelfaserriss zurückziehen musste. "Ich bin extrem traurig und wirklich deprimiert", gab der deutsche Meister Einblicke in sein Seelenleben, "ich habe unseren Mannschaftsarzt Dr. Leonhard gefragt, ob ich laufen kann. Er hat mit dem Kopf geschüttelt. Da ist eine Welt zusammengebrochen." Im Halbfinale am Dienstag stehen derweil erwartungsgemäß Olympiasieger Félix Sanchez, Titelverteidiger David Greene und Michael Tinsley, Silbermedaillengewinner von London und Führender der Weltjahresbestenliste.

400m: Favorit LaShawn Merritt gab sich keine Blöße und ist mit der schnellsten Zeit ins Finale eingezogen. Für eine positive Überraschung sorgte auch Yousef Ahmed Masrahi. Der Saudi lief in 44,61 Sekunden nicht nur einen neuen Landesrekord, sondern qualifizierte sich zudem als Zweitschnellster für den Endlauf. Die belgischen Borlee-Zwillinge müssen den Traum vom gemeinsamen Finale derweil begraben. Während Jonathan als siebter weiterkam, fehlten Kevin lediglich 8 Hundertstel zum Finalzeinzug.

3000m Hindernis: Frühes Aus für Steffen Uliczka, der im Vorlauf sechs Sekunden unter seiner Bestzeit blieb und mit einer Zeit von 8:28,32min lediglich als Siebter ins Ziel kam. Da das Rennen des 29-Jährigen zudem der langsamste aller drei Vorläufe war , hatte Uliczka zudem keine Chance sich über die Zeit zu qualifizieren.

Mann des Tages: Raphael Holzdeppe

Aus deutscher Sicht kann hier nur der Name Raphael Holzdeppe stehen. Ja, David Oliver war über die 110m-Hürden stark und auch der sympathische Pawel Fajdek konnte beim Hammerwerfen überzeugen, aber die Art und Weise, wie Holzdeppe sich seinen ersten großen internationalen Titel geschnappt hat, war einfach nur beeindruckend.

Der 23-Jährige teilte sich seinen Wettkampf äußerst geschickt auf, ließ Höhen überlegt aus, ohne sich dadurch allerdings unter unmöglichen Zugzwang zu setzen. Hätte er die 5,96m gepackt, es wäre ein perfekter Wettkampf gewesen.

Doch auch so war es ganz stark, was der Schützling von Chauncey Jackson zeigte. Es ist nicht zu übersehen, dass Holzdeppe in den letzten Monaten eine ungeheure Entwicklung genommen hat. Wenn dabei der erste deutsche Stabhochsprungtitel seit Einführung der Weltmeisterschaften 1983 herausspringt, dann kann man eigentlich nicht meckern.

Frau des Tages: Shelly-Ann Fraser-Pryce

Was Usain Bolt bei den Herren ist, das ist bei den Damen Shelly-Ann Fraser-Pryce. Die sympathische Jamaikanerin konnte nach Peking, London und Berlin bereits ihren vierten großen Titel in der Königsdisziplin feiern.

In Moskau zeigte die 26-Jährige, die mittlerweile auch stolze Besitzerin eines Haar-Accessoire-Ladens in Kingston ist, dass sie mit Abstand die schnellste Frau der Welt ist.

In ihrem unnachahmlichen, leicht nach vorne gebückten Laufstil erwischte Fraser-Pryce einen Raketenstart und lag bereits auf halber Strecke uneinholbar in Führung. Man darf gespannt sein, wie sich der Lauffloh auf den anderen Strecken schlägt.

Sprüche des Tages:

"Ich habe mich gut gefühlt. Ich bin Weltmeister und alles ist geil!" (Goldmedaillengewinner Raphael Holzdeppe freut sich)

"Ich kann es kaum erwarten, dass es endlich richtig losgeht und ich arbeiten kann. Für die Uhrzeit war nicht mehr drin. Im Finale muss ich dann noch frischer werden." (Robert Harting, kein Frühaufsteher, aber motiviert)

"Würde ich etwas Verbotenes tun, wäre das doch wie Selbstmord. Es ist absurd für mich, etwas zu tun, womit man mich hinterher an den Pranger stellen kann. Nichts auf der Welt wäre mir das wert." (David Storl wird zum Philosophen, wenn es um Doping geht)

"Das war kein schlechtes Rennen, bis 60 Meter lag ich sogar ziemlich weit vorne, doch am Ende bin ich fest geworden. Das ist schon schade, weil es mit dem Finale hätte klappen können. Trotzdem bin ich stolz auf meine Leistung." (Verena Sailer mag es nicht gerne wackelig)

Zahlen des Tages

0 Sekunden, Zehntel, Hundertstel oder Tausendstel trennten Christine Ohuruogu und Amantle Montsho im Finale über 400m. Eine Siegerin musste es natürlich trotzdem geben und die hieß nach dem Studium des Foto-Finishs Christine Ohuruogu.

6 Versuche benötigte Raphael Holzdeppe, um sich zum Weltmeister zu küren. 5,65m, 5,82m und 5,89m schaffte er gleich im ersten Anlauf. Bei 5,96m war dann jedoch Schluss.

8 Hundertstel fehlten Verena Sailer zum Einzug ins 100m-Finale.

81,97 Meter weit schleuderte Pawel Fajdek den Hammer. Persönliche Bestleistung, Weltbestjahresbestleistung und logischerweise Gold für den 24-jährigen Polen mit der stylischen Brille.

Name des Tages: Lijiao Gong

Ich muss gestehen, die Entscheidung zwischen Lijiao Gong und Ling Li war äußerst knapp. Die Tatsache, dass die 24-jährige Chinesin allein äußerlich über ein ziemlich frohes Gemüt zu verfügen scheint und zudem sich mit 19,95m die Bronzemedaille beim Kugelstoßen sicherte, hat dann allerdings den Ausschlag zu ihren Gunsten gegeben.

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