Björn Otto beherrscht den Luftraum

SID
Der Flug über die Querstange - Björn Otto voll in seinem Element

Es liegt wohl an den Genen, dass er vom Gefühl der Schwerelosigkeit nicht genug kriegen kann. Der Vater ist Sportlehrer, die Mutter eine engagierte Übungsleiterin - und der Opa war Pilot. Ergibt in der Summe einen himmelsstürmenden Stabhochspringer.

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"Fliegen ist meine Leidenschaft", sagt Björn Otto. Wahrscheinlich habe er sie von seinem Großvater geerbt, sinniert der Diplombiologe, der sich mit seinen 34 Jahren gleich zwei Kindheitsträume erfüllen will: Olympiaticket und Pilotenschein.

Es wäre ein Happyend für den Modellathleten der LAV Bayer Uerdingen/Dormagen, der acht Tage vor den Deutschen Hallenmeisterschaften in Karlsruhe am kommenden Wochenende seine Bestleistung um zwei Zentimeter auf 5,92 Meter schraubte.

Aus Deutschland sprangen nur Tim Lobinger mit 5,95 Metern im Jahr 2000 und Danny Ecker mit 6,00 Metern in 2001 jemals höher unterm Dach.

"Tragisches" Aus für Daegu

Im vergangenen Jahr hatte Björn Otto, WM-Fünfter und deutscher Hallenmeister 2007, gleich zwei Nackenschläge verkraften müssen: Wegen einer nicht regelkonformen Anlage wurde sein Sprung über 5,80 Meter für die WM-Qualifikation nicht anerkannt und Otto durfte nicht mit nach Daegu, zudem erhielt er eine Absage für die Ausbildung zum Flugzeugführer.

Dass Otto sein Pilotprojekt nun erst ab kommendem Herbst starten kann, hat sich aber als glückliche Fügung erwiesen. "Bei einer Zusage hätte er vielleicht mit dem Sport aufgehört", sagt Jörn Elberding.

Der Bundestrainer ist ganz froh darüber, dass es anders gekommen ist, und freut sich gerade wegen der für Otto "tragischen" Nichtnominierung 2011 über dessen neuen Höhenflug.

Bundestrainer signalisiert Start bei Hallen-WM

Zusammen mit dem Franzosen Renaud Lavillenie, der am Samstag 5,93 Meter sprang, beherrscht der gebürtige Frechener derzeit den Luftraum. Elberding stellt im Hinblick auf die Hallen-Weltmeisterschaft vom 9. bis 11. März in Istanbul fest: "Bei seinem aktuellen Leistungsbild komme ich an ihm gar nicht vorbei.

Ich sehe keinen, der derzeit 5,90 Meter springen kann." Mit jeweils 5,72 Metern liegen die Daegu-Teilnehmer Karsten Dilla, Raphael Holzdeppe und Titelverteidiger Malte Mohr 20 Zentimeter zurück.

Der Flug in die Türkei ist gebucht

"Wenn er sich so präsentiert wie zuletzt, wird es schwer, ihn zu schlagen", sagt Mohr, der nach einer Oberschenkelverletzung noch nicht völlig fit ist. "Man sollte mit mir rechnen, aber es wird ein bisschen schwieriger als in den letzten beiden Jahren."

Eines der beiden für die Stabhochspringer reservierten Flugtickets in die Türkei ist also so gut wie gebucht auf den Namen Otto, selbst wenn er in Karlsruhe nicht Platz eins oder zwei erreichen sollte.

"Wir haben ja keine Trials", sagt Elberding. Im Gegensatz zu den WM-Ausscheidungen in den USA fließt beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) nicht nur das Ergebnis beim ultimativen Qualifikationswettkampf in die Nominierung mit ein.

Schmerzfrei durch den Winter

Otto, der sich im Hinblick auf DM und WM verbale Zurückhaltung auferlegt hat, führt seine starke Form auf eine verletzungsfreie Vorbereitung zurück. Er habe den ganzen Winter über endlich einmal gut trainieren können. Zudem springt er jetzt 30 Zentimeter weiter entfernt vom Einstichkasten ab und ist in der Lage, extrem harte Stäbe zu nutzen, die große Höhen erst ermöglichen.

Im Hinblick auf seinen erhofften ersten Olympiastart nimmt Otto schon in der Hallensaison jede Startmöglichkeit wahr, um auch in den höheren Regionen das Gefühl für den komplexen Bewegungsablauf zu bekommen.

Er sei "auf dem richtigen Weg", sagt der leidenschaftliche Gleitschirmflieger und Modellflugzeugbauer, der derzeit nicht nur im Hobbyraum an einem "Sechs-Meter-Teil" bastelt. In Potsdam ließ er am Samstag 6,01 Meter auflegen, zwei der drei Versuche waren laut Elberding "sehr gut". Es ist also noch Luft nach oben.

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