Darts - Max Hopp im Interview: "Vielleicht hätte ich mir mehr Zeit nehmen müssen"

Von SPOX
Max Hopp scheiterte bei der Darts-EM in Dortmund erst im Halbfinale.
© getty

Max Hopp hat sich bei der European Darts Championship in Dortmund sensationell bis ins Halbfinale gespielt. Dort scheiterte der 22-Jährige an James Wade und verpasste sein erstes Major-Finale haarscharf. Im Interview mit DAZN und SPOX spricht Hopp über seine übertroffenen Erwartungen und seine Fehler inklusive der drei vergebenen Matchdarts.

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DAZN/SPOX: Herr Hopp, lassen Sie uns auf die turbulenten Tage in Dortmund zurückblicken. Mit welchen Erwartungen sind Sie in die Westfalenhalle gekommen?

Max Hopp: Ich bin mit den Erwartungen hergefahren, dass ich mein Erstrundenspiel gegen William O'Connor gewinne. Das gelang mir mit 6:1. Das war für die Rangliste sehr wichtig, weil ich vor zwei Jahren bereits die zweite Runde erreicht hatte. Somit habe ich kein Geld für die Rangliste verloren. Das Spiel verlief aber anders als erwartet, da waren viele Emotionen involviert.

DAZN/SPOX: Das Spiel gegen O'Connor war skurril. Warum hat er sich mit dem Publikum angelegt?

Hopp: Es war wohl eine Mischung aus Unerfahrenheit und Nervosität. Ich habe das nicht erwartet, er ist eigentlich ein sehr ruhiger Typ. Eigentlich kann er keiner Fliege etwas zuleide tun. Er ist sich bewusst, dass er in Deutschland gegen einen deutschen Spieler spielt, die Fans werden ihn ausbuhen und ihn nicht unterstützen. Aber ich mache ihm da keinen Vorwurf, er war vielleicht ein bisschen aufgeregt und konnte das nicht kompensieren. Natürlich muss er die Quittung dafür bezahlen.

DAZN/SPOX: Wann haben Sie das überhaupt wahrgenommen?

Hopp: Ich habe das Spiel später nochmal auf DAZN angesehen. Da hat man gesehen, dass er das Publikum aufgepeitscht hat und es immer lauter gefordert hat. In diesem Moment war ich aber so fokussiert, dass ich das erst gar nicht mitbekommen habe. Erst in dem Moment, als er zweimal die Triple-20 traf und sich umdreht. Da habe ich gemerkt, dass er mit dem Publikum spielen und mir etwas beweisen will. Ich dachte mir, soll er doch machen, Max, bleib cool, du wirst gewinnen.

DAZN/SPOX: Waren Sie sich in diesem Moment sicher, dass Sie gewinnen?

Hopp: Nicht unbedingt. Man weiß nie, was noch passiert. Er hatte das Publikum aufgepeitscht und trotzdem eine 180 geworfen, das sagt nichts über die Qualität aus. Aber trotzdem dachte ich mir, dass er angenervt und aufgeregt ist. Natürlich wusste ich, dass ich meine Chancen bekomme und diese nutzen muss.

Max Hopp scheiterte bei der Darts-EM in Dortmund erst im Halbfinale.
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Max Hopp scheiterte bei der Darts-EM in Dortmund erst im Halbfinale.

DAZN/SPOX: Die zweite Runde ging dann gegen James Wilson. Haben sie sich als Favorit gesehen?

Hopp: Nicht direkt. James Wilson steht auf Platz 25 der Weltrangliste, ich auf 35. Da geht man nicht als Favorit in die Partie. Aber ich habe mich gut gefühlt und wusste, dass ich ihn besiegen kann. Aber er hatte am Vortag eine 135er-Average gespielt. Ich wusste, wenn er das Niveau wieder spielt, wird es eng.

DAZN/SPOX: War Ihnen zu diesem Zeitpunkt klar, dass es richtig weit im Turnier gehen kann?

Hopp: Nach dem Spiel gegen Wilson war ich sehr gestärkt. Ich hatte den nächsten Schritt gemacht, ich war im Viertelfinale der Europameisterschaft. Mein erstes Viertelfinale vor TV-Kameras. Ich wusste, dass das etwas Großes war, auch wenn die Leistung nicht so gut war. Meine Doppel waren gut, ich hatte die richtigen Momente genutzt. Da fühlt man sich gut, wenn man 10-7 gewinnt.

DAZN/SPOX: Was die Doppel-14 für Mensur Suljovic ist, ist für Sie jetzt das Bullseye?

Hopp: Ich muss natürlich sagen, dass meine Quote auf das Bullseye sehr gut ist, ganz speziell an diesem Wochenende, aber das ist immer so eine Sache. Meine starken Doppel bleiben Doppel-16 und Doppel-18.

DAZN/SPOX: Wie bereitet man sich auf eine so lange Session wie den Finaltag vor?

Hopp: Es ist ganz wichtig, das Gleichgewicht zu finden. Nicht zu viel trainieren, aber auch nicht zu wenig. Du musst in dich kehren, Musik hören, abschalten. Du musst das alles einordnen. Bisher lief es gut, es kann sehr gut werden, dafür musst du aber gewisse Sachen tun. Nicht nur in der Vorbereitung. Du musst auf der Tribüne zur Stelle sein, wenn es drauf ankommt und darfst dir keine Fehler erlauben.

DAZN/SPOX: Nach dem Viertelfinale gegen Darren Webster seid ihr euch in den Armen gelegen. Ihr versteht euch gut?

Hopp: Wir haben keine Romanze, aber wir verstehen uns sehr gut. Er war vorher sehr locker, hat mich zehnmal abgeklatscht. Der war total heiß und hatte richtig Bock. Ich dachte mir, vielleicht wird er hier und da ein Doppel verpassen, das musst du nutzen.

DAZN/SPOX: Wie verlief das Spiel aus Ihrer Sicht?

Hopp: In der Anfangsphase habe ich mich gar nicht wohlgefühlt, meine Darts waren schief. Ich habe in der Pause die Flights gewechselt, das war für mich auch mental ein Turning-Point. Ich wollte alles geben. Das gelang mir, ihm brach ein Dart ab, da wusste ich, dass es mental schwierig für ihn wird. Ich wollte ruhig bleiben und genau so lief es. Er hat sich danach sehr respektvoll verhalten, gegenüber mir und dem Publikum. Deswegen haben wir uns noch zweimal umarmt und ich ihm applaudiert als er von der Bühne gegangen ist. Ich schätze das sehr, denn es war für ihn keine leichte Situation.

DAZN/SPOX: Ihr habt euch miteinander eingeworfen. Ist das normal?

Hopp: Das ist normal, es gibt immer Gruppierungen. Viele sind im selben Management, man kennt sich mehrere Jahre. In der Endphase des Turniers hat sich doch jeder ein einzelnes Board geschnappt. Aber vor der Partie gegen Wilson habe ich mit Webster die Finch-Zahlen hochgespielt, da waren wir für eine halbe Stunde ein Team. Am nächsten Abend stehen wir uns dann auf der Bühne gegenüber, wo es um sehr, sehr viel geht. Ein respektvoller, kollegialer Umgang ist dann sehr wichtig.

DAZN/SPOX: Lassen Sie uns noch über das letzte Spiel sprechen. Gegen James Wade sind sie richtig gut rausgekommen. Was haben Sie anschließend in der Pause gemacht?

Hopp: Ich sehe das immer als Erholung, wir können uns hinsetzen, Musik hören, ein kaltes Handtuch in den Nacken werfen und tief durchatmen. Man kann auch oben bleiben, das ist jedem selbst überlassen, aber ich finde es gut, wenn man Backstage in sich kehren kann und gestärkt zurückkommt.

DAZN/SPOX: Sie sind auch im zweiten Part des Spiels richtig gut gewesen. Wann haben Sie zum ersten Mal darüber nachgedacht, dass Sie ganz dicht am Finale dran sind?

Hopp: Als ich 9:5 geführt habe, dachte ich, du darfst jetzt nicht den Fehler machen und ihn irgendwie zurückbringen. Hau jetzt dicke Scores raus und die Finishes einfach weg. Mach es nicht unnötig spannend. Und was passiert? Ich mache es unnötig spannend. Wir gehen in eine dritte Pause, Wade kam ran, ich wurde nervös.

DAZN/SPOX: Im dritten Part sah erst alles gut für Sie aus.

Hopp: Ich holte das zehnte Leg und dachte vielleicht schon etwas zu weit. Ich warf die 180, ballte extrem die Faust und dachte, dass es das sein muss. Dann habe ich hier und da einen Fehler gemacht, ich hatte drei Matchdarts. Doppel-20 war nicht drin, die anderen beiden mache ich auch nicht rein. Das war mein Fehler. Vielleicht hätte ich mir mehr Zeit nehmen müssen. Fakt ist, dass ich keinen dieser drei Darts verwandelt habe und verdient nicht im Finale stand.

DAZN/SPOX: Welche Lehren können Sie daraus ziehen?

Hopp: In solchen entscheidenden Momenten musst du dich schon beim Wurf des Gegners mental darauf vorbereiten, eine perfekte Bewegung auszuführen. Dann bist du weiter. Ich glaube, man darf sich gar nicht so bewusst machen, dass man drei Gelegenheiten hat. Lieber sollte man sich denken, dass man nur einen Versuch hat. Sonst macht man einen Denkfehler. Erster Dart ist nicht drin, ok, aber du hast ja noch zwei. Da fühlt man sich vielleicht zu sicher. James Wade hat das sofort bestraft. Der Abend hat seinen Lauf genommen, aber so wollte ich das eigentlich nicht.

DAZN/SPOX: Wie geht es jetzt für Sie weiter?

Hopp: Ich hatte die Teilnahme am Grand Slam of Darts in der eigenen Hand. Ich wusste, dass ich mit diesem letzten Dart auf Platz 28 der Weltrangliste komme. Das verdoppelt das Preisgeld, dazu die Möglichkeit auf das erste Finale. Nächste Woche in Wien bin ich nicht dabei. Das heißt, sollten Michael van Gerwen oder Rob Cross im Finale gegen jemanden spielen, den man nicht erwartet, bin ich raus. Jetzt heißt es hoffen und bangen und hoffentlich geht es für mich in zwei Wochen zum Grand Slam. Vielleicht kann ich dort für Furore sorgen.

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