MvG unaufhaltsam! Oder etwa nicht?!

Elmar Paulke hat mit SPOX den Favoritencheck vor der Darts-WM gemacht
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4. Phil Taylor

The Power blickt mit gemischten Gefühlen auf das Jahr 2016 zurück. "Zum Teil war es wirklich toll und die Champions League war ein großes Highlight, genauso wie Sydney. Aber ich habe in den anderen Finals einige Doppel verpasst und Chancen liegen gelassen", resümierte Taylor gegenüber SPOX. Und in der Tat: Taylor hat zuletzt zwar hübsche Turniersiege (u.a. Champions League, Sydney Masters, Austrian Open, World Cup) gefeiert, dabei aber nicht den unvergleichlichen Glanz der letzten Jahrzehnte versprüht. Auf der einen Seite verwies er van Gerwen bei der Champions League gleich zwei Mal in die Schranken, auf der anderen Seite ging ihm beim World Matchplay gegen eben jenen MvG deutlich zu früh der Atem aus. Bei der WM gehört Taylor natürlich zu den Top-Favoriten und ein Achtelfinalaus wie bei der WM 2016 wird es nicht geben, aber für den großen Coup muss er sein A-Game aus dem Ärmel schütteln - nicht nur wegen des Turnierbaums.

Elmar: So leid es mir tut, aber ich glaube nicht, dass er nochmal Weltmeister wird. Dafür ist das Turnier mit seinen 2-3 Wochen Laufzeit zu kräftezehrend. Taylor war zuletzt in den wichtigen Momenten nicht da, das sah bei anderen Spielern besser aus. Es gibt mittlerweile einfach viele Profis, die einen dreistelligen Average spielen und ihn dadurch raushauen können. Außerdem hat er das Problem, dass ein Match gegen Taylor für jeden Spieler ein großes Highlight ist. Es ist ein psychologischer Nachteil, wenn dich jeder Gegner in den letzten Zügen deiner Karriere nochmal schlagen will.

3. Gary Anderson

Es ist nicht das Jahr des Gary Andersons. Einzig bei der World Series of Darts präsentierte er sich in der Form eines Weltmeisters und schnappte sich drei Turniersiege. Seit Juli dürstet es Anderson jedoch nach einem wichtigen Erfolg und das Finale beim World Grand Prix war das einzige Highlight der vergangenen Monate, besonders das Zweitrundenaus bei den Players Championship Finals gegen No Name Ron Meulenkamp hat ihm mental zugesetzt. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Titelverteidiger kurz vor dem wichtigsten Darts-Ereignis des Jahres zu seinen alten Pfeilen zurückkehrt. Aber: Anderson hat nunmal nicht von ungefähr die Bezeichnung "amtierender Doppel-Weltmeister" im Lebenslauf verankert. Der Ally Pally ist seine Wohlfühloase! Auch in den letzten beiden Jahren spielte der Schotte im Vorfeld der WM nicht alles in Grund und Boden, doch er war auf den Punkt zur Stelle und stemmte die Sid Waddell Trophy in die Höhe.

Elmar: Gary wird mit der Brille auf der Nase spielen und nachdem er zuletzt viel mit seinen Darts ausprobiert hat, wird er auf seine alten Darts zurückgreifen. Da muss man sich schon fragen, ob das so kurz vor der WM die richtige Entscheidung ist. Klar, damit kurbelt er das Marketing an, aber ich halte das für einen sehr ungünstigen Zeitpunkt. Gary hat derzeit seine Probleme und ich bin gespannt, ob er rechtzeitig die Kurve bekommt. Aber sein großer Trumpf ist sein unheimliches Talent: Er kann blitzartig zu seiner Form finden, das kann sogar während des Spiels kommen. Dann hat er die Selbstsicherheit eines Champions und haut seine Gegner weg.

2. Peter Wright

Es ist wie verhext! Auch 2016 konnte Wright den Mantel des Unvollendeten nicht abstreifen. Am engsten war es dieses Jahr bei den UK Open, als van Gerwen (wer auch sonst?) den Traum vom ersten Major-Titel kurz vor der Ziellinie jäh zerstörte. Und trotzdem: Während andere Spieler wie Terry Jenkins nach einem vergleichbaren Trauma nahezu in der Versenkung verschwinden, hat Peter Wright den nächsten Schritt gemacht. Snakebite sammelte zuletzt fleißig Halbfinal-Tickets und hat in der Order of Merit sogar Phil Taylor geschnupft. Natürlich wurde sein Anstieg in der Rangliste von den wenigen Turnierteilnahmen des Altmeisters begünstigt, aber auch die letzten beiden direkten Aufeinandertreffen im November entschied der Schotte für sich. Bei der WM stehen die Chancen bestens, dass die Fans den Paradiesvogel lange feiern können, immerhin kann er erst im Viertelfinale auf einen der Top10-Spieler (Wade) treffen. Außerdem: Wright ist verdammt nochmal endlich fällig für den ersten großen Titel!

Elmar: Die Spitzenspieler unterscheiden nur ein paar Prozentpunkte und Wright ist van Gerwen auf die Pelle gerückt. Wright macht auf mich einen besseren Eindruck als bei der letzten WM und hat seine Scores verbessert. Durch die Erfolge gegen Taylor hat er neues Selbstvertrauen getankt. Es ist nicht mehr wie 2014, als sein Final-Einzug eine große Überraschung war: Das ist genau die Kragenweite, die zu Wright passt. Er ist bereit für den großen Titel. Für mich gehört er ganz klar zu den großen Favoriten.

1. Michael van Gerwen

Zugegeben, es ist nicht gerade kreativ, Michael van Gerwen als Topfavorit zu deklarieren. Aber es ist alternativlos. Zu dominant, zu konstant, zu übermenschlich beherrschte er den Circle. 25 (!) Titel in einem Jahr sind nicht nur neuer Rekord, sondern auch ein handfester Beleg für die ungeheure Vormachtstellung des 27-Jährigen. Statt die Konkurrenz aufgrund der teils surreal anmutenden Averages schon vor dem ersten Pfeil einzumotten, schüren wir an dieser Stelle mal Hoffnung auf eine spannende Darts-WM. Wahrscheinlich wird Mighty Mike auch im Ally Pally seine Anfälle haben und minutenlang Legs mit einem Average jenseits der 110 abfertigen. Anders als beim Leg-Modus galoppiert van Gerwen bei der WM mit diesen Scoring-Anfällen aber nicht unaufhaltsam Richtung Horizont, sondern bucht nur ein oder zwei Sets. Entscheidend ist die mentale Stärke der Konkurrenz, die dann den Fuß in die Tür stellen muss, wenn sich van Gerwens Average normalisiert. Es ist kein Zufall, dass van Gerwen seit Jahren der erfolgreichste Darts-Spieler der Welt ist, aber erst einmal die WM gewinnen konnte. Also nur Mut!

SPOX-Panel mit Shorty und Artut: MvGauf die Bühne wie andere Menschen zum Bankautomaten

Elmar: Der Titel geht nur über van Gerwen und wer Weltmeister werden will, muss erstmal die Nummer 1 der Welt schlagen. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir nicht so einen Durchmarsch erleben wie zuletzt. Der Set-Modus spielt van Gerwen einfach nicht in die Karten, weil er seine Dominanz nicht wie gewohnt ausspielen kann. Aber auch van Gerwen hat an Erfahrung gewonnen und das ist der Unterschied zum letzten Jahr: Er ist gewarnt durch das Achtelfinalaus gegen Barney. Ich glaube, dieser K.o. hat ihn nochmal einen Ticken aufmerksamer gemacht und das macht ihn neben seiner überragenden Form zum Top-Favoriten. Kurzum: Er ist derzeit einfach der beste Darts-Spieler.

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