Darum ist Floyd Mayweather unschlagbar

Von Jan Höfling
Floyd Mayweather als akribischen Arbeiter im Gym zu bezeichnen, wäre maßlos untertrieben
© getty

Floyd Mayweather Jr. steigt am 27. August (ab 3 Uhr live auf DAZN) gegen Conor McGregor als klarer Favorit in den Boxring. Die Legende aus den Vereinigten Staaten ist als Profi ungeschlagen, allerdings ebenso seit zwei Jahren im Ruhestand. Im Gespräch mit ESPN erklären ehemalige Sparringspartner des 40-Jährigen, warum auch der MMA-Fighter aus Irland daran trotz seiner physischen Vorteile hinsichtlich Größe und Reichweite nichts ändern wird.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Mayweathers extravagantes Auftreten sorgt seit jeher für Aufsehen, seine knallharte Arbeit im Gym haben deutlich weniger Boxfans vor Augen. In ihr liegt allerdings der Schlüssel zur Karriere, die der US-Amerikaner hinlegen konnte. Mayweather ist ein Fanatiker. In der Vorbereitung ließ er in der Vergangenheit kein noch so kleines Detail aus - und wird dies auch gegen McGregor nicht tun.

Er liebt es geradezu im Trainingscamp vor einem Kampf zu leiden. "Wenn Mayweather trainiert, dann hat er 15 bis 20 Sparringspartner. Ich kenne ihn, seit wir beide Amateure waren, er arbeitet unglaublich viel und macht deutlich mehr als er müsste", schildert Zab Judah, der selbst in zwei unterschiedlichen Gewichtsklassen Weltmeistergürtel gewinnen konnte. "Man kann einfach niemanden schlagen, der nicht müde wird."

Die Mittel, die sich Mayweather durch knallharte Arbeit sowie uneingeschränkte Hingabe zum Boxsport aneignen konnte, sind unglaublich vielfältig. Hält man es etwa mit Judah, so ist die Rechte des 40-Jährigen eine seiner größten Waffen.

Eine Ode an Mayweathers Rechte

"Er weiß genau, wie und wann er sie einsetzen muss", erklärt Judah im Gespräch mit ESPN. Auch der amtierende Champion der IBF im Weltergewicht, Errol Spence Jr., betont die Bedeutung der Rechten für Mayweather. "Sie kommt so schnell. Viele Kämpfer telegraphieren ihre Schläge, bei ihm ist das nicht der Fall." In unzähligen Trainingseinheiten hat sich Mayweather eine Präzision und ein Timing angeeignet, die ihresgleichen suchen.

Entscheidend seien jedoch nicht nur Dinge, die Mayweather mit seinen Händen anstellt, sondern die, die dem Laien kaum ins Auge stechen würden. Jack Catterall, der mit 18 Siegen in ebenso vielen Kämpfen bereits sein Talent aufflackern lassen konnte, richtet seinen Fokus deshalb auf die Positionierung und Beweglichkeit Mayweathers: "Die Art, wie er sich selbst in Position bringt, lässt viele Gegner denken, dass sie einen Schlag ins Ziel bringen könnten. Das ist allerdings ein Irrglaube, Floyd macht eine kleine Bewegung mit der Schulter und landet im Anschluss selbst einen Treffer mit der Rechten."

Zwar besitzt Mayweather zweifelsohne nicht mehr die Power vergangener Tage, dennoch sollte McGregor die Kraft hinter den Fäusten des US-Amerikaners besser nicht unterschätzen.

"Ich habe gesehen, wie er Leute mit 16-Unzen-Handschuhen im Gym ausgeknockt hat - große Jungs. Er hat sie einfach verprügelt. Da war er aber jung. Inzwischen hat er Probleme mit der Hand, deshalb legt er nicht mehr einhundert Prozent in seine Schläge. Dennoch sind diese knallhart", warnt auch Spence den Iren. "Nicht umsonst ziehen sich viele Jungs noch immer zurück, wenn er sie trifft. Selbst Boxer wie Marcus Maidana haben den Rückzug angetreten, wenn Floyd in die Offensive gegangen ist."

Mayweathers Schläge "treffen genau die richtigen Stellen"

Im Fokus stünden inzwischen durch das Alter einfach nur andere Aspekte, ergänzt der ehemalige WBO-Weltmeister im Juniorweltergewicht, Demarcus Corley. "Seine große Stärke sind die Geschwindigkeit und die Genauigkeit seiner Schläge. Von außen sehen sie nicht hart aus, aber sie treffen genau die richtigen Stellen." Mayweather arbeitet über seine gesamte Karriere hinweg äußerst strategisch und lockt seine Gegner immer wieder in Fallen.

Auch Schläge zum Körper spielen dabei eine entscheidende Rolle. "Diese kleinen Schläge haben einen großen Effekt. Mit dem Jab auf die Bauchregion zu zielen, was er sehr oft macht, oder auch im Clinch einen Aufwärtshaken zum Körper einzustreuen, ist ein großer Faktor", erklärt Spence.

Während Mayweather seinen Kontrahenten so Energie entzieht, baut er im Gegenzug auf seine bärenstarke Ausdauer, die er sich im Training unnachgiebig erarbeitet - und auf sein Wissen. "Er studiert dich, und zwar bis zu deinen Kindern und deiner Frau. Er weiß, wer deine Mutter ist oder dein Vater. Er schaut sich aber keine Kämpfe an. Er bereitet sich auf die Person vor, gegen die er in den Ring steigt, nicht auf das, was sie irgendwann mal im Ring gemacht hat. Manchmal muss man nicht wissen, wie jemand kämpft, wenn man weiß, wer die Person hinter dem Kämpfer ist", erklärt Judah.

Der Favorit aus den USA spielt generell gerne Kopfspielchen - auch während des Kampfes. "Er fängt irgendwann an, mit seinem Gegner zu reden. Auch gegen McGregor wird er Dinge wie "Nope! Nope! Hell nah!" einstreuen, wenn dieser daneben schlägt", führt Corley aus. Klare Treffer seien gegen Mayweather sowie kaum möglich. "Selbst wenn du ihn in einer Ecke hast oder an den Seilen: Er lacht dich einfach an. Du schlägst dann und triffst ihn vielleicht auch mit einer Hand. Der Treffer ist dann allerdings nie sauber, irgendwie dreht er sich raus und du fühlst dich, als hättest du nichts bewirkt", erklärt Catterall.

Floyds Defense ist unerreicht

Mayweather selbst treffe hingegen immer den exakt gleichen Punkt nahezu nach Belieben. Er finde stets einen Weg, zollt Catterall dem ungeschlagenen Ex-Champion Respekt. Floyd breche so den Willen seiner Gegner. "Nach ein paar Runden merkst du, dass die Nummer nicht nach Plan läuft", sagt Corley. Dies sei der Moment, an dem man beginne, sich selbst Fragen zu stellen.

Sollte es im Boxring zu diesem Moment kommen, ist die Richtung des Kampfes nahezu vorbestimmt, wenn man nicht innerhalb von wenigen Minuten eine passende Antwort findet. Etwas, das gegen Mayweather nahezu unmöglich scheint. Denn der größte Vorteil des US-Amerikaners ist nicht einmal in der Offensive zu finden. Seine Defensive ist es, die unerreicht ist.

Vor allem seine Shoulder-Roll-Defense brachte in der Vergangenheit schon so manchen großen Gegner an den Rand der Verzweiflung. "Er macht das bereits seit seinem ersten Tag im Ring", erklärt Judah. "Schon bei den Amateuren. Das ist der einzige Stil, den er jemals angewandt hat."

Ein Nachteil sei dies allerdings keinesfalls, unterstreicht auch Corley: "Wenn du schlägst, dann zuckt seine Schulter kurz und sein Kinn verschwindet. Mit einem rechten Haken ist er so eigentlich nicht zu treffen."

"Mayweather kann stets auf seinen Ring-IQ setzen"

Egal wie sehr es im Gefecht zur Sache geht, Mayweather kann stets auf seinen Ring-IQ setzen. "Seine Augen sind immer offen, er bewegt sich immer so viel wie nötig, reagiert nie über", erklärt Spence. Mayweather passe sich binnen Sekunden an, ergänzt Spence. "Egal, was ich versucht habe, innerhalb einer Runde war es hinfällig, er hatte sich einfach angepasst. Die Kunst, die er im Ring zeigt, ist unvergleichlich."

Bislang mussten 49 Gegner den Fähigkeiten Mayweathers Tribut zollen. An der Tatsache, dass McGregor die Nummer 50 wird, gibt es kaum Zweifel - und das nicht nur bei den ehemaligen Sparringspartnern des unbestritten besten Boxers seiner Generation.

Artikel und Videos zum Thema