Ein verkanntes Meisterwerk

Floyd Mayweather jr. (l.) konnte den Kampf des Jahrhunderts für sich entscheiden
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Defensive gewinnt Titel

Wie stark die Defensive des 38-Jährigen wirklich war, wurde für viele auf den ersten Blick nicht unbedingt ersichtlich. Vor allem für den Laien konnten die Schläge Pacquiaos auf die Deckung seines Gegners einen falschen Eindruck erwecken. Ein Blick auf die Zahlen lässt die Leistung Mayweathers deutlich werden.

Während Pacquiao von seinen 429 Schlägen nur 81 ins Ziel bringen konnte und somit auf eine Trefferquote von 19 Prozent kam, waren es bei seinem Gegenüber 148 Treffer bei 435 Versuchen (34 Prozent). Mayweather hat somit - abgesehen von der Anzahl an Treffern - sechs Schläge mehr auf dem Konto als Pacquiao.

Noch deutlicher fiel der Unterschied bei den Jabs auf. Bei 267 Versuchen wurden auf Seiten Mayweathers 67 Führhände zu einem Treffer (25 Prozent). Sein Gegenüber brauchte für deren 18 stolze 193 Schläge (9 Prozent). Keine Frage, der Mann von den Philippinen war zwar bemüht, wirkte jedoch wie so viele vor ihm schlichtweg überfordert damit, Mayweather ernsthaft in Gefahr zu bringen. Alles in allem war es eine der schwächsten Offensivleistungen Pacquiaos in dessen gesamter Karriere und eine inoffizielle Krönung der Defensive Mayweathers.

Dennoch sah er sich als Sieger: "Es war ein guter Kampf. Ich dachte allerdings, dass ich ihn gewonnen hätte", so der 36-Jährige: "Er hat nichts gemacht. Er ist nur ausgewichen. Außerdem habe ich ihn mehrfach erwischt. Die Punktezettel haben mich wirklich überrascht" Schließlich sei er selbst nicht einmal unter Bedrängnis geraten.

Beinarbeit als Schlüssel

Mayweather gab sich derweil diplomatisch. "Er ist ein großartiger Kämpfer", lobte der Linksausleger seinen Gegner: "Nach dem heutigen Abend weiß ich, warum er zur absoluten Elite gehört." Worte, die bei Pacquiao wohl dennoch nicht für Jubelstürme sorgen dürften. "Ich wusste, dass er attackieren und ein paar Runden gewinnen würde", fuhr Mayweather fort: "Er hatte seine starken Momente. Allerdings wurde ich nicht wirklich oft getroffen, es sei denn, ich stand in der Ecke."

Obwohl Pacquiao immer wieder versuchte, seinen Kontrahenten an den Seilen zu stellen und ihm dies zum Teil auch gelang, landeten viele seiner Schläge nur auf der Deckung. Von seinen gefürchteten Rechten und Linken aus den unmöglichsten Winkeln war nichts zu sehen und auch die Beinarbeit ließ zu wünschen übrig.

Jene hatte Roach zuvor noch bei Mayweather in Frage gestellt, wurde jedoch auf eindrucksvolle Art eines Besseren belehrt. Immer wieder konnte Mayweather den Attacken zu seiner linken Seite ausweichen. Die im Vorfeld thematisierte Schwäche Pacquiaos, seinem Gegner im Ring den Weg abzuscheiden, konnte Roach anscheinend nicht abstellen. Gegen Mayweather wäre dies allerdings zwingend notwendig gewesen.

Das Ende in Sicht

So steht wohl ein unterkühltes Ende einer großen Rivalität als Schlussakkord. Das Duell wird sicher nicht als einer der größten Kämpfe in die Geschichte des Boxsports eingehen. Mit mehr als 400 Millionen US-Dollar an Einnahmen, einer neuen Bestmarke bei verkauften Pay-per-Views und Gagen jenseits von Gut und Böse war es dennoch ein geschichtsträchtiger Abschluss und das vorletzte Kapitel für Mayweather.

"Ich bin inzwischen fast 40 Jahre alt", warf dieser, der mit der Aussage, am Montag seine Titel abgeben zu wollen, für einen weiteren Spannungsbogen sorgte, einen Blick in die Zukunft: "Ich bin lange im Sport und seit 18 Jahren Champion. Ich kämpfe im September und dann ist Schluss." Mit einem weiteren Sieg könnte der den Rekord von Rocky Marciano, der mit 49 Siegen ohne Niederlage abtrat, einstellen. Es wäre ein würdiger Abschluss, wenn er sich denn für einen kleineren Namen motivieren kann.

Doch wer kommt überhaupt als Gegner in Frage? Die Auswahl ist limitiert, ein größeres Duell als gegen Pacquiao ist nicht in Sicht. Vor allem Amir Khan könnte sich Hoffnungen auf eine Chance gegen den besten Pound-for-Pound-Boxer machen. Darüber hinaus wäre Danny Garcia eine mögliche Option. Von einem Traumkampf gegen Gennady Golovkin, womöglich bei einem Catchweight zwischen den Gewichtsklassen beider Boxer, darf hingegen maximal geträumt werden. Das Risiko wäre zu groß, die Draw-Power noch zu gering.

Der unterlegene Pacquiao wollte sich derweil nicht festlegen, wie es für ihn weitergeht. "Ich werde jetzt erstmal Urlaub machen und mich ausruhen", antwortete der Filipino auf die Frage eines Journalisten. Aufgrund des klaren Ergebnisses und der Probleme beider Camps scheint ein Rückkampf eher ausgeschlossen. Auch wenn sein Lager das anders sieht. "Es war ein enger Kampf", so Roach: "Wir könnten uns vorstellen, es nochmal zu probieren." Eine Vorstellung, von der Mayweather allerdings längst Abstand genommen haben dürfte.

Seite 1: Ein verdammt hoher Einsatz, eine Verletzung und keine Ausreden

Seite 2: Der Schlüssel zum Erfog und ein Blick in die Zukunft

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