Money stinkt nicht

Floyd Mayweather wahrte auch gegen Manny Pacquiao seine weiße Weste
© getty

Floyd Mayweather verwandelt beim Punktsieg gegen Manny Pacquiao das Boxen erneut in eine Kunstform. Die passende Anerkennung bekommt er dafür aber nicht. Dabei gehört er in den Box-Olymp - wenn auch nicht alleine. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Bastian Strobl.

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375 Runden. 48 Siege. In gut 18 Jahren als Profi. So lässt sich die Karriere des Floyd Mayweather jr. zusammenfassen. Was ihn aber definiert, was ihn besonders macht, ist eine andere Zahl: 0.

0 Niederlagen. 0 Mal am Boden. Diese beeindruckende Statistik blieb auch im lang ersehnten Duell mit Manny Pacquiao unberührt. Es war sicherlich kein Spektakel, das die 16.800 Zuschauer in der MGM Grand Garden Arena an diesem historischen 2. Mai erlebten.

Mayweathers Erfolg: Ein verkanntes Meisterwerk

Kein offener Schlagabtausch war zu sehen, keine dramatischen Wendungen, kein umstrittenes Punkturteil. Am Ende war eigentlich alles so wie immer: Mayweather schaute sich seinen Gegner aus, verlor in der ersten Hälfte des Fights die eine oder andere Runde - nur um danach instinktiv Anpassungen vorzunehmen und seinem Gegner defensiv den Zahn zu ziehen.

Das Boxen als Kunst

Es ist diese Art, die den 38-Jährigen von allen anderen aktiven Kämpfern unterscheidet. Mayweather sieht das Boxen nicht als Krieg. Er will sich nicht (mehr) auf einen wilden Brawl einlassen. Und das braucht er auch gar nicht.

Denn wenn Mayweather in den Ring steigt, wird das Boxen - zumindest in der Defensive - zu einer Kunst. Seine Reflexe, seine Beweglichkeit mit dem Oberkörper, seine Beinarbeit: "Money" ist ein Magier, ein Zauberer.

Aber eben niemand, der eine Ringschlacht abliefert. Auch deswegen wurde der Kampf des Jahrhunderts seinem - sowieso übertriebenen - Hype nicht gerecht, aber das war eigentlich auch gar nicht möglich. Ihm deswegen jedoch den Status als bester Boxer seiner Generation abzusprechen, ist schlichtweg falsch. Denn zum Boxen gehört eben mehr als eine krachende Schlaghand, ein schneller Haken oder Vollgas-Kombinationen.

Nicht ohne Grund sagte einst der große Muhammad Ali: "His hands can't hit what his eyes can't see." Boxen ist eine Kombination zwischen Attacke und Verteidigung, zwischen Kopf und Herz, zwischen Emotionen und Kalkül. Und niemand verbindet diese Eigenschaften im 21. Jahrhundert besser als Mayweather.

Der perfekte Bösewicht

Manchmal fast schon zu perfekt, sodass seine Auftritte für den Gelegenheitszuschauer - und manchmal auch für den einen oder anderen Experten - nur schwer zu entschlüsseln sind und langweilig anmuten. Das wurde auch beim Duell mit Pacquiao deutlich, als die meisten Analysten - wie eben auch die Punktrichter - den Amerikaner mehr oder minder klar vorne sahen.

In den sozialen Medien brach allerdings ein Sturm der Entrüstung los. Von Betrug und Raub war die Rede, von einer Schande für den Sport. Sicherlich war die 118:110-Wertung des Amerikaners Dave Moretti zu hoch, aber spätestens nach einem Blick auf die Schlagstatistik kann eigentlich niemand mehr solche Worte in den Mund nehmen.

Eine Schande ist vielmehr die Tatsache, dass einige Leute Mayweathers sportliche Erfolge nicht getrennt von seinem Lebensstil betrachten können. Er wurde in den Wochen vor dem Aufeinandertreffen mit Pacquiao zum Bösewicht hochstilisiert. Weil er eben mit seiner Extravaganz auf der einen Seite und mit seinen privaten Fehltritten auf der anderen eine leichte Zielscheibe ist - und er sich selber wohl auch in dieser Rolle gefällt.

Dass er nicht geliebt wird, damit kann er leben. Genauso mit den gellenden Pfiffen, die er sich gegen Pacquiao von den Rängen anhören musste. In Las Vegas, seiner Heimatstadt.

Die Suche nach Respekt

Aber zumindest respektiert sollte er werden. Für seine Leistungen im Ring, für nichts mehr, für nichts weniger. Er stand den Besten der Besten seiner Ära gegenüber, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Und er hat sie alle besiegt. Sicherlich waren nicht alle auf ihrem absoluten Zenit, aber das kann kein Boxer der Geschichte von sich behaupten.

Es gibt also keinen Grund mehr, Mayweather nicht in einem Atemzug mit den Größten aller Zeiten zu nennen. Mit Ali, Sugar Ray Leonard, Roy Jones jr. Für den Titel als "The Best Ever", wie er sich vollmundig gerne bezeichnet, reicht das freilich nicht.

Storify #DontBelieveTheHype

Denn Mayweather hat zwar jedes Recht, in einem Atemzug mit diesen Fightern genannt zu werden. Über ihnen schwebt er jedoch nicht. Um als Greatest of All Time in die Geschichte einzugehen, müssen die Zuschauer mitfiebern können. Mitleiden können. Ja, vielleicht auch mitweinen können, wie es bei den Jordans, Gretzkys, Peles und Alis dieser Welt der Fall war.

Das geht bei Mayweather und seinem Money Team nicht. Sein Vermächtnis sollte dies aber nicht komplett unter den Scheffel stellen. Es ist nämlich gut möglich, dass dem einen oder anderen erst bewusst wird, wie sehr der Pound-for-Pound-König dem Sport fehlen wird, wenn er die große Bühne endgültig verlassen hat.

Wenn der Meister aller Klassen die Handschuhe an den Nagel hängt. Wenn die Cash Cow "stirbt" - und die Anzahl der finanziellen Rekorde in den nächsten Jahren passenderweise dorthin geht, wo Floyd schon immer war: bei 0.

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