Ein Rekord für den Käpt'n

Marco Huck (l.) hat gegen Mirko Larghetti die Oberhand behalten
© getty

Marco Huck (38-2-1) hat seinen WBO-Titel im Cruisergewicht erfolgreich verteidigt. Der 29-jährige Weltmeister bezwang Mirko Larghetti (21-1-0) in Halle einstimmig nach Punkten.

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Vor 5150 Zuschauer im Gerry Weber Stadion, in dem sich ansonsten Roger Federer und Co. auf Wimbledon vorbereiten, hatte Huck mit seinem Kontrahenten allerdings mehr Probleme als erwartet und musste einige prekäre Situationen überstehen. An seiner 13. Titelverteidigung in Folge gab es am Ende dennoch keine Zweifel.

Damit stellte der Käpt'n den Rekord von Johnny Nelson ein, der von 1999 bis 2006 Champion im Cruisergewicht war. Der Brite war zu diesem Anlass sogar in Halle vor Ort und gratulierte dem Weltmeister, auf seinem Niveau sehe er Huck aber nicht, wie der gebürtige Sheffielder schmunzelnd anmerkte.

Zu einem brisanten Aufeinandertreffen der beiden Rekordhalter im Ring wird es angesichts von Nelsons Alter - er ist mittlerweile 47 Jahre alt und arbeitet in England als TV-Experte - aber nicht mehr kommen. Stattdessen kündigte Kalle Sauerland an, sein Schützling werde in Zukunft eine Titelvereinigung - mitunter auch in den USA - in Angriff nehmen. Ein Aufstieg ins Schwergewicht, mit dem Huck schon seit langer Zeit liebäugelt, ist ebenfalls wieder ein Thema.

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Reaktionen:

Marco Huck: "Larghetti hat mir einiges abverlangt. Viele haben vor dem Kampf gedacht, dass ich ihn schnell umhauen werde. Aber bei diesem Niveau ist die Luft ganz oben dünn. Am Ende habe ich aber gezeigt, dass ich wie ein Terrier losgehen kann. Wo ich hinschlage, wächst einfach kein Gras mehr."

...über ein mögliches Duell mit Wladimir Klitschko: "Wenn ich Klitschko mit meinen Fäusten treffe, dann geht er baden. Er ist ein guter Boxer, aber seine Schwäche ist das Kinn. Sobald er unter Druck gerät, fängt er an zu tanzen. Das ist wie Breakdance auf dem Boden."

Ulli Wegner (Trainer Marco Huck): "Es war zwischendurch mal zu knapp, Marco hat zu viel zugelassen. Was er in den letzten Runden gemacht hat, kann er auch mal früher zeigen."

Kalle Sauerland (Promoter) über Hucks Zukunft: "Wir werden uns jetzt zusammensetzen und schauen, was die Möglichkeiten sind. Ein Aufstieg ins Schwergewicht, eine Titelvereinigung im Cruisergewicht - es wird auf jeden Fall etwas Besonderes sein."

Mario Massai (Trainer Mirko Larghetti): "Es hat Mirko an Erfahrung gefehlt, das hat man gerade in den letzten Runden gemerkt. Marco ist ein starker Boxer und ein großer Champion."

Johnny Nelson: "Auf dem Papier ist er vielleicht gleichgezogen. Aber Marco muss sich fragen, ob er wirklich der beste Cruisergewichtler der Welt ist. Hat er gegen die ganz Großen geboxt? Hat er auch mal in den USA geboxt? Wenn ich sechs Monate richtig trainiere, würde ich ihn schlagen."

Johnny Nelson: Prügelknabe, Feigling, Champion

SPOX-Scoreboard1. Runde23456789101112Score
Marco Huck (GER)10109101010999101010116
Mirko Larghetti (ITA)91010999101010999113

Die Wertungen der Punktrichter:

Carlos Ortiz (USA): 116:112

William Lerch (USA): 116:112

Alfredo Polanco (MEX): 118:110

Der Ringrichter: Jack Reiss. Der Amerikaner ist ein ganz alter Hase im Boxgeschäft. Reiss war in seiner Karriere für mehr als 2000 Kämpfe zuständig. Und genau diese Erfahrung spielte der gebürtige New Yorker auch in Halle aus. Unaufgeregt und dennoch immer zur Stelle. Einzig bei dem einen oder anderen Huck-Schlag auf den Hinterkopf hätte er einschreiten müssen.

Der Schlag des Kampfes: Hucks Rechte. Es war gerade im Mittelteil des Kampfes nicht der große Auftritt von Hucks Paradeschlag. Doch die letzten drei Runden zeigten mal wieder, welchen Respekt man vor der Rechten des Weltmeisters haben muss. Hätte der Kampf nur wenige Sekunden länger gedauert, die Gerade zum Kinn wäre wohl mal wieder zum Scharfrichter geworden.

Das fiel auf:

  • Untypischer Beginn von Huck: Der Käpt'n setzte die ersten Schläge - und die ersten Treffer, nachdem er in der Vergangenheit eher dem Gegner die Anfangsrunde überließ. Sogar die Rechte kam angeflogen, wurde aber von Larghettis Handschuh geblockt.
  • Als "brandgefährlich" hatte Ulli Wegner die Schlagkraft Larghettis im Vorfeld bezeichnet. Und der Trainer sollte Recht behalten. Im Laufe des Kampfes klingelte er Huck mehrmals an. Allerdings fing sich der Käpt'n - auch durch geschicktes Clinching - schnell wieder und setzte danach meistens zu wütenden Gegenangriffen an.
  • Larghetti schien das lautstarke Publikum, das deutlich hinter dem Champion stand, bei seinem ersten Auftritt außerhalb von Italien kaum zu verunsichern.
  • Hucks Taktik in der Mitte des Kampfes: Er versuchte, sich hinter seiner Doppeldeckung zu verstecken, um dann zu explodieren - gerne auch als Konterattacke verpackt, da Larghettis Defensive bei eigenen Attacken löchrig wurde. Die übliche Dominanz konnte der Champion aber trotzdem nicht ausstrahlen, weil er zeitweise zu zögerlich agierte.
  • Je länger der Kampf dauerte, desto aktiver wurde Larghetti - und desto lauter wurde seine Frau in der ersten Reihe. Überraschenderweise kam der gelernte Landwirt gerade mit seinem Jab häufig durch Hucks Deckung, die sich nicht immer als sattelfest erwies.
  • In den letzten Runden schaltete Huck wieder einen Gang höher und hatte Larghetti mehrfach in Problemen, gerade nach einer Rechten an die Schläfe des Italieners. Vintage Huck: Nicht schön, nicht technisch sauber, aber schlaggewaltig und effektiv.
  • Trotz der ersten Niederlage seiner Profi-Karriere verkaufte sich Larghetti sehr teuer und bewies gute Nehmerqualitäten. Der Niederschlag in der letzten Sekunde kam offenbar nach dem Gongschlag, sodass sich der Italiener zudem auf die Fahne schreiben lassen kann, gegen Huck nicht K.o. gegangen zu sein.

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