Hopkins bleibt Weltmeister

Bernard Hopkins (r.) verteidigte seinen Titel im Halbschwergewicht gegen Karo Murat
© getty

Bernard Hopkins (54-6-2) hat seinen WM-Titel nach Version der IBF erfolgreich verteidigt. Der Amerikaner besiegte den Pflichtherausforderer Karo Murat (25-2-1) in Atlantic City einstimmig nach Punkten. Damit festigte das 48-jährige Halbschwergewicht seinen Status als ältester Champion aller Zeiten.

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Vor knapp 10.000 Zuschauern in der Boardwalk Hall von Atlantic City verkaufte sich der Herausforder über weite Strecken des Kampfes gut und ließ sich auch von einem nicht immer auf der Höhe befindlichen Ringrichter kaum aus der Ruhe bringen.

Ein Happy End war Murat trotzdem nicht vergönnt. Dafür agierte Hopkins gerade in der Mitte des Kampfes zu dominant, unabhängig von einigen unsauberen Aktionen. Für den einstigen "Executioner", der sich unter seinem neuen Spitznamen "Alien" präsentierte und standesgemäß mit einer Alien-Maske zum Ring kam, war es der 54. Erfolg in seiner langen und erfolgreichen Karriere.

Davon bekamen die deutschen Box-Fans trotz großer Ankündigungen allerdings nichts mehr mit. Die "ARD", der TV-Partner von Murats Boxstall Sauerland, brach nach der fünften Runde die Übertragung aus bislang unbekannten Gründen ab.

Bernard Hopkins: Der außerirdische Oldtimer

Im Vorfeld des Main Events sicherte sich Deontay Wilder seinen 30. K.o.-Sieg im 30. Kampf. Die amerikanische Schwergewichtshoffnung wurde zwar bereits nach wenigen Sekunden von Nicolai Firtha leicht angeklingelt, übernahm in der Folge aber die Kontrolle und schickte seinen Landsmann mehrmals zu Boden.

In der vierten Runde beendete Wilder den Kampf mit einer krachenden Rechten. Ein mögliches Duell mit Wladimir Klitschko dürfte trotzdem zu früh kommen. Sowohl technisch als auch in der Defensive hat der Bronze Bomber noch viel Luft nach oben.

Deutlich enger ging es im zweiten WM-Kampf des Abends zu. Peter Quillin verteidigte gegen Gabriel Rosado seinen WBO-Gürtel im Mittelgewicht durch technischen K.o. in der zehnten Runde. Allerdings setzte Rosado dem Champion besonders zwischen der vierten und siebten Runde sichtlich zu.

Das Kid Chocolate punktete seinerseits immer wieder mit seinem Jab, mit dem er in der neunten Runde auch einen tiefen Cut über Rosados linkem Auge öffnete. Es sollte der entscheidende Moment zugunsten von Quillin sein, denn nach einer Rechten zu Beginn der zehnten Runde stoppte Ringrichter Allen Huggins den Kampf.

Reaktionen:

Bernard Hopkins: "Der Plan war, ihn in eine Situation zu bringen, in der er sich nicht wohl fühlt. Das hat geklappt. Trotzdem wollte ich natürlich den Knockout. Aber er hat durchgehalten. Er würde jeden Boxer im Halbschwergewicht vor Probleme stellen."

...über seine Zukunft: "Ich bin ein Freak. Ein Alien. Die kennen keine Jahre oder Monate. Aliens werden nicht alt."

...über einen möglichen Kampf gegen Floyd Mayweather: "Floyd ist der bester Boxer auf der Welt. Ich mag Herausforderungen, und das wäre sicherlich die größte."

Karo Murat: "Bernard ist ein großer Boxer. Aber ohne die Cuts wäre ich am Ende vielleicht noch fitter gewesen und hätte gewinnen können."

SPOX-Scoreboard1. Runde23456789101112Score
Bernard Hopkins (USA)91091010101010991010116
Karo Murat (GER)1091099989101099111

Die Wertungen der Punktrichter:

Julie Lederman: 119-108

Joe Pasquale: 119-108

Benoit Roussel: 117-110

Der Ringrichter: Steve Smoger. Der Amerikaner gilt in der Branche als harter Hund, der kaum einen Kampf abbricht und der Action im Ring gerne freien Lauf lässt. "Der Typ hat Eier", beschrieb Promoter Bob Arum Smoger einmal. Das nahm der Ringrichter diesmal aber zu wörtlich. Hopkins konnte quasi tun und lassen, was er wollte. Hier ein Küsschen, da ein Nachschlagen - Smoger ließ zu viel ungestraft durchgehen. Auch Murat boxte nicht immer sauber, wurde dabei aber von Smoger um einiges kritischer beäugt. Insgesamt eine ganz schwache Leistung!

Der Schlag des Kampfes: Hopkins' Rechte. Es war dieser Schlag, der den Cut über Murats linkem Auge verursachte und mit dem er vor allem die zweite Hälfte des Kampfes diktierte. Für den ersten K.o.-Sieg seit seinem Duell gegen Oscar de la Hoya vor neun Jahren fehlt Hopkins allerdings mittlerweile der Punch.

Analyse:

Nicht mehr als ein Tourist. Karo Murat hatte nach der offiziellen Ankündigung seines Kampfes gegen Bernard Hopkins schnell einen Stempel weg. Genauso schnell verschwand dieser Stempel allerdings, als die Zuschauer in der Boardwalk Hall am Samstag Murats engagierten Beginn sahen.

Während Hopkins wie so oft in der jüngeren Vergangenheit erst mal abwartete, drückte der Herausforderer in der Anfangsphase aufs Gas und fand schnell die richtige Distanz.

Der Weltmeister konnte zwar einigen Schlägen mit seinem gewohnt beweglichen Oberkörper ausweichen, allerdings schnitt Murat Hopkins in den ersten Runden immer wieder gut den Weg ab, wenn dieser vor ihm "flüchten" wollte.

Als Murat seinen Gegenüber zu Beginn der dritten Runde mit einem Haken anklingelte, hatte man sogar kurz den Eindruck, als würde sich bei Hopkins endlich das Alter bemerkbar machen. In der Folgezeit fand sich B-Hop jedoch etwas besser zurecht und nahm mit seiner bekannten Pot-Shot-Taktik, bei der ein Boxer aus sicherer Entfernung nur vereinzelt Schläge abfeuert, langsam das Ruder in die Hand.

Damit schindete er vor allem in der Mitte des Kampfes Eindruck bei den Punktrichtern. Das Besondere an diesem Vorgehen: Sobald er ein wenig aus der Balance geriet, ging Hopkins sofort in den Clinch über. Kein sonderlich attraktives Mittel für die Zuschauer, aber ein erfolgreiches. Das raubte im März 2013 bereits Tavoris Cloud den letzten Nerv.

Mit diesem Schachzug diktierte der Champion ab diesem Zeitpunkt das Tempo. Murat schlug zwar immer noch viel, ließ aber zunehmend die nötige Präzision vermissen und offenbarte Lücken in der Defensive. Zudem hatte er Glück, als er in der sechsten Runde nur eine Verwarnung erhielt, nachdem Hopkins ausgerutscht war und er nachgeschlagen hatte. Der Punktabzug folgte jedoch in der Runde danach für ein ähnliches Vergehen.

Auch Hopkins profitierte von der laschen Einstellung des Ringrichters. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, dass Smoger bei seinem Landsmann oftmals beide Augen zudrückte. Dabei wäre dies zu diesem Zeitpunkt gar nicht notwendig gewesen. Hopkins hatte vor allem dank seiner Rechten mittlerweile das Sagen im Ring.

Im Gegensatz zu vielen Hopkins-Gegnern aus den letzten Jahren ließ sich Murat jedoch nicht entmutigen und marschierte weiter nach vorne, auch wenn viele Aktionen nicht mehr sonderlich durchdacht aussahen. Davon ließ sich Hopkins offenbar anstecken, denn in der neunten und zehnten Runde ähnelte die Action im Ring - eigentlich untypisch für Hopkins - kurzzeitig einem offenen Schlagabtausch.

Am Sieg Hopkins', der in den letzten beiden Runden seinen Erfolg nur noch über die Zeit bringen wollte, änderte dies freilich nichts mehr. Trotz seiner Niederlage, die bei zwei Punktrichtern zu deutlich ausfiel, strafte Murat viele Experten Lügen, die ihn als Fallobst bezeichnet hatten. Es war mit Abstand der beste Kampf in der Karriere des 30-Jährigen.

An diesem Abend in Atlantic City musste er aber noch mal dem Mix aus Erfahrung, Cleverness und einigen Cheap Shots den Vortritt lassen. Auf Hopkins könnte nach der Pflichtaufgabe Murat nun ein großer Zahltag warten. Von einer Titelvereinigung im Halbschwergewicht ist die Rede. Und dann wäre noch ein mögliches Duell mit Floyd Mayweather, das Hopkins zuletzt auf den Tisch brachte. An Herausforderungen mangelt es dem ältesten Champion aller Zeiten also auch mit fast 49 Jahren nicht...

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