Money rules the world

Von Bastian Strobl
Floyd Mayweather trifft am Samstag in Las Vegas auf Saul Alvarez
© getty

Der Kampf des Jahres steht an! Am Samstag trifft Floyd Mayweather in Las Vegas auf Saul Alvarez (So., 3 Uhr im LIVE-TICKER). Es geht um Titel, Rekorde und das ewige Duell Gut gegen Böse.

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Das selbstbewusste Auftreten. Die erhabene Gestik. Alles gepaart mit einem verschmitzten Grinsen auf dem Gesicht. Richard Schaefer fühlt sich sichtlich wohl in seiner Rolle, als er am Mittwoch das Podium des KA Theatre im MGM Grand, einem der legendärsten Hotels in Las Vegas, betritt und die wartenden Pressevertreter begrüßt. Der Schweizer spielt die Rolle des Gastgebers auf eine Art und Weise, als wäre er bereits auf dieser Bühne geboren worden.

So ganz Unrecht hat man mit dieser Aussage auch nicht. Als ehemaliger Bankier gehörte es lange Zeit zu Schaefers Alltag, seinen Kunden den Hof zu machen. Ihnen eine Geldanlage schmackhaft zu machen. Auch einige Jahre später hat sich nicht viel verändert. Seine Zuhörer mögen nun Jeans und T-Shirts statt teure Anzüge tragen, doch die Journalisten - wie einst die besser betuchten Zuhörer - folgen gebannt seinen Ausführungen.

So philosophiert Schaefer minutenlang über Mexiko, seinem Lieblingsland neben den USA, oder erzählt, wie ihn unzählige Promis nach Tickets fragten. "Ich habe zahlreiche Anrufe bekommen. Viele Stars hätten für ihre Karten sogar etwas bezahlt."

Die Suche nach "The One"

Der Chef von Golden Boy Promotions versteht seinen Job. Er weiß, wie man einen Hype am Leben hält und Kämpfe am besten verkauft, notfalls auch mit einer Lobeshymne auf das Geburtsland eines Boxers. Und dieser Kampf ist der größte seit einer halben Ewigkeit.

Wenn man momentan durch Las Vegas spaziert, kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, Teil von etwas Großem zu sein. Von zahlreichen Plakatwänden blicken die Gesichter von Floyd "Money" Mayweather und Saul "Canelo" Alvarez, die am Samstag um die WBA und WBC Super Welterweight Titel des Mexikaners kämpfen, auf die Einwohner und tausenden Touristen der Sin City herab.

Der Kampf, von Schaefers Team ohne große Umschweife als die Suche nach "The One" tituliert, sprengt alle Dimensionen und erlebt einen Hype, der in der jüngeren Vergangenheit seinesgleichen sucht. 60 Millionen Dollar hat sich Golden Boy in Kooperation mit Mayweather Promotions die Fight Night bereits kosten lassen, bevor am Samstag überhaupt die erste Ringglocke ertönt.

Rekorde über Rekorde

Die nackten Zahlen rund um den Mega-Fight werden viele Rekorde brechen, das ist bereits jetzt jedem Beteiligten klar. Alleine die Einnahmen aus den Ticketverkäufen für die Halle im MGM Grand mit insgesamt 16.500 Plätzen sollen sich auf rund 20 Millionen Euro belaufen.

"Showtime", der übertragene Sender, hofft auf eine neue Bestmarke bei den Pay-Per-View-Verkäufen. Den bisherigen Rekord hält das Duell zwischen Mayweather und Oscar de la Hoya, das im Jahr 2007 2,45 Millionen Mal geordert wurde. Am Ende nahm "Showtime" mit dem Kampf 136 Millionen Dollar ein.

In ähnlichen Dimensionen bewegen sich auch die sportlichen Erwartungen. Gar von einem klassischen Aufeinandertreffen Gut gegen Böse ist in den amerikanischen Medien die Rede.

Der Pound-for-Pound-König

Auf der einen Seite Floyd Mayweather. Das Aushängeschild des Boxens. Der Pound-for-Pound-König. Der bestbezahlte Sportler auf der Welt - und für viele gleichzeitig auch einer der Unsympathischsten. Angesprochen auf die Frage, ob das Boxen ein Image-Problem habe, antwortete er bei der letzten Pressekonferenz vor dem großen Kampf: "Das Boxen und tot? Wenn ein Boxer mehr Geld als alle anderen Sportler verdient, müsste es der Sportart eigentlich ganz gut gehen, oder?!"

Mayweather liebt es, zu polarisieren. In einem Video namens "Half a Billion Dollar Man" stellt er sich und seine Errungenschaften vor. Nicht, dass irgendjemand noch wirklich eine Erklärung bräuchte, wie der mittlerweile 36-Jährige tickt. Es soll eher als kleine Erinnerung dienen, was ihn so einzigartig macht - und damit von Alvarez und seinen anderen Konkurrenten abhebt. Der Clip zeigt Mayweather vor seiner Yacht, am Steuer eines seiner zahlreichen Luxusschlitten oder in einem Privatjet.

Dass seine Entourage, passenderweise unter dem Namen "The Money Team" bekannt, immer ein zweites Flugzeug hinter seinem Chef besteigt, weil Mayweather in der Kabine nicht zu viele Personen haben will, gehört dabei wohl zum guten Ton.

"Keine 42 Mayweather geboxt"

Es gibt wenige Sachen, die mit Mayweathers Lebensstil mithalten können. Seine Rekord-Gage über 41,5 Millionen Dollar für den Kampf gegen Canelo gehört dazu. Genauso wie sein Selbstbewusstsein. Für den ungeschlagenen achtmaligen Weltmeister in fünf verschiedenen Gewichtsklassen stellt sich nicht die Frage, wer den Ring am Samstag als Sieger verlassen wird.

"Er ist 42-0. Aber er hat auch keine 42 Floyd Mayweather geboxt. Andernfalls hätte er 42 Niederlagen auf dem Konto. Nicht umsonst bin ich das Gesicht einer ganzen Sportart."

Man kann ihm kaum widersprechen. Seine bisherige Karriere spricht Bände. 44 Kämpfe, 44 Siege. Kein noch so großer Name konnte Mayweather das Fürchten lehren. Und die Liste ist lang und beeindruckend: Jose Luis Castillo, Oscar de la Hoya, Juan Manuel Marquez, Ricky Hatton, Shane Mosley und zuletzt Roberto Guerrero, dem Mayweather eine Lehrstunde über zwölf Runden erteilte.

"Ich mache mir keine Sorgen. Wen hat Alvarez denn geboxt? Nicht Hatton selbst, sondern nur seinen Bruder. Nicht Cotto selbst, sondern nur seinen Bruder", nimmt Mayweather seinen Gegner auf die Schippe.

Canelo optimistisch

Das mag stimmen, wird Canelo aber nicht wirklich gerecht. Der Mexikaner bekommt am Samstag nicht ohne Grund den begehrtesten Spot in der Boxwelt. Ein Sieg gegen Mayweather wäre mehr als ein großer Zahltag. Es wäre der Beginn einer neuen Ära.

Viele Kämpfer, die in die Jahre gekommen sind, mussten diesen Moment erleben. Wenn ein junger, hungriger Löwe dem alten König das Zepter aus der Hand reißt. Auch wenn viele Experten in den USA nichtsdestotrotz von einem Sieg Mayweathers ausgehen, dürfte Canelo die größte Herausforderung darstellen, die dem einstigen Pretty Boy seit einer langen Zeit im Ring begegnete.

Dieser Chance ist sich der 23-Jährige durchaus bewusst, auch wenn er auf große Töne verzichtet. "Die Vorbereitung verlief perfekt. Ich bin bereit, habe ihn lange studiert und werde mich nicht von ihm überraschen lassen."

Canelo passt damit wie gemalt in die Rolle des Guten. Ruhig, zurückhaltend, freundlich. Als Kind wegen seiner roten Haare gemobbt ist er heutzutage ein Star in Mexiko - und damit gefundenes Fressen für die US-Promoter, die den Wert des mexikanischen Marktes bestens kennen.

Der Magier in der Defensive

Doch wie besiegt man jemanden, an dem 44 Kämpfer mehr oder weniger verzweifelt sind? Für Alvarez wird es vor allem darauf ankommen, früh im Fight Eindruck auf den Zetteln der Punktrichter zu schinden. Mayweathers große Stärke in den "Championship Rounds", den letzten Runden eines Kampfes, dürfte auch Canelo bekannt sein.

Ebenfalls interessant: Sowohl Cotto als auch Mosely und DeMarcus Corley setzten Mayweather mit ihrer Rechten unter Druck. Schafft es Canelo, dass sich Floyd nach links bewegt und damit in Richtung seiner rechten Hand, könnte er davon profitieren - und das Kinn seines Gegners mit seiner durchaus vorhandenen Punching Power testen. "Ich werde versuchen, viele Kombinationen zu schlagen und sowohl den Kopf als auch den Körper zu attackieren."

Die große Frage bleibt jedoch: Trifft Alvarez Mayweather überhaupt? Ein legendäres Zitat von Muhammad Ali besagt: "His hands can't hit, what his eyes can't see." Mayweather gilt als der größte Defensiv-Spezialist seiner Zeit. Ein Magier zwischen den Seilen. Das musste zuletzt auch Guerrero am eigenen Leib erfahren. Und in einem klassischen Jab-Duell ist gegen den Favoriten vermutlich auch diesmal kein Kraut gewachsen.

Diskussion über das Gewicht

Über einen weiteren Vorteil Mayweathers wurde dagegen lange diskutiert: das Gewicht. Der Kampf findet bei einem Catchweight von 152 Pounds (68,9 kg) statt. Bedeutet also: Mayweather darf gegenüber seinem letzten Kampfgewicht 5 Pounds zulegen, Alvarez muss zwei Pounds abnehmen.

Will man Alvarez glauben, wollte das Money-Camp sogar noch mehr: "Als die Verhandlungen begannen, sollte ich bei 147 kämpfen. Das ist unmöglich. Dann wollten sich mich bei 150. Aber auch das ich nicht machbar. Am Ende trafen wir uns bei 152."

Dass der Gewichtsverlust Alvarez mehr schaden wird als die Gewichtszunahme Mayweather, liegt auf der Hand. Aber das ist wohl das bittere Schicksal, wenn man der kleinere Stern am Box-Himmel ist.

"Canelo-Mania ist nicht aufzuhalten"

"So ist nun mal das Geschäft. Wir versuchen das Beste für Floyd herauszuholen. Dazu gehört auch, dass der Gegner im Nachteil sein soll. Diesen Status hat er sich hart erarbeitet", erklärte Leonard Ellerbe, Geschäftsführer bei Mayweather Promotions.

Auch sein Pendant bei Golden Boy will von unfairen Voraussetzungen nichts wissen.

"Es ist ein guter Deal für Canelo. Wenn er gewinnt, schockt er die Welt. Wenn er verliert, ist es auch nicht so schlimm. Er ist dann bekannter als jemals zuvor. Die Canelo-Mania ist nicht mehr aufzuhalten", betont Schaefer - und zieht mit einem vertrauten Grinsen von dannen.

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