Powetkin: Nach Huck, vor Klitschko?

Von Norbert Pangerl
In seinem letzten Kampf sah Alexander Powetkin alles andere als gut aus
© Getty

Im seinem letzten Kampf musste Alexander Powetkin gegen Marco Huck mehr einstecken als ihm lieb war. Nun trifft der WBA-Weltmeister in Hamburg auf Hasim Rahman. Der US-Amerikaner, der einst durch einen K.o.-Sieg gegen Lennox Lewis für Furore sorgte, hat seit Jahren keinen richtigen Gegner mehr geschlagen und glich zuletzt einem Schatten seiner selbst. Für beide Boxer geht es um alles.

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Als Alexander Powetkin im Februar den Ring in der Porsche-Arena in Stuttgart verließ, sah sich der russische Weltmeister einem gellenden Pfeifkonzert des Publikums ausgesetzt. Nach Meinung der Zuschauer hatte - wie so oft - der verkehrte Mann nach Ende der 12. Runde die Fäuste in die Höhe gereckt.

Auch sein Gegner Marco Huck konnte das Ergebnis nicht fassen und blaffte seine Verwunderung in die Mikros. "Der Typ konnte nicht mehr stehen und wird hier zum Champion gemacht! Viele haben mich hier als Sieger gesehen", so der Ex-Cruisergewichtschamp nach dem Kampf.

Zweifelsohne war das Stallduell zwischen dem 33-jährigen Russen und seinem 27-jährigem Herausforderer eine denkbar knappe Angelegenheit und eine, zumindest aus unterhaltungstechnischer Sicht, abwechslungsreiche Schlacht. Dass Boxästheten die Nase rümpften, dürfte für den übertragenden Sender "ARD" eine vernachlässigbare Petitesse gewesen sein.

Da standen zwei Fighter im Ring, die kämpfen wollten und dies auch taten. Der eine mit großem Herz gegen einen körperlich überlegenen Gegner, der andere wohl mehr mit sich selbst. Denn während Schwergewichts-Rookie Huck sich für größere Aufgaben empfahl, ließ Alexander Powetkin an diesem Abend mehr Fragen offen, als er beantworten konnte.

Als Profi nicht überzeugend

Bereits als Powetkin 2005 Profi wurde, ging ein Aufschrei durch die Szene und Wilfried Sauerland freute sich über seinen neuen Schützling. "Mit Alexander Povetkin haben wir den wohl begehrtesten Amateurboxer der Welt verpflichten können", frohlockte der erfahrene Promoter und bereits nach den ersten Kämpfen war klar, dass der Weg des Olympiasiegers, Welt- und Europameisters in Richtung Klitschko führen würde. Doch die Vorschusslorbeeren, die er sich in seiner Zeit bei den Amateuren erwarb, konnte Powetkin als Profi nur selten rechtfertigen.

Dank geschicktem Matchmaking und der richtigen Leistung zum richtigen Zeitpunkt eroberte er sich 2008 dennoch das IBF-Pflichtherausfordererrecht und sollte im Dezember gegen Wladimir Klitschko antreten. Der Kampf platzte, und so auch die weiteren Versuche, das lang erwartete Duell der beiden Ausnahmekönner zu fixieren.

Stattdessen fertigte Klitschko souverän, aber unspektakulär einen Gegner nach dem anderen ab, während Powetkin sich mit zweit- und drittklassiger Laufkundschaft beschäftigte.

Titelgewinn und Trainerwechsel

Dank der Ernennung von Wladimir Klitschko zum WBA-Super-Champion durfte Powetkin dann im August 2011 überraschend um den WM-Titel kämpfen. Sein Gegner, Ex-Weltmeister Ruslan Tschagajew, konnte lange Zeit gut mithalten, musste aber schlussendlich eine verdiente Niederlage einstecken. Powetkin war endlich Weltmeister. Dass er dabei selten überzeugen konnte, störte Powetkin und sein Team nicht weiter. Zumindest nicht nach außen.

Dass die Sauerländer hinter verschlossenen Türen mit der Entwicklung ihres hochgelobten Schützlings nicht zufrieden waren, lässt sich jedoch an den zahlreichen Trainerwechseln in den vergangenen drei Jahren ablesen.

Bis 2009 bildete Powetkin zusammen mit seinem Ex-Amateurtrainer Waleri Below ein erfolgreiches Gespann. Danach baute man auf das Star-Potenzial von Teddy Atlas, mit dem es aber auch einige Irritationen gab. Im Januar 2012 musste Atlas schließlich gehen und Alexander Zimin übernahm das Ruder.

Doch auch er ist schon wieder Geschichte. Seit ein paar Monaten arbeitet Powetkin nun mit Kostya Tszyu zusammen. "Kostya war zu seiner aktiven Zeit ein hervorragender Boxer und ist jetzt ein sehr guter Trainer. Ich lerne viel von ihm", sagte Powetkin im Vorfeld des aktuellen Kampfes.

Gegen Huck kurz vor Kollaps

Vor allem im Ausdauerbereich habe er mit dem ehemaligen Halbweltergewichts-Champ gearbeitet. Absolut notwendig, angesichts der Tatsache, dass Powetkin gegen Huck kurz vor dem Kreislaufkollaps stand. Das sieht auch Powetkin so: "Natürlich habe ich aus so einem Kampf auch Lehren gezogen. Zum Beispiel haben wir während der aktuellen Vorbereitung viel mehr an meiner Ausdauer gearbeitet."

Ob er diese zusätzliche Kondition gegen Hasim Rahman auch brauchen wird, steht in den Sternen. Der bald 40-Jährige stand seit Juni 2011 nicht mehr im Ring und war dabei auch noch aufgedunsen wie nie zuvor. Auch wenn der US-Amerikaner wohl deutlich fitter gegen Powetkin in den Ring steigen wird, darf bezweifelt werden, ob er tatsächlich eine Gefahr darstellen kann.

Seit 2008 hat Rahman nicht mehr gegen einen Gegner von Format geboxt und selbst damals gegen Wladimir Klitschko sah der einstige Lewis-Bezwinger aus, als hätte er die besten Tage bereits lange hinter sich.

"Ich bin zurzeit in der besten Form seit Jahren und in der Lage, über zwölf Runden ein hohes Tempo zu gehen", beteuert Rahman im Vorfeld gebetsmühlenartig. Und auch sein Promoter Greg Cohen stimmt ein: "Hasim ist nicht mal auf dem Poster für dieses Event. Die machen Witze und haben ihren Spass, während sich Hasim in eine fantastische Form gebracht hat. Hasim wird die Welt noch mal schocken."

Sieger nächster Klitschko-Gegner

Dass Rahman überhaupt nochmal die Gelegenheit bekommt, die Welt zu schocken, ist ein Rätsel, dessen Lösung nur die WBA kennt. Rein sportlich scheint Rahman jedenfalls nicht mehr qualifiziert. Seine vielzitierte K.o.-Power - 41 Knockouts bei 50 Siegen - bedeutet zwar ein Restrisiko für Powetkin, technisch kann Rahman Powetkin aber nicht das Wasser reichen.

Für den Russen ist klar: Er kann und darf dieses Gefecht auf keinen Fall verlieren. Auch Wladimir Klitschko wird Powetkin die Daumen drücken. Er muss als nächstes gegen den Sieger ran und ein Kampf gegen Rahman, den er bereits nach Strich und Faden vorführte, lockt keinen Zuschauer mehr hinter dem Ofen hervor. Da ist Powetkin die beliebtere Alternative. Besonders nach der Vorgeschichte der beiden Boxer.

Erst gilt es jedoch sowohl für Powetkin gegen Rahman als auch für Klitschko gegen Wach ihre Hausaufgaben zu erledigen. Danach muss Powetkin sich endlich auch größeren Herausforderungen stellen, wenn er nicht in der Versenkung verschwinden will. Ein Teamkollege scheint ihm mittlerweile eh schon den Rang abgelaufen zu haben.

Die Klitschkos und ihr Management bekundeten in der letzten Woche Interesse an einem Duell mit Marco Huck und der 27-Jährige scheint nicht abgeneigt. "Na, prima. Ich bin für Klitschko endlich mal eine Herausforderung. Ich habe eine gute Deckung und kann richtig zuschlagen. Ich boxe Wladimir überall, auch auf dem Mond", so der "Käpt'n". Für Powetkin ein weiteres Zeichen, dass der Abend von Stuttgart ein Einzelfall bleiben sollte.

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