"Don King hat Sportler ins Unglück gestürzt"

Von Interview: Bastian Strobl
Bernd Bönte (M.) gilt als starker Mann hinter den Klitschko-Brüdern
© Imago

Visionär? Provokateur? Geschäftsmann? Oder alles in einem? Klitschko-Manager Bernd Bönte hat viele Facetten. Im Interview spricht der ehemalige Journalist über seine Verbindung zu James Bond, legendäre Pressekonferenzen und Verhandlungen mit Don King.

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SPOX: Herr Bönte, wissen Sie, welcher Zusammenhang zwischen Ihnen und James Bond besteht?

Bernd Bönte: (schmunzelt) Ich weiß, worauf Sie hinaus wollen...

SPOX: Stichwort "Dr. No".

Bönte: Genau. Das ist ein Spitzname, der offenbar bei Ihren Kollegen über mich kursiert.

SPOX: Klären Sie mich auf.

Bönte: Das hängt damit zusammen, dass ich früher auch für die Medienarbeit der Klitschkos zuständig war. Viele Journalisten sind mit den abenteuerlichsten Vorschlägen gekommen und haben sich ganz tolle Geschichten ausgedacht. Viele waren aber dermaßen zeitintensiv und absurd, dass ich einfach Nein sagen musste. Manchmal habe ich meine Entscheidung begründet, manchmal aber auch nicht. Das haben mir wohl einige übel genommen.

SPOX: Im Zuge dessen kämpfen Sie auch immer wieder mit dem Vorwurf, sich gegenüber Medienvertretern arrogant zu verhalten.

Bönte: Damit beschäftige ich mich gar nicht. Das ist häufig auch einfach Teil der Gerüchteküche. Ich mache meinen Job so gut ich kann. Natürlich kann ich ab und zu sehr hart reagieren. Aber in einem professionellen Team muss manchmal einer der Bad Guy sein, und das sind sicherlich nicht die Klitschkos.

SPOX: Das klingt sehr polarisierend und ähnelt ein wenig Uli Hoeneß, der den FC Bayern München verteidigt wie eine Löwenmutter ihr Baby. Passt der Vergleich?

Bönte: Um Gottes Willen, ich will mich nicht mit Uli Hoeneß vergleichen, auch wenn ich seit meiner Kindheit ein großer FC Bayern-Fan bin. Außerdem liegen die meisten Geschichten, die dieses Bild von mir zeichnen, bereits einige Jahre zurück.

SPOX: Sie deuten es an, Sie haben wie die Klitschkos eine lange und aufregende Reise hinter sich. Wann haben Sie Witali und Wladimir das erste Mal wahrgenommen?

Bönte: Da ich Anfang der 90er Jahre die Boxsport-Redaktion von "Premiere" geleitet habe, sind mir die beiden bereits während ihrer Amateurzeit aufgefallen. Wladimir habe ich zudem bei den Amateur-Weltmeisterschaften 1995 in Berlin live gesehen.

SPOX: Haben Sie schon damals ihr Potential erkannt?

Bönte: Natürlich. Schon als Amateure haben sie das Superschwergewicht dominiert. Das Potential konnte man gar nicht übersehen. Aber erst als ich sie später auch persönlich getroffen habe und sie unter anderem als TV-Experten zu den großen Kämpfen nach Las Vegas und New York eingeladen habe, wurde mir klar, was hinter dem Sportlichen steckt.

SPOX: Nämlich?

Bönte: Zwei Menschen, die neben ihrer liebenswerten Art und Weise vor allem pure Authentizität versprühen. Denn eines ist klar: Um die Massen zu bewegen, muss das Gesamtpaket stimmen.

SPOX: Über ein Intermezzo bei Universum wurden sie Manager von Witali und Wladimir und sind seit einigen Jahren auch Geschäftsführer der "Klitschko Management Group GmbH". Dabei hatten Sie als Journalist beim Bayerischen Rundfunk angefangen...

Bönte: Und ich habe das Journalisten-Dasein geliebt. Beim BR war ich einst als Hospitant bei der Radioshow von Thomas Gottschalk und Günther Jauch tätig. Diese Erfahrungen, auch bei Tele 5, ProSieben oder SAT.1, möchte ich nicht missen.

SPOX: Was konnte denn der Geschäftsmann Bönte vom Journalisten Bönte lernen?

Bönte: Die Spontaneität und Flexibilität, schnell auf wechselnde Situationen zu reagieren. Der Journalismus war eine harte Schule, gerade während meiner Zeit als Reporter beim Fußball, Eishockey, Golf oder Boxen. Aber das hat mir sehr geholfen.

SPOX: Das hört sich alles sehr selbstbewusst an. Gab es nie Zweifel an dem Projekt Klitschko?

Bönte: Bei mir gab es so was nie. Mein Motto lautet: Wenn einem der Wind ins Gesicht pfeift, darf man nicht umknicken. Genau in diesen Augenblicken muss man sich zusammenreißen. Auch als Wladimir und Witali wegen Niederlagen und Verletzungen mental angeschlagen waren, sind wir immer als Team gestärkt aus diesen Tälern herausgekommen. Der Erfolg hat uns Recht gegeben.

SPOX: Trotzdem gibt es den Vorwurf, dass bei Klitschko-Kämpfen mehr die Show als der eigentliche Sport im Vordergrund steht.

Bönte: Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Show-Elemente gehören einfach zum Boxen. Das war bei Ali und Tyson nicht anders. Man muss nur aufpassen, dass es nicht lächerlich wird. Dann muss man den Stecker ziehen.

SPOX: Wo liegt für Sie die Grenze?

Bönte: Ich würde nie zulassen, dass die Klitschkos in einem Käfig zum Ring fliegen. Das wäre lächerlich. Über solche Sachen konnte ich bereits in den 90er Jahren als Journalist nur den Kopf schütteln.

SPOX: Plaudern Sie ein wenig aus dem Nähkästchen...

Bönte: Da gibt es ein paar Beispiele, über die ich nur müde lächeln konnte. Als Michael Moorer gegen Evander Holyfield geboxt hat, stieg Moorer bei der Pressekonferenz auf das Podium, schlug mit der rechten Faust drauf, und das ganze Ding ist zusammengebrochen. Aber das war eine Don-King-Veranstaltung. Es würde mich nicht wundern, wenn er das Teil persönlich angesägt hat. Das ist natürlich ein gefundenes Fressen für die Medien.

SPOX: Das haben Sie bei der Auseinandersetzung mit Ahmet Öner bei der Pressekonferenz nach dem Solis-Kampf am eigenen Leib erfahren.

Bönte: Genau. Da gibt es tausende Geschichten. Teddy Atlas hat mal einen Journalisten verprügelt, weil dieser zu negativ über seinen Schützling berichtet hatte. Oder Mike Tyson, der Lennox Lewis ins Bein gebissen hat.

SPOX: Auch Dereck Chisora hat sich vor seinem Kampf gegen Witali nicht gerade wie ein Gentleman verhalten.

Bönte: Wobei Anspucken und die Backpfeife nichts mehr mit Entertainment zu tun haben. Das war unterste Schublade. Schon damals habe ich gesagt, dass Chisora therapeutische Behandlung benötigt.

SPOX: Sie haben kurz Don King erwähnt. Die Öffentlichkeit kennt vor allem den Fahnen wedelnden, schillernden Don King. Doch wie geht es hinter verschlossenen Türen zu?

Bönte: Knallhart. Den dauergrinsenden Don King gibt es nicht. Das ist nur ein Schauspiel für die Kameras. Bei den Verhandlungen wird nicht gelacht, da ist er nur auf seinen eigenen Vorteil aus.

SPOX: Und die Goldketten?

Bönte: Eine trägt er immer, aber das war es auch schon. Was man auch nicht vergessen darf: Natürlich hat er viele große Kämpfe gemacht. Aber mindestens genauso viele Sportler und deren Familien hat er ins Unglück gestürzt. Diese Menschen haben durch ihn großes Leid erfahren, weil sie betrogen wurden und kein Geld bekommen haben. Wie die Prozesse gegen Tyson gelaufen sind, weiß man ja. Das sagt eigentlich alles.

SPOX: Don King ist Vergangenheit, Bernd Bönte ist momentan die Gegenwart. Aber wie lange noch? Immerhin werden sich die Klitschkos in den nächsten ein, zwei Jahren wohl zurückziehen...

Bönte: Aber doch nur was den aktiven Teil der sportlichen Karriere angeht. Ich werde auch danach weiterhin Geschäftsführer der KMG bleiben. Wir werden uns dann auf die Erfahrungen der Klitschkos rund um die Themen Coaching, Fitness, Ernährung, Entspannung und Gesundheit konzentrieren. "Brain und Power" sind die Schlagwörter dafür, mit denen die KMG ausdrücken möchte, dass geistige Stärke und körperliche Power zusammenkommen müssen, um langfristig erfolgreich und zufrieden zu sein.

SPOX: Kommt dieser Schritt auch, weil der Box-Markt nach den Klitschkos einfach zu unattraktiv ist?

Bönte: So weit würde ich nicht gehen. Boxen wird es immer geben. Schon nach dem Abgang von Henry Maske wurde der Teufel an die Wand gemalt. Und genauso wird es auch nach den Klitschkos interessante neue junge Boxer geben.

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