Ein K.o.-Sieg gegen Huck? Fehlanzeige!

Von Bärbel Mees
SPOX-Redakteurin Bärbel Mees versucht, Marco Huck zu fordern und scheitert
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Cruisergewichts-Weltmeister Marco Huck steigt am 18. Dezember gegen Pflichtherausforderer Denis Lebedew in den Ring. Ein gefährlicher Gegner. Ganz im Gegensatz zu Bärbel Mees, die im Rahmen der "SPOX in Action"-Serie mit Marco Huck trainierte - und schon beim Seilspringen völlig verzweifelte.

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Ich hänge in den Ringseilen. Nassgeschwitzt, hochrot und völlig am Ende - so könnte man meinen Zustand auch beschreiben. Hinter mir liegt eine Stunde Training mit Marco Huck.

Der 26-Jährige ist Cruisergewichts-Weltmeister und vor allem fit ohne Ende, wie ich soeben festgestellt habe. Ganz im Gegensatz zu mir: Das viele Sitzen im Büro und die Faulheit, die mich regelmäßig davon abhält, ins Training zu gehen, machen sich bemerkbar.

Dabei ist mein Sportstudium noch gar nicht so lange her. Erstaunlich, wie schnell man abbaut. Während ich noch nach Luft schnappe, die rettenden Seile des Boxrings loslasse und mich langsam zur Turnbank schleppe, steht Huck schon wieder im Ring.

Sparring ist angesagt, schließlich ist es am Samstag soweit: Die Pflichtverteidigung gegen Denis Lebedew steht auf dem Programm. Kein ungefählicher Gegner. Potentieller Super-Six-Teilnehmer und bekannt für sein gutes Auge und seine krachenden Schläge.

Stolperstein Seilspringen

Ganz im Gegensatz zu mir. Mein ausgetüfteltes Konzept mit dem Ziel, Marco Huck zumindest ansatzweise zu fordern, ist gründlich fehlgeschlagen. Als in unserer Redaktion ein Freiwilliger im Rahmen unserer "SPOX in Action"-Serie für ein Boxtraining mit Marco Huck gesucht wurde, sah ich mich bereits leichtfüßig durch den Ring tänzeln. Mein schwarzer Gürtel im Karate wird sich schon irgendwie bemerkbar machen, dachte ich mir. Nun ja, das tut er nicht. Zumindest nicht beim Seilspringen.

Wer hätte auch ahnen können, dass man bei so etwas Simplen derart versagen kann? Während Huck im rasanten Tempo vorwärts, rückwärts und überkreuz springt, komme ich mir mit meinen Slow-Motion-Galoppsprüngen ziemlich albern vor. Doch sobald ich das Tempo erhöhe, stolpere ich oder trete aufs Seil. Ich hatte mich für talentierter gehalten.

Auch Huck wirkt bereits leicht verzweifelt. "Nicht mit den ganzen Armen schwingen, die Bewegung locker aus dem Handgelenk", versucht er noch zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Dabei hatten wir beide vor dem Training noch gescherzt, dass ich ja noch ein paar Jährchen Zeit habe, um Boxprofi zu werden.

Huck hatte Sven Ottke als leuchtendes Beispiel angeführt, der zwar im Alter von 14 Jahren mit dem Boxen begann, aber erst mit 30 Jahren nach sage und schreibe 335 Amateurkämpfen ins Profigeschäft wechselte. Hingegen scheint meine angestrebte Boxkarriere nun endgültig in den Kinderschuhen steckenzubleiben. Aber noch gebe ich nicht auf.

Erfolgserlebnis Boxsack

Jetzt muss ein Erfolgserlebnis her - und es wartet in Form eines Boxsacks auf mich. Insgesamt acht Stück baumeln von der Decke herab, genug Übungsmöglichkeiten für Huck und seine Sparringspartner, die sich für die letzten vier Wochen vor dem Kampf im Bundesleistungszentrum Kienbaum eingenistet haben.

40 Kilometer von Berlin entfernt und damit abgelegen genug, um sich voll und ganz auf das Training konzentrieren zu können. So wie ich jetzt. "Du bist Rechtshänder, oder?", fragt mich Huck. Ich nicke. "Dann das linke Bein einen Schritt nach vorne setzen, einen sicheren Stand finden und schlagen", erklärt der Käpt'n.

Das macht Sinn: Linksauslage. Links ist die Führhand, rechts die Schlaghand. Hah, das muss doch was werden, denke ich mir. Wild entschlossen prügele ich auf den Boxsack ein, Jab, rechte Gerade, Haken.

"Ein Naturtalent", grinst Huck, als ich auf den Boxsack eindresche, der von der Wand hängt und sich nur um Millimeter bewegt, wenn ihn meine Faust trifft. Immerhin: Ich treffe. Das gefällt mir. Wobei - nach einigen Minuten geht das enorm in die Arme. Huck steht neben dem Boxsack und korrigiert mich: "Den vorderen Fuß beim Haken mitdrehen, mit dem hinteren Fuß den Bodenkontakt nicht verlieren."

Kampf um die Koordination

Ganz schön viele Details, an die man denken muss. Von der Koordination mal ganz zu schweigen. Für jemanden wie Huck sind solche Trainingseinheiten natürlich ein Kinderspiel: Mit zehn Jahren hat er mit Taekwando begonnen, nach fünf Jahren die Prüfung zum schwarzen Gürtel abgelegt.

Im Kickboxen war er Europameister, Weltmeister - und bald am Ende der Fahnenstange angelangt. Eine neue Herausforderung musste her. Mit 18 wechselte er zum Boxen und wurde nach nur 15 Kämpfen Profi.

Seit August 2009 ist er Weltmeister, hat erst eine Profi-Niederlage auf dem Konto: 2007 unterlag er Steve Cunningham. Eine ernüchternde, aber notwendige Erfahrung, wie er mittlerweile sagt. "Aus Niederlagen lernt man mehr als aus Siegen. Trotzdem, es soll meine einzige bleiben."

Der Kampf gegen Lebedew soll für Huck sein letzter Härtetest vor einem möglichen Super-Six-Turnier im Cruisergewicht sein. "Ich weiß, dass ich Denis schlagen kann, aber er ist kein ungefährlicher Gegner", analysiert Huck.

Ernüchterung im Ring

Mit Gefährlichkeit kann ich leider nicht dienen. Ich kämpfe noch mit der Koordination und gegen die schwindende Kraft. Doch das Highlight steht noch an: eine Runde im Ring. Inzwischen hat sich auch Co-Trainer Georg Bramowski zu uns in die Trainingshalle gesellt. Er bereitet alles für Hucks anschließendes Sparring vor.

"Deckung! Was ist das denn für eine Deckung?", schreit Bramowski und schüttelt den Kopf, als er meine unbeholfenen Verteidigungsaktionen sieht. Mit der Deckung kann ich mich überhaupt nicht anfreunden. Riesige Boxhandschuhe verdecken beinahe meine Sicht.

Ich greife lieber an - Angriff ist schließlich die beste Verteidigung. Leider bin ich viel zu langsam und nicht einmal annähernd eine Gefahr für Marco Huck. Die Kicks und Fußfeger, die im Karate üblich sind, fehlen mir plötzlich enorm. Nur mit Schlägen komme ich gegen einen Box-Weltmeister nicht weit. Das hatte ich mir alles etwas anders vorgestellt.

Revanche geplant

Etwas zum Schwitzen wollte ich ihn schon bringen. Fehlanzeige! Meinen Traum von einer späten Boxkarriere muss ich wohl begraben, ist vielleicht auch besser so.

Immerhin, Marco Huck sieht Potential bei mir. "Du lernst schnell, das wird schon noch." Doch die Körpertreffer, die ich tatsächlich irgendwann lande, haben überhaupt keinen Effekt. Huck grinst nur mal wieder. Zu gute Bauchmuskulatur eben.

Von der anderen Seite der Halle winkt Bramowski. Es ist Zeit für Hucks richtiges Training - ich habe ausgedient. "Hat Spaß gemacht, komm doch mal wieder vorbei", verabschiedet sich Huck und sprintet zu seinem Sparringspartner. Ich verfolge das Training lieber von der sicheren Turnbank aus. Paar Tricks abschauen und so - denn eine Revanche muss her, das ist klar.

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