Sylvester behält WM-Titel durch Unentschieden

SID
Sebastian Sylvester verteidigte seinen Weltmeister-Titel zum zweiten Mal
© Getty

Durch ein Unentschieden gegen seinen russischen Kontrahenten Roman Karmasin bleibt Sebastian Sylvester Weltmeister der IBF im Mittelgewicht. Steve Cunningham eroberte sich gegen Troy Ross den WM-Gürtel im Cruisergewicht zurück. Der Kampf wurde aufgrund einer Verletzung Ross' abgebrochen.

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Was nicht passt, wird passend gemacht: Ewige sieben Minuten lang wurde gerechnet. Die Punktzettel wurden angeschaut, es wurde nochmal durchkalkuliert, auf Deligierte Einfluss genommen und ein Mitglied des russischen Teams von Ordnern handgreiflich vom Tisch der Offiziellen entfernt.

Dann erst war das Urteil genehm: Sebastian Sylvester bleibt durch ein Unentschieden gegen Herausforderer Roman Karmasin Weltmeister der IBF im Mittelgewicht. Wieder einmal eine Entscheidung, die dem Ruf des Boxens schadet.

"Ich habe natürlich gewonnen", sagte Karmasin, "aber wenn man nach Deutschland kommt, hat man wenig Siegchancen". Erst durch einen Schlussspurt in den letzten drei Runden konnte Sylvester seinen Gegner beeindrucken und so den Titel doch noch erfolgreich verteidigen: "Da habe ich ein bisschen mehr Gas gegeben, und zum Unentschieden hat es ja gereicht." Jetzt kann er wie erhofft als Weltmeister am 9. Juli seine Diana heiraten. Nach dem Wie fragt dann niemand mehr.

Verbissenes Duell auf Augenhöhe

Das Unentschieden gibt die Kräfteverhältnisse in der Nacht zum Sonntag in Neubrandenburg allerdings durchaus wieder. Über zwölf Runden lieferten sich der Mecklenburger und sein 37 Jahre alter Herausforderer aus St. Petersburg ein verbissen geführtes Duell auf Augenhöhe, in dem Karmasin der aktivere Boxer war, Sylvester aber die klareren und härteren Treffer anbrachte.

In der ersten Runde dominierte er den Russen, der versehentlich mit dem Handschuh in sein eigenes Auge griff und nach eigenen Aussagen in den ersten zwei Runden mit einer extrem beeinträchtigten Sicht kämpfte. Doch zu Beginn der dritten Runde drehte der Herausforderer auf, ehe Sylvester seinen energischen Schlussspurt startete.

Unglaubliche Urteile der Punktrichter

Umso unglaublicher waren da die Urteile der beiden amerikanischen Punktrichter. Matthews Podgorski sah Sylvester mit 118:111 vorn, John Duke Lawson gab 117:111 für Karmasin. Es kam also auf den Punktzettel des Kanadiers Pasqual Procopio an. Und da stand zunächst 114:113 für Karmasin.

Manager Wilfried Sauerland stand bereits mit traurigem Gesicht im Ring, auch Sylvester schaute bedröppelt. Erst langsam änderte sich die Stimmung, als unten am Tisch das Nachrechnen begann.

"Der internationale Delegierte hat einen Fehler beim Zusammenrechnen gemacht", sagte Matchmaker Hagen Döring von Sauerland-Event über die Korrektur des Zettels, "bei der IBF gibt es keine Unentschiedenwertung für einzelne Runden." Eine 10:10-Runde wurde also zugunsten des Titelverteidigers verwandelt, das wichtige 114:114 war erreicht.

Mitglied des Karmasin-Teams entwendet Punktzettel

Allerdings ist auf der offiziellen Internetseite des Verbandes IBF bei den Regeln eindeutig das Gegenteil von Dörings Aussage zu lesen: "Wenn eine Runde ausgeglichen ist, erhalten beide Boxer zehn Punkte." So hat es der Kanadier gemacht. Laut Döring sei aber diese noch am Sonntag offiziell veröffentlichte Regel bereits am Donnerstag geändert worden: "Da wurde beim Kampfrichter-Seminar mitgeteilt, dass es kein Unentschieden gibt."

Natürlich führen solche Undurchsichtigkeiten zu Irritationen. Ein Mitglied des Karmasin-Teams wollte deshalb die merkwürdigen Rechnereien auch nicht ohne Weiteres geschehen lassen.

Er versuchte, den umstrittenen Punktzettel zu entwenden und ihn zu fotografieren und fand sich plötzlich im Schwitzkasten der herbeigeeilten Security-Leute wieder. Diesen letzten Kampf hatte das Sauerland-Team eindeutig gewonnen.

Cunningham erobert sich WM-Gürtel zurück

Beim zweiten Kampf des Abends eroberte sich Sauerland-Neuling Steve Cunningham den vakanten IBF-Gürtel im Cruisergewicht wieder zurück. Im Dezember 2008 hatte er den Gürtel an Tomasz Adamek verloren und sich in einem Ausscheidungskampf für den WM-Fight qualifiziert.

Gegen den Kanadier Troy Ross startete er engagiert und konzentriert, ging aber in der vierten Runde nach einer linken Geraden zu Boden. Doch sofort war Cunningham wieder auf den Beinen und entschied die Runde sogar noch für sich.

Ringrichter Bill Clancy beendete das hochinteressante Duell zu Beginn der fünften Runde aufgrund einer Verletzung: Cunninghams rechte Führhand hatte bei Ross zu einem Cut am rechten Augenlid geführt.

Cunningham erleichtert

Der Ringarzt riet von einem Weiterführen des Kampfes ab.

Bei Ross war die Enttäuschung groß, hatte er doch exzellent dagegengehalten.

Doch dass die Gesundheit vorgeht, war auch ihm schnell klar: "Ich muss mich danach richten, was der Ringarzt und der Referee sagen. Wenn sie meinen, dass die Verletzung zu schwer ist, dann muss ich das akzeptieren."

Cunningham hingegen nahm den IBF-Gürtel entgegen und war nach dem Sieg unheimlich erleichtert: "Endlich hat sich meine ganze Arbeit ausgezahlt."

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