"Holyfield ist immer noch gefährlich"

Von Interview: Carolin Blüchel
The Real Deal EVander Holyfield und der russische Riese Nicolaj Walujew beim Fotoshooting am Brandenburger Tor
© Getty

Am Samstag steigt in Zürich die Titelverteidigung des russischen Riesen Nikolai Walujew gegen The Real Deal Evander Holyfield. Box-Experte Henry Maske spricht bei SPOX über den sportlichen Wert dieses Kampfes und die Comeback-Welle im Schwergewicht.

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Obwohl Nikolai Walujew ebenfalls Weltmeister ist, wird ihm nicht dieselbe Anerkennung zu Teil wie Wladimir und Vitali Klitschko. Am Samstag in Zürich stellt sich der russische Riese nun dem in die Jahre gekommenen Ex-Champion Evander Holyfield.

The Real Deal verlor seinen letzten WM-Kampf vor gut einem Jahr gegen Sultan Ibragimow eindeutig nach Punkten und wird in der IBF-Rangliste gerade einmal auf dem zwölften Platz geführt. In den Rankings der übrigen drei großen Verbände taucht er überhaupt nicht auf.

Ob der Kampf zwischen Walujew und Holyfield einen sportlichen Wert hat und ob das Schwergewichtsboxen in einer Krise steckt, verrät der ehemalige Halbschwergewichts-Weltmeister Henry Maske bei SPOX.

SPOX: Herr Maske, bei Nikolai Walujew hat man immer den Eindruck, dass er um etwas mehr Anerkennung kämpft. Warum sucht er sich jetzt ausgerechnet mit Evander Holyfield einen alternden Ex-Champion, der sportlich längst über seinem Zenit ist? Damit tut er sich doch keinen Gefallen.

Henry Maske: Er tut dem Publikum sicher einen Gefallen. Auf jeden Fall können alle Boxinteressierten mit dem Namen Holyfield etwas anfangen. Ob es der spannende Kampf wird, über den man auch danach spricht, gilt es zu zeigen. Auch der letzte Gegner von Wladimir Klitschko hatte, im Nachhinein betrachtet, nicht den Anspruch eines wertigen Gegners.

SPOX: Heißt das, Sie trauen Holyfield trotz seiner 46 Jahre noch etwas zu?

Maske: Zumindest werde ich nicht sagen, dass er sportlich vollkommen ungefährlich ist. Ich bin selbst sehr neugierig, wie dieser Kampf ausgehen wird. Walujew ist bekanntlich nicht der begnadete Boxer, obwohl er in den letzten Jahren eine erstaunlich gute Entwicklung gemacht hat - natürlich immer im Rahmen seiner Möglichkeiten. Sein großer Vorteil ist allerdings, dass er nun mal 30 bis 50 Kilo schwerer ist als die meisten seiner Gegner.  Das ist, als müsste ich gegen einen 120-Kilo-Mann boxen.

SPOX: Aber wenn Walujew den Anspruch hat, in einem Atemzug mit den Klitschkos genannt zu werden, dann ist Holyfield doch kein geeigneter Gegner.

Maske: Das sehe ich ähnlich. Anfangs hatte er ja auch gesagt, dass er diesen Kampf nicht machen wird. Aber Boxen ist nun mal auch ein Geschäft. Es gibt derzeit einfach zu wenig Alternativen, die so spektakulär sind, dass die Zuschauer auch einschalten. Holyfield ist zumindest ein großer Name.

SPOX: Das stimmt natürlich. Und er ist auch nicht der einzige große Name, der in den Ring zurückkehrt. Riddick Bowe hat letzte Woche gekämpft, Vitali Klitschko ist nach vier Jahren Ruhestand wieder Weltmeister geworden. Und auch Lennox Lewis wird sich wohl früher oder später noch überreden lassen. Wie erklären Sie sich die Comeback-Welle im Schwergewicht?

Maske: Wenn die Alten den Mut haben, wieder in den Ring  zu steigen, frage ich mich, was eigentlich die Jungen machen. Gibt es keine Jüngeren, die gut genug sind, um den Alten zu zeigen, dass ihre Zeit vorbei ist? Scheinbar nicht. Wenn man also überhaupt jemandem etwas vorwerfen möchte, dann doch bitte der jüngeren Generation.

SPOX: Klingt nach einer Krise im Schwergewicht.

Maske: Na ja, Krise ist nicht die richtige Bezeichnung, deutlich zu hart ausgedrückt. Es gab auch vor fünf oder zehn Jahren nicht so wahnsinnig viele Schwergewichtler, die spektakulär geboxt und die Welt interessiert haben. Da waren Lennox Lewis, Mike Tyson und Evander Holyfield. Oder ganz früher Muhammad Ali, Joe Frazier, Larry Holmes und George Foreman. Es sind eigentlich immer nur ganz wenige gewesen. Das ist nicht ungewöhnlich.

SPOX: Trotzdem ist die Faszination am Schwergewicht nicht mehr die gleiche.

Maske: Das liegt sicherlich auch daran, dass die Kämpfe teilweise zu einseitig verlaufen. Wenn ich an Holyfield gegen Mike Tyson oder Lennox Lewis gegen Vitali Klitschko und Riddick Bowe denke, damals hatte man wirklich Lust zuzuschauen. Es war spannend, weil sich die Wettkämpfer ebenbürtig waren. Das findet man heute zu selten.

SPOX: Was ist der Grund dafür?

Maske: Tatsache ist: Aus Amerika kommen im Moment nicht die nennenswerten Hoffnungen. Zu oft haben sie zwar das Gewicht, jedoch nicht die Klasse eines zukünftigen Champion. Es ist nicht unverständlich, dass Boxer aus unteren Gewichtsklassen in das Schwergewicht aufsteigen, um vielleicht auch einmal einen großen Zahltag in ihrer Karriere zu erleben. Was ihnen dann fehlt, sind die physischen Fähigkeiten der Klitschkos oder eines Lennox Lewis. Jedoch sind diese heute erforderlich. Ein Mann wie Tschagajew jedoch hat gezeigt, dass es auch mit boxerischen Qualitäten geht, ohne gleich zwei Meter oder mehr zu messen. Eine Ausnahme? Wir werden es sehen.

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