Alba hat den längeren Atem

Von Jan Zesewitz
Leere Ränge, Alba vorne. Das Eine gab es das ganze Spiel über, das Andere nur in Halbzeit zwei
© getty

Alba Berlin konnte im Top 16 der Turkish Airlines Euroleague einen extrem wichtigen Sieg einfahren. Gegen Galatasaray feierten die Albatrosse einen 75:65-Auswärtssieg in Istanbul. Vor leeren Rängen konnten sich die Berliner erst im Schlussviertel ein wenig absetzen. Reggie Redding war mit 16 Punkten der Topscorer bei Alba.

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Eine völlig leere Halle erwartete die Albatrosse in der Abdi Ipekci Arena in Istanbul. Der Grund dafür sind massive Ausschreitungen beim Spiel gegen Crvena Zvezda Belgrad, bei denen ein Fan erstochen wurde. Für Galatasaray war es das dritte und letzte Geisterspiel in dieser Saison.

Die Berliner verschliefen sowohl den Beginn des ersten als auch des zweiten Viertels und mussten die komplette erste Hälfte einem Rückstand hinterherlaufen. Bis zur Sirene konnte der aber durch verbesserte Defensive und einen ausgeglichenen Angriff fast egalisiert werden. Mit 33:31 für die Türken ging es in die Pause.

Nach der Pause gelang es den Berlinern zunehmend, ihr Spiel aufzuziehen, während Galatasaray seine Chancen nicht mehr so häufig nutzen konnte wie in der ersten Halbzeit. Reggie Redding taute in der hektischen Schlussphase auf und war mit 16 Punkten Berlins Topscorer und mit entscheidenden Punkten der Matchwinner. Erst wenige Minuten vor Schluss konnten sich die Albatrosse auf acht Punkte absetzen. Die Türken konnten nicht mehr nachsetzen und so steht am Ende ein 75:65-Auswärtssieg für Berlin zu Buche.

Die Reaktionen:

Sasa Obradovic (Trainer Berlin): "Es war kein typisches Spiel da Galatasaray normalerweise zuhause sicher der Favorit ist. Aber sie hatten keine Fans, Carlos Arroyo, ihr bester Spieler, war nicht dabei. Andererseits sind auch die anderen Spieler von Galatasaray von höchster Qualität. Ich hätte uns gerne effektiver spielen sehen, vor allem offensic. Aber es war ein sehr wichtiger Sieg. Jeder SIeg im Top 16 ist großartig für uns."

Jamel McLean (Berlin): "Es war schwierig, ohne Zuschauer zu spielen. Es war sehr leise. Beide Teams haben gut verteidigt und gegen Ende hat Reggie Redding begonnen, seine Würfe zu treffen. Wir haben am Ende einige gute Plays gemacht, die uns wirklich geholfen haben, heute zu gewinnen."

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Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tip-Off: Galatasaray startet mit Justin Carter, Sinan Guler, Vladimir Micov, Patric Young und Zoran Erceg. Carlos Arroyo, der Aufbau-Star der Türken, ist ohne vorherige Ankündigung nicht im Kader. Sasa Obradovic schickt zu Beginn Clifford Hammonds, Niels Giffey, Reggie Redding, Jamel McLean und Leon Radosevic aufs Parkett.

3.: Sehr nervöser Beginn von Alba. In den ersten Angriffen passen sie auf den Ball nicht auf, bereits drei Ballverluste leisteten sich die Berliner. Bei Galatasaray klappt es besser - Erceg und Carter punkten. 6:0 Galatasaray.

7.: Jetzt kommen die Berliner ins Spiel. Hammonds für drei und mit diesem Wurf kehrt auch die Intensität in der Verteidigung zurück. Zwei Ballverluste von Galatasaray sind die Folge. Stojanovski bringt Alba aus der Midrange ran. 11:9 Galatasaray.

10.: Alba ist voll dabei! Der Dreier von Alex King bringt Berlin in Führung, auf der Gegenseite ist es Erceg, der die Verhältnisse an der Linie wieder gerade rückt. 19:18 Galatasaray zum Viertelende.

14.: Endlich die ersten Punkte von Alba im zweiten Viertel. Endlich die ersten Punkte von McLean. Endlich auch mal Punkte am Korb. Die Berliner brauchen erneut lange, um wieder reinzukommen. Micov für drei im Anschluss. 28:20 Galatasaray.

19.: Mit Marko Banic klappt es für Alba besser am Korb und so ist das zweite Viertel eine Kopie des ersten. King verpasst allerdings diesmal die Chance zur Führung von der Dreierlinie. 32:29 Galatasaray.

24.: Diesmal verpennt Alba nicht den Start des Viertels - und Redding taut auf, erst der Dreier, dann zwei Mal aus der Mitteldistanz. Das Spiel ist jetzt vollkommen offen. 40:38 Galatasaray.

30.: Radosevic kommt frei zum Dunk! Langsam wird es ein Alba-Spiel. Es waren inzwischen sogar schon Berliner an der Freiwurflinie. Gleichzeitig lässt Galatasaray einiges liegen. Mit der Sirene kommt Renfroe zum Leger. Alba führt - 52:48 Berlin.

33.: Galatasaray kommt besser rein in den Schlussabschnitt, auch Erceg ist wieder da. Aber da ist ja auch noch Banic, der sich am Korb durchsetzen kann. Es bleibt spannend. 56:54 Berlin.

37.: Klare Schwächung für Berlin: Hammonds muss mit seinem fünften Foul raus. Radosevic kommt allerdings am Korb zum Erfolg. Dann zwingt die Alba-Defense Galatasaray zu einer Fünf-Sekunden-Übertretung. 62:60 Berlin.

39.: Wow, war es das? Erst haut Redding seinen zweiten Dreier rein und dann nimmt sich Stojanovski ein Herz: Dreier, drin. Danach der Stop. Alles spricht für die Berliner. 68:60 Alba.

"Die NBA is tricky" - Jamel McLean im exklusiven Interview

Der Star des Spiels: Marko Banic. Der Matchwinner und Topscorer war am Ende Reggie Redding, der im vierten Viertel endlich sein gewohntes Spiel zeigte. In den ersten 30 Minuten hielt Marko Banic die Berliner im Spiel. Alle seine 6 erfolgreichen Würfe kamen in Korbnähe zustande. Lange Zeit war er der Einzige, der den Berlinern eine Präsenz am Korb verlieh. Das war vor allem wichtig, da Jamel McLean lange überhaupt nicht ins Spiel fand und nur auf 8 Punkte kam und sich 3 Ballverluste leistete. Banic erzielte "nur" 12 Punkte, die waren allerdings wichtig für Alba.

Der Flop des Spiels: Zoran Erceg. Ohne Carlos Arroyo hing besonders viel vom Topscorer von Galatasaray ab, doch der konnte nicht liefern. Zwar war der Serbe Topscorer der Partie mit 19 Punkten. Die meisten davon erzielte er allerdings im ersten Viertel und mit einem letztlich bedeutungslosen Dreier in der Schlussminute. Nur 5 seiner 17 Wurfversuche fanden ihr Ziel, dafür leistete er sich zusätzlich 4 Ballverluste. Um dieses Spiel gewinnen zu können, hätte vom Gala-Star mehr kommen müssen.

Das fiel auf:

  • Man kommt nicht drumherum, die merkwürdige Atmosphäre des Geisterspiels zu erwähnen. Insbesondere Alba war davon die ersten fünf Minuten anscheinend irritiert. 5 Turnover in den ersten Minuten, 7 im ersten Viertel. Kaum hatten sich die Gäste an die Umstände gewöhnt, lief es besser.
  • Die Berliner kreierten sich in der ersten Hälfte kaum Chancen am Korb. Kaum Penetration von den Kleinen, McLean konnte nicht eingebunden werden. Dadurch entstand auch eine Foul-Diskrepanz, da Galatasaray Richtung Korb deutlich aktiver war und zu Fastbreak-Chancen kam. Konsequenz daraus: 0 Berliner Freiwürfe in Halbzeit eins. Mit Banic lief es besser am Korb und Berlin kam vermehrt zu einfachen Punkten. In der zweiten Hälfte verbesserte sich Berlin in diesem Bereich und konnte das Spiel auch dank guter Quoten für sich entscheiden.
  • Die Berliner Defensive funktionierte wie gewohnt gut - von den Tiefschlafphasen zu Beginn des ersten und zweiten Viertels abgesehen. Ansonsten bauten die Alba-Guards viel Druck auf den Ballführenden auf, doppelten und erzwangen Ballverluste. Auch an den Brettern war Berlin aggressiv. So konnte auch das Reboundduell gegen einen körperlich überlegenen Gegner gewonnen werden.
  • Istanbul musste ohne etatmäßigen Aufbauspieler auskommen. Das scheint gerade gegen diese Alba-Defense wie ein Himmelfahrtskommando. Galatasaray löste das allerdings sehr gut. Der Ballvortrag wurde häufig abgewechselt, Micov, Carter und Guler wechselten sich ab. Der Ball wurde zudem häufig noch von Erceg und Gonlum im Highpost verteilt. Im vierten Viertel fehlte allerdings die Präsenz eines Floor Generals, der das Spiel an sich nehmen und organisieren konnte.
  • Gerade offensiv war das Spiel nicht auf allerhöchstem Niveau. Beide Seiten begingen viele Fehler, die die Gegenseite oft nicht nutzen konnte. Das Spiel gewann die Mannschaft, die in der entscheidenden Phase weniger Fehler machte - das waren in den letzten drei Minuten die Berliner. Und selbst die wollten es zum Schluss noch einmal spannend machen: Zwei Ballverluste in den letzten 40 Sekunden ließen Galatasaray unnötigerweise hoffen.

Der Spielplan im Überblick

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