Goudelock schießt die Bayern ab

Von Max Marbeiter
Die Münchner lieferten Fenerbahce einen intensiven Fight
© getty

Trotz großen Kampf muss sich der FC Bayern München gegen Fenerbahce Ülker mit 86:93 geschlagen geben. Der deutsche Meister hält gut mit, doch Andrew Goudelock ist einfach nicht zu stoppen.

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Vier Spiele, drei Niederlagen. Dazu ein verletzter Anton Gavel, ein angeschlagener Nihad Djedovic - und mit Fenerbahce eines der besten Teams Europas als Gegner. Die Vorzeichen vor dem Spiel waren für die Bayern alles andere als vielversprechend. Und dennoch lieferte der FCB dem Favoriten einen unglaublich intensiven Kampf.

Dass zahlreiche türkische Fans die Tinitus-Gefahr in der Halle deutlich in die Höhe schraubten, schien die Münchner zusätzlich zu motivieren. Erst im dritten Viertel zog Fener ein wenig davon, konnte den deutschen Meister aber nie ganz abschütteln. Der verlor das Duell unter den Brettern zwar erneut (28:31), arbeitete beim Rebound allerdings deutlich konsequenter als zuletzt gegen Zgorzelec.

Vielleicht hätte es am Ende sogar gereicht, wäre Andrew Goudelock nicht komplett heiß gelaufen. Wann immer der Playmaker von draußen hochstieg, war der Ball drin. Fast jedenfalls. Goudelock leistete sich aus der Distanz lediglich 3 Fehlversuche - und das bei 13 Versuchen. Die zehn Treffer von Downtown sind Euroleague-Rekord. Der ehemalige Laker war auch Topscorer der Partie (34 Punkte). Vasilije Micic und Nihad Djedovic kamen für die Bayern auf 16 Zähler

Reaktionen:

Zeljko Obradovic (Fenerbahce): "Das war ein sehr gutes Spiel in exzellenter Atmosphäre. Wir haben erwartet, dass Bayern offensiv und defensiv sehr aggressiv spielen würde. Darauf haben wir uns vorbereitet. In der ersten Halbzeit war der Schlüssel, dass wir viele gute Würfe hatten. Im dritten Viertel haben wir dann besser verteidigt und haben am Ende einen Weg gefunden, zu gewinnen. Natürlich haben wir auch sehr viele Dreier getroffen. Das ist nicht normal."

Svetislav Pesic (Bayern München): "Wir haben heute ein Spiel gesehen, das ich gern öfter sehen würde. Es war nicht nur attraktiv, wir haben auch ansehnlich verteidigt. Natürlich wünscht man sich immer, noch besser zu verteidigen. Wir haben viele sehr gute Entscheidungen getroffen. Ich denke, dass wir gegen ein Team gespielt haben, das am Ende im Final Four stehen wird. Sie sind so erfahren und gut aufgestellt. Gegen so eine Mannschaft, mit so viele Talent und Qualität, muss man in besserer physischer Verfassung sein als wir es sind. Natürlich sage ich nicht, dass wir das Spiel gewonnen hätten, wenn wir in besserer Verfassung wären und alle Spieler an Bord hätten. Jetzt sollten wir weiter so an uns glauben und kämpfen. Kurz vor Schluss waren wir ja sogar noch mal auf vier Punkte dran. Fenerbahce hat verdient gewonnen, aber wir hatten unsere Chance."

Vasilije Micic (Bayern München über Andrew Goudelock): "Gegen so jemanden habe ich noch nie gespielt. Er hat einfach alles getroffen. Es war seine Nacht. Dennoch hatten wir die Chance, zu gewinnen, waren nah dran. Am Ende hätte es tatsächlich noch klappen können. Dennoch haben wir verloren, weil sie einen hatten, bei dem alles geklappt hat. Und dazu noch einen wie Bogdan Bogdanovic. Er hatte bis heute in dieser Euroleague-Saison noch nicht so gut gespielt. Wir haben eigentlich gut verteidigt, alles versucht, aber Goudelock hat alles getroffen. So etwas haben ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Wir haben versucht, ihre Offense zu kontrollieren. Sie haben sehr aggressiv. Dann kamen auch noch Jan Vesely und Nemanja Bjelica dazu, der im dritten Viertel einige wichtige Minuten gespielt hat. Sie hatten einfach einen sehr guten Abend."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tipoff: Die gute Nachricht aus Bayern-Sicht vorweg: Nihad Djedovic sitzt trotz seiner Verletzung aus dem Spiel gegen Alba zumindest einmal auf der Bank. Für die erste Fünf hat sich Coach Svetislav Pesic diesmal etwas Spezielles ausgedacht. Anstelle von Dusko Savanovic und John Bryant starten Vladimir Stimac und Yassin Idbihi. Dazu ersetzt Vasilije Micic den verletzten Anton Gavel. Die übrigen beiden Starter sind bekannt: Heiko Schaffartzik und Robin Benzing.

Zeljko Obradovic schickt Andrew Goudelock, Kenan Sipahi, Bogdan Bogdanovic, Nemanja Bjelica und Oguz Savas zum Tipoff aufs Parkett.

Bayern München vs. Fenerbahce Ülker: Hier geht's zum Boxscore

4.: Idbihi schnappt sich nach Savanovic' Fehlwurf den Offensivrebound und legt den Ball locker durch die Reuse. Im Gegenzug spielt Fener Bogdanovic allerdings schön frei. Der Dreier sitzt. Und was macht Savanovic? Der Serbe antwortet ebenfalls von draußen - 8:7 Fener!

9.: Wieder Offensivrebound für die Bayern. Staiger hat zwar ein wenig Glück, dass der Ball am Ende in den Händen Schaffartziks landet, der macht dann allerdings, was er eben macht. Schaffartzik steigt von draußen hoch - drin! Zoric trifft kurz darauf jedoch den kurzen Jumper - 15:14 Fener!

23.: Ein sensationelles Spiel bislang. Stimac' Dreier fällt ein wenig glücklich, doch Bogdanovic tut es seinem Landsmann gleich und verwandelt ebenfalls von Downtown. Nach Foul von Staiger macht Bogdanovic sogar das Vierpunktspiel draus. Als Goudelock kurz darauf den nächsten Dreier nachlegt, hat Svetislav Pesic genug gesehen. Mit fünf Punkten Rückstand nimmt der Coach die Auszeit.

27.: Die Bayern bleiben dran. Nachdem Bogdanovic nur einen von zwei Freiwürfen trifft, versenkt Benzing den Dreier. Doch der Serbe revanchiert sich. Bogdanovic läuft das Pick-and-Roll mit Vesely - und der Tscheche packt den Dunk aus - 42:39 Fener!

23.: Goudelock ist schlicht nicht zu verteidigen. Mit Djedovic' Hand im Gesicht trifft der Playmaker seinen achten Dreier. Bei neun Versuchen - 58:48 Fener!

27.: Seltenes Bild: Stimac zieht von der Dreierlinie mit Nachdruck zum Korb und vollendet. Bjelican antwortet jedoch umgehend - 69:57 Fener!

32.: Kein guter Start ins Schlussviertel für die Bayern. Bjelica trifft den Dreier aus der Ecke, Savanovic leistet sich den Ballverlust und als der Ball schlussendlich bei Goudelock landet, ist klar, wie die Sache endet. Der Point Guard trifft natürlich von draußen. Dreier Nummer neun - bei elf Versuchen. Unfassbar!

36.: Schaffartzik bringt die Bayern von der Linie bis auf sechs Punkte ran. Doch Goudelock übernimmt. Natürlich sitzt der Dreier - 83:74 Fener!

39.: Djedovic verkürzt von draußen 84:88. Kurz wird's spannend - am Ende reicht es aber nicht mehr...

Der Star des Spiels: Andrew Goudelock war von den Bayern zu keiner Zeit zu kontrollieren. Erst Recht nicht, da der ehemalige Los Angeles Laker schnell seinen Rhythmus von draußen fand. Somit war Absinken für den Verteidiger keine Option mehr. Denn ließen die Bayern Goudelock Platz, traf er unglaublich sicher von Downtown (10/13 3FG - Euroleague-Rekord!). Versuchten sie, Feners Playmaker unter Druck zu setzen, zog er am Gegenspieler vorbei und kreierte für sich oder seine Mitspieler die Wurfmöglichkeiten.

Der Flop des Spiels: Vielleicht müsste sich Robin Benzing gerade jetzt ein wenig mehr zutrauen. Am Ende nahm der Nationalspieler lediglich 5 Würfe und war offensiv nur selten der erhoffte Faktor.

Das fiel auf:

  • John Bryant bekam während der vergangenen Spielen häufig früh Foulprobleme, der FCB auch deshalb Schwierigkeiten beim Rebound. Zudem fehlte den Bayern ohne ihren Center häufig die erste Offensivoption im Lowpost. Beidem wollte Coach Pesic diesmal offenbar vorbeugen und ließ Vladimir Stimac gemeinsam mit Yassin Idbihi starten. Da Nemanja Bjelica für Fener auf der Vier begann und seinen Gegenspieler immer wieder weit hinaus zog, musste Pesic sein Experiment schnell korrigieren. Duskso Savanovic kam für Stimac.
  • Auch Bryant kam schnell ins Spiel. Der Grund: Oguz Savas nutzte seine Masse in den ersten Minuten zu einigen erfolgreichen Lowpost-Aktionen gegen den körperlich unterlegenen Idbihi. Gegen den kräftigeren Bryant tat sich Savas in der Folge ein wenig schwerer.
  • Die Bayern verteidigten unglaublich engagiert. Waren die Guards und Flügel geschlagen, kam umgehend die Hilfe. Auch unter dem Brett rotierten die Big Men effektiv und störten Fener so häufig beim Abschluss am Korb.
  • Mit Andrew Goudelock und Bogdan Bogdanovic besitzt Fenerbahce im Backcourt einen gefährlich Mix aus Speed, Finesse und Wurfstärke. Genau das nutzten die Türken. Viele Angriffe liefen über Bogdanovic, der zeitweise auch auf die Drei auswich, und Goudelock.
  • Jan Vesely lieferte den Bayern ein unangenehmes Mismatch. Speziell, sobald der Tscheche als Blocksteller im Pick-and-Roll eingesetzt wurde. Dank seiner Athletik war Vesely von Bayerns Big Men dann einfach nicht zu packen, rollte unglaublich schnell Richtung Korb und hatte so meist freie Bahn für einfach Punkte.
  • Auch die Bayern packten das Pick-and-Roll immer wieder aus. Allerdings in klassischer Form. Bryant und Stimac bekamen Ball nach dem Abrollen in schöner Regelmäßigkeit serviert - und trafen auch.
  • Die Frage von der Henne und dem Ei: Da Goudelock unglaublich heiß lief und auch Feners übrige Schützen einen guten Rhythmus fanden, waren die Türken für die Bayern extrem schwer zu verteidigen. Fenerbahces Inside-Out-Spiel und Ballmovement lief sehr effektiv ab, was wiederum die Schützen begünstigte.
  • Jan Vesely beinahe ein gesamtes Viertel auf der Bank? Bogdan Bogdanovic ebenfalls? Kein Problem, man hat ja noch Nemanja Bjelica, Emir Preldzic oder Ricky Hickman. Zeljko Obradovic nutzte auch in München die gesamte Tiefe seines exzellent besetzten Kaders, was die Aufgabe für die dezimierten Bayern, bei denen auch Jan Jagla mit Rückenproblemen fehlte und die mit einer Achterrotation spielten, deutlich erschwerte.

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