Clasico-Wahnsinn um Europas Krone

Von Max Marbeiter
Sergio Rodriguez (l.) und Real trafen bereits im vergangenen Jahr auf Ante Tomic' Barca
© getty

Das Final Four der Euroleague steht an. In Mailand spielen Real Madrid, der FC Barcelona, Maccabi Tel Aviv und ZSKA Moskau die europäische Krone aus. SPOX wirft einen Blick auf die Halbfinalpaarungen.

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FC Barcelona - Real Madrid (Fr., 21 Uhr im LIVE-TICKER)

Ausgangslage: FC Barcelona. Real Madrid. Zwei der besten Basketballteams des Kontinents. Zwei erbitterte Rivalen, deren sympathische Gefühle füreinander ähnlich intensiv sein dürften, wie jene, die Michael Jordan einst für Detroits Bad Boys hegte. Und als wäre all das noch nicht genug, lieferte das diesjährige Finale der Copa del Rey einen Prolog, der dem zweiten Halbfinale eine - zugegeben - nicht zwingend notwendige, zusätzliche Dramaturgie verleiht.

Nach einem unglaublichen Hin und Her in den finale Sekunden hatte Brad Oleson Barca soeben per Dreipunktspiel mit einem Zähler in Führung gebracht. Real blieben 8 Sekunden. 8 Sekunden, die Reals Sergios, Rodriguez und Llull, für ein Assist-Jumper-Duett genügten, das jubelnde Madrilenen und niedergeschlagene Katalanen hinterließ. Der ganz normale Clasico-Wahninn.

Nun folgt also die Fortsetzung. Mit sicherlich ähnlicher Intensität, kaum weniger Spannung, dafür aber deutlich gesteigerter Anspannung. Denn Real ist auf einer Mission. Nach der bitteren Final-Pleite aus dem vergangenen Jahr gegen Olympiakos, als man eine deutliche Führung am Ende noch verspielte, soll endlich die so herbeigesehnte neunte europäische Krone her. Schließlich ist Real zwar der erfolgreichste Klub im europäischen Basketball, wartet jedoch seit 1995 auf den nächsten ganz großen Titel.

Und genau deshalb starteten die Madrilenen mit einer Jetzt-sind-wir-dran-Attitüde in die Saison, die sie monatelang zum beeindruckendsten Team Europas machte. Die heimische Liga wurde auf unglaubliche Art und Weise dominiert. Erst am drittletzten Spieltag brachte "Verfolger" Valencia Real die erste Saisonniederlage bei. In der Euroleague marschierte das Team von Coach Pablo Laso ungeschlagen durch die Vorrunde.

Immer mit im Gepäck: Spektakulärer Transition-Basketball, knallharte Defense und ein Teamplay, das Laso, dem besten spanischen Assist-Geber der Geschichte, alle Ehre macht. Real beeindruckt. Auch dank der unglaublichen Ausgeglichenheit im Kader. Mit den Top 16 erhielt das Image der Unbesiegbaren jedoch leichte Risse. Gegen Moskau, Kaunas und die Bayern wurde verloren, weshalb man im Viertelfinale schlussendlich auf das Trauma aus dem Vorjahr traf. Olympiakos.

Fünf unglaublich enge, intensive Spiele später wartet im Final Four nun der ewige Rivale. Und der hat rechtzeitig zur entscheidenden Saisonphase seine Form gefunden. Nach einer durchwachsenen Vorrunde entwickelten sich die Katalanen zum heißesten Team der Top 16. 12 Siege, nur 2 Niederlagen, die sich Barcelona noch dazu erst an den letzten beiden Spieltagen einhandelte.

Es folgten die Playoffs - und mit ihnen eine Demonstration, die ein völlig desillusioniertes Galatasaray hinterließ. 3 Spiele. 3 Barca-Siege. 2 mit mehr als 20 Punkten. Einzig Juan Carlos Navarros Oberschenkelverletzung aus Spiel 2 bereitet Coach Xavi Pascual ein wenig Sorgen. Ist der Kapitän fit für Milan? So oder so: Barcelonas Tiefe beeindruckt, dazu besitzen die Katalanen jede Menge Scorer und mit Ante Tomic einen Big Man, der es bestens versteht, seine Mitspieler einzusetzen.

Ante Tomic im Interview: "Pleiß ist immer eine Herausforderung"

Nun also Real. Der Saisonverlauf, die Historie, die Rivalität - all das verspricht ein episches Halbfinale. Und wem das noch nicht genügt, dem seien einige Namen vor Augen geführt. Navarro, Tomic, Marcelinho Huertas, Erazem Lorbek, Kostas Papanikolaou auf der einen, Rudy Fernandez, Nikola Mirotic, Sergio Rodriguez, Sergio Llull, Felipe Reyes und Ioannis Bourousis auf der anderen Seite. Viel mehr Qualität hat der europäische Basketball diesseits des Atlantik nicht zu bieten. Es ist angerichtet.

Das Schlüsselduell: Lorbek/Tomic vs. Mirotic/Bourousis. Die Guard-Rotationen beider Teams sind beeindruckend. Was Real und Barca unter den Brettern anbieten, steht dem allerdings in nichts nach. Ante Tomic ist der wohl beste Center der Euroleague, wurde in dieser Saison als erster Spieler überhaupt zweimal in Folge zum MVP des Monats gekührt. Tomic' Passfähigkeiten suchen auf der Fünf ihresgleichen.

Auf der anderen Seite steht mit Nikola Mirotic einer der besten Basketballer des Kontinents, der noch dazu Objekt Chicagoer Begierden ist. Der Power Forward beherrscht das Spiel am Zonenrand ebenso gut wie den Wurf aus der Distanz. Unterstützt werden die beiden Edel-Big-Men von Erazem Lorbek und Ioannis Bourousis. Erfahrung pur. Das Duell unter den Brettern dürfte sich auf allerhöchstem Niveau abspielen - und am Ende mitentscheidend für den Finaleinzug sein.

Der X-Faktor: Sergio Rodriguez. Früher pendelte "El Chacho" häufig zwischen Genie und Wahnsinn. Mittlerweile gewinnt der innere Einstein jedoch meist gegen sein Mr. Hyde'sches Pendant. Rodriguez' Alley-Oop-Anspiele auf Rudy Fernandez reißen die Massen aus den Sitzen, sein tödlicher Dreier (48,78 Prozent, Euroleague-Rang vier) verbreitet Angst und Schrecken. In Sachen Performance Index Rating (27,71) liegt der Guard auf 40 Minuten hochgerechnet Euroleague-weit auf Rang zwei hinter Ante Tomic.

Von der Bank bringt Rodriguez Real Energie, Playmaking und Shooting. In der Crunchtime ist er dank seiner Abgezocktheit immer gut für das entscheidende Play - so auch bei seinem Pass auf Llull im Finale der Copa del Rey. Bekommt Barca Rodriguez nicht in den Griff, sinken die Chancen auf den Final-Einzug erheblich.

Prognose: Barca hat sich im Laufe der Saison enorm gesteigert und zog als erstes Team ins Final Four ein. Die Katalanen wirken wohl ausbalanciert, einzig Juan Carlos Navarros Fitnesszustand bereitet noch Sorgen. Auf der anderen Seite tat sich Real gegen Olympiakos zwar schwer, besiegte in Spiel 5 allerdings gleichzeitig sein Trauma aus der Vorsaison. Die Madrilenen wollen den Titel unbedingt, sind noch dazu das leicht bessere Team. Dazu ist Scharfschütze Jaycee Carroll nach langer Verletzungspause wohl wieder dabei. Deshalb: Real zieht ins Finale ein.

Seite 1: Barcelona vs. Real

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