"Die Bayern haben alles richtig gemacht"

Von SPOX
Nihad Djedovic (M.) wechselt zur neuen Saison von Alba Berlin zum FC Bayern Basketball
© getty
Cookie-Einstellungen

4. In Nihad Djedovic steckt ein europäischer Superstar

Florian Regelmann: Ein klares Ja, die Bayern haben mit seiner Verpflichtung alles richtig gemacht. Ich habe mich spätestens beim Supercup in Ulm ein bisschen in Djedovic verliebt. Man muss sich schnellstens von der Denke verabschieden, dass Mirza Teletovic bei den Bosniern der Star wäre, nur weil er in der NBA sein Geld verdient. Teletovic kann ohne Zweifel heiß laufen, aber er ist auch vogelwild und ballert größtenteils einfach ohne Sinn und Verstand drauf, wir denken kurz an seine 3 Airballs in Serie gegen Detroit... unfassbar, der Typ! Nein, der bosnische Star ist Djedovic. Der Junge ist ein absoluter Instinktbasketballer, er kann ziehen, er kann schießen, er kann als Flügelspieler den Einser geben - er hat das komplette Paket. Und er wirkt von der Persönlichkeit extrem reif, was auch kein Wunder ist, wenn man bedenkt, wie viele Stationen er schon hinter sich hat im europäischen Ausland. Bei Alba waren seine Leistungen noch viel zu schwankend, aber ich bin sicher, dass Svetislav Pesic, der ja so auf Djedovic steht, ihn zu einem großen europäischen Spieler formen kann und wird. Sein großes Vorbild ist ja passenderweise Manu Ginobili. Ob er so eine Karriere starten und sich auch in der NBA einmal so überragend durchsetzen kann, ist schwer zu sagen. Die Voraussetzungen hat er aber allemal. Es gibt für mich auch kaum einen Spieler, der so elegant ist und bei dem es so Spaß macht zuzuschauen.

Philipp Dornhegge: Sorry Flo, aber diese Begeisterung kann ich überhaupt nicht teilen. Klar ist Djedovic ein Instinktbasketballer, der Spaß macht. Oder besser machen kann. Er hat nämlich auch großes Frustpotenzial. Insbesondere sein Wurf ist für mich ein rotes Tuch, seine Technik extrem ausbaufähig. Die Bewegung ist zu langsam, die Beinstellung inkonstant. Nicht umsonst wirft er unter 25 Prozent von der Dreierlinie und nur 70 Prozent von der Freiwurflinie. Bei einem Flügelspieler würde ich da nicht von "er kann schießen" sprechen. Mit 23 Jahren ist er natürlich noch jung. Aber auch nicht mehr so jung, dass sich sein Wurf eklatant verbessern wird innerhalb einer Saison. Auf der anderen Seite gefällt mir seine Spielübersicht und die Reboundarbeit, die für einen Spieler seiner Größe wirklich ordentlich ist. Aber wenn er ein potenzieller Superstar wäre, würde Djedovic dann nicht eher in Spanien oder Griechenland spielen statt bei Alba und den Bayern? Für einen Spieler, der bereits mit 16 als kommender Star galt, hat er sich einfach zu wenig entwickelt und ich habe Zweifel, dass er den entscheidenden Schritt noch machen wird. Vielleicht tut ihm Pesic tatsächlich gut, es wäre ihm zu wünschen. Aber das möchte ich erst sehen. Zur EM: Da trifft Bosnien auf Lettland, Montenegro, Mazedonien, Serbien, und Litauen. Da sehe ich nicht, dass er sein Land - egal, wie gut er spielt - irgendwie in die Zwischenrunde hieven kann.

Frank Buschmann: Ich halte sehr viel von Djedovic, das habe ich immer wieder gesagt. Und er bekommt von Aco Petrovic nahezu alle Freiheiten. Dennoch darf man sich nicht blenden lassen. Im Supercup beim Sieg gegen Deutschland resultierten die meisten Punkte nach einem Fastbreak per Layup. Das wird gegen starke Transition-Defense-Teams nicht so einfach sein - und dann muss er im Setplay funktionieren. Es wird interessant zu beobachten, ob er den Schritt macht, den auch Svetislav Pesic bei den Bayern von ihm erwartet. Daher: Gleich von europäischem Superstar zu sprechen, geht mir zu schnell. Vom wen ich viel erwarte, ist Russlands Shved. Die NBA-Freaks kennen ihn natürlich, aber jetzt könnte er den Sprung nach ganz oben schaffen. Schon bei der WM 2010 fand ich ihn fantastisch. Ich schaue ihm gerne zu, Basketball-IQ, Geschmeidigkeit, alles dabei. Extrem gespannt bin ich auch auf Jonas Valanciunas. Er ist kein Geheimtipp, aber er könnte auf dem höchsten Level das Coming Out feiern.

Haruka Gruber: Was Djedovic anbelangt, bin ich ganz bei Phil. Djedovic ist ein Player to watch - allerdings müssen wir bei aller Aufruhr nach dem Bayern-Wechsel und dem guten Supercup nüchtern bleiben und uns die Frage stellen: Seine Vita und sein Talent machen neugierig - aber was hat er bisher de facto geleistet? Mit 23 Jahren zählt er nicht mehr zu den Talenten, dennoch gelang es ihm nicht, die BBL zu dominieren. Bei ALBA war er nur ein Rollenspieler, kein Go-to-Guy. Von daher: Für ihn kann es nur darum gehen, mit Bosnien so zu überzeugen, dass ihm bei den Bayern nächstes Jahr eine wichtige Rolle sicher ist. Alles andere ist viel zu früh. Viel gespannter bin ich auf Italiens Alessandro Gentile. Er wird wegen den vielen Ausfällen bei Italien massig Minuten auf den Flügeln bekommen. Anfang der letzten Saison war er leider verletzt, hat aber in den italienischen Playoffs im 7-Spiele-Epos gegen Montepaschi gezeigt, dass er neben Karasev und Schröder der vielleicht talentierteste U-21-Spieler Europas ist.

These 1: Deutschland in Bestbesetzung wäre ein Medaillenkandidat

These 2: Mit Tibor Pleiß steht und fällt das deutsche Spiel

These 3: Der Geheimfavorit auf den Titel heißt Slowenien

These 4: In Nihad Djedovic steckt ein europäischer Superstar

These 5: Griechenland wird die Negativüberraschung