DBB blamiert sich gegen die Niederlande

Paul Zipser
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Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft (2-1) hat ihr drittes EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande (1-2) mit 71:75 verloren. Die DBB-Auswahl kam zwar gut ins Spiel, brach nach wenigen Minuten aber völlig ein. Offensiv fehlten die Ideen, während die Defensive Charlon Kloof nicht in den Griff bekam. Die EM 2017 steht damit auf der Kippe.

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Nach den beiden Siegen gegen Österreich und Dänemark hat Deutschland zwar eine positive Bilanz, muss sich die Tabellenführung aber nun mit den die punktgleichen Niederländern und Österreichern teilen. Damit kommt es beim Rückspiel am 17. September voraussichtlich zum Showdown um den Gruppensieg. Zur Erinnerung: Nur der Erstplatzierte qualifiziert sich für die EM 2017, während die Zweitplatzierten auf die Konstellation in den anderen Gruppen schauen müssen. Die vier besten Zweiten wären ebenfalls dabei.

Bei der unerwarteten Niederlage in Oberhausen fanden einzig Paul Zipser (14 Punkte) und Daniel Theis (11 Punkte, 8 Rebounds) zu ihrer Normalform, während der Rest des Teams ein Totalausfall war. Auch defensiv fehlte es phasenweise komplett an Abstimmung, sodass vor allem Point Guard Charlon Kloof (22 Punkte, 8 Rebounds, 3 Assists) machen konnte, was er wollte.

Die Reaktionen:
Bastian Doreth: "In der Offensive lief nichts zusammen. Wir haben uns von deren Wechsel zwischen Mann-Mann-Verteidigung und Zone aus der Ruhe bringen lassen. Am Ende waren wir nicht physisch genug."

Robin Benzing: "Wir haben gut angefangen und die Holländer nicht ins Spielen kommen lassen. Aber dann haben sie schwierige Würfe getroffen. Auch die Leute, die eigentlich keine Werfer sind. Kloof war ausschlaggebend, wenn er gut spielt, spielen die anderen auch gut. Sie haben sich hier viel zu wohl gefühlt."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tip-Off: Bundestrainer Chris Fleming verzichtete auf Experimente und schickte Lo, Vargas, Zipser, Barthel und Pleiss von Beginn an aufs Feld. Sie bekamen es mit Kloof, Schaftenaar, Voorn und den beiden De Jongs (Nikolas & Worthy) zu tun.

1. Viertel: Anders als gegen Österreich verpennten die Deutschen diesmal nicht den Start und fanden mit guter Defense- und Rebound-Arbeit schnell ins Spiel. Offensiv kreierten meist Lo und Zipser die Abschlüsse, ohne zu überhasten. Die daraus resultierenden offenen Würfe fielen zunächst hochprozentig rein (13:4). Nach einer Auszeit der Gäste war aber Schluss mit lustig - denn die Niederländer verteidigten fortan aggressiver. Deutschland blieb minutenlang ohne Punkte, ehe Voigtmann per Dreier den Bann brach: 19:16.

2. Viertel: Wieder gehörte die Anfangsphase den Deutschen. Dank starker Aktionen von Theis - am Brett und von außen - zogen sie wieder auf 9 Punkte davon (27:18). Durch jede Menge Fouls ging dann aber der Spielfluss flöten, erst ein perfekter Alley-oop von Lo auf Zipser brachte den nächsten Erfolg aus dem Spiel. Abschütteln ließ sich die Oranje aber nicht, denn sie traf ihre Dreier und war geschickt darin, Mismatches zu kreieren und auszunutzen. Wenige Minuten vor der Halbzeit durchlebten Zipser und Co. die nächste Wurfflaute und ein Vierpunktspiel von Kloof brachte die Niederländer gar in Führung: 35:40.

3. Viertel: Zwar trafen Vargas und Lo frühe Dreier, doch die Kontrolle des Spiels hatte nach wie vor die Niederlande. Das lag vor allem daran, dass sie einen Offensiv-Rebound nach dem anderen einsammelte - irgendwann sprang dann halt ein guter Abschluss heraus. Deutschland biss sich nach wie vor die Zähne aus und konnte den Rückstand im dritten Durchgang nicht umbiegen, auch wenn sich die Verteidigung im Backcourt verbessert zeigte: 52:57.

Deutschland-Niederlande: Hier geht's zum BOXSCORE

4. Viertel: Durch Treffer von De Jong aus der Halbdistanz und dem Lowpost zogen sie Gäste auf 63:57 davon. Fleming versuchte, das Ruder mit einer kleinen und schnellen Aufstellung herumzureißen - doch es waren zu viele Flüchtigkeitsfehler und offene Fehlwürfe dabei. Auf der anderen Seite begann die Offense früh, viel Zeit von der Uhr zu nehmen, woraufhin die DBB-Auswahl ungeduldig wurde und alles nur noch schlimmer wurde. Nach mehreren Ballverlusten wurde der Abstand dann erstmals zweistellig (57:67). Ein Dreier von Zipser und Freiwürfe von Lo ließen noch einmal Hoffnung aufkeimen, doch am Ende spielten die Niederländer die Uhr runter und trafen ihre Freiwürfe.

Der Star des Spiels: Charlon Kloof. Auch wenn er 18 seiner 22 Punkte in der ersten Halbzeit erzielte, war er Dreh- und Angelpunkt der niederländischen Offense. Er zog stets zwei oder drei Verteidiger auf sich und fand dann den freien Mann - wobei sein Spiel mit nur 2 Ballverlusten nahezu fehlerfrei blieb. Zudem half er seinem Team auch am Brett und holte 8 Rebounds (3 davon offensiv).

Der Flop des Spiels: Tibor Pleiß. Der Center wirkte wie ein Fremdkörper. Er war weder im Pick-and-Roll noch im Post ein Faktor und blieb ohne Treffer aus dem Feld (2 Punkte, 0/4 FG). Auch in der Defense zog er gegen Nicolas De Jong meistens den Kürzeren und schaffte es nicht, Dominanz beim Rebound auszustrahlen.

Das fiel auf:

  • Zu Beginn war meist Maodo Lo der Ausgangspunkt des Halbfeldspiels. Er sollte mit seinen Drives die Defense zusammenziehen und den Ball dann wieder raus passen. Erst dann wurde - gerne von Zipser - gegen die aus der Balance gebrachte Defense das eigentliche Pick-and-Roll eingeleitet. Das funktionierte in den Anfangsminuten auch sehr gut, allerdings durchschaute Gäste-Coach Toon van Helfteren den Plan recht zügig und passte seine Defensiv-Rotation entsprechend an. Deutschlands Offense blieb einer Antwort darauf schuldig und hatte mehrere planlose Phasen.
  • Planlos war auch die Defense gegen Charlon Kloof, der im zweiten Viertel heiß lief und einen Dreier nach dem anderen versenkte. Seine Verteidiger machten es ihm sehr einfach, indem sie beim Pick-and-Roll den langen Weg über den Blocksteller hinweg wählten und auch der Gegenspieler des Abrollers keine Anstalten machte, den Wurf zu stören. Die von Fleming eingestreute 3-2-Zonenverteidigung verfehlte ebenfalls ihre Wirkung.
  • Nach dem Seitenwechsel bekam die Defense Kloof besser in den Griff, indem sie seine Pick-and-Rolls aggressiv doppelte und in den kurzen Passwegen ein hohes Risiko ging. Dadurch klafften allerdings große Lücken am Brett, die entweder zu einfachen Gegenpunkten führten oder zu Offensiv-Rebounds der Gäste. Bezeichnend war eine Sequenz am Anfang des dritten Viertels, als die Niederländer weit über eine Minute am Stück (vier Rebounds) in Ballbesitz blieb.
  • Paul Zipser riss 33 Minuten ab und versuchte alles, um sein Team im Spiel zu halten. Hinten knöpfte er sich Kloof vor und hielt ihn besser in Schach als seine Kollegen, vorne penetrierte er immer wieder zum Brett und suchte seine Mitspieler. Da die Defense sich aber ungestraft auf den Bulls-Rookie konzentrieren konnte, war auch er machtlos.

Die deutsche EM-Qualifikationsgruppe in der Übersicht

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