Der beste Tiger seit Shaq

Von Robin Küffner
Ben Simmons gilt als größtes Louisiana-State-Talent seit Shaquille O'Neal
© getty

In der NBA wackeln die Netze bereits wieder, am Freitag startet endlich auch der College Basketball in die neue Saison. Die North Carolina Tar Heels haben mal wieder Grund zum feiern, Ben Simmons wird der überragende Spieler und der Top-Pick im nächsten Draft. Oder nicht? Sicher ist nur, dass mindestens eine Regeländerung das Spiel enorm beeinflussen wird.

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Es geht wieder los! College Ball startet am Freitag in die nächste Runde - und wer nach der Saison unbeschadet die March Madness übersteht, der kann am 4. April in Houston das ganze Land in Ekstase versetzen. Und danach steht ja auch noch ein Draft an...

Kurzer Rückblick: Das letzte Finale entschieden die Duke Blue Devils mit 68:63 gegen die Wisconsin Badgers für sich. Beide waren, nach jeweils nur vier Niederlagen, in ihren jeweiligen Regionen an eins gesetzt in die Postseason gestartet und spielten sich souverän ins Championship Game. Überragender Mann im Endspiel war dann Tyus Jones (23 Punkte), der in der zweiten Hälfte das Spiel übernahm und den Blue Devils die Führung sicherte.

Jones verließ Duke später als einer von drei Erstrundenpicks neben Jahlil Okafor und Justise Winslow, Wisconsin verlor Frank Kaminsky und Sam Dekker. Die Badgers werden daher nicht mehr so hoch gehandelt (im alljährlichen Preseason-Ranking der Associated Press sind sie auf Platz 17 gelistet), Duke geht als Nummer fünf in die neue Spielzeit. Unser Favorit auf den ganz großen Wurf ist in diesem Jahr aber der Rivale aus Chapel Hill.

Skandale in der Offseason

Doch bevor es um den Sport geht müssen wir uns (leider) noch um die Skandale des Sommers kümmern. Da wäre North Carolina, das im Zuge von Ermittlungen wegen Akademischen Betrugs in diesem Jahr Schwierigkeiten im Recruiting bekam. Da wäre Syracuse, dem wegen unerlaubten Vorzügen für seine Sportler und nicht spielberechtigten Athleten 108 Siege aberkannt wurden und das sich selbst eine Postseason-Sperre auferlegte.

Da wäre Southern Methodist, das unter anderem wegen Betrugs und unethischen Verhaltens eine Postseason-Sperre und eine Recruiting-Strafe erhielt. Und da wäre natürlich Louisville, Champion von 2013. Dort kam ans Licht, dass Assistenzcoach Andre McGee für die Spieler Stripperinnen und Prostituierte engagiert hat. McGee war daraufhin umgehend von seinem neuen Job bei der University of Missouri Kansas City zurückgetreten. Head Coach Rick Pitino - selbst kein Unbekannter, was das eine oder andere Skandälchen angeht - wird aber "nicht zurücktreten und die Fans im Stich lassen." Er werde "die Anschuldigungen nicht bestreiten, sondern für Aufklärung sorgen", sagte er zu ESPN. Wir sind gespannt.

Aber genug - kümmern wir uns lieber um den Ball.

UNC wieder im Rennen

Roy Williams geht in seine mittlerweile dreizehnte Saison als Head Coach der North Carolina Tar Heels. Genau - die Tar Heels, bei denen ein gewisser Michael Jordan von 1981-1984 seine Sneaker schnürte. Williams' ersten sechs Jahre? Glamourös. Mit zwei National Championships und einer weiteren Teilnahme im Final Four schien man eine neue Ära begründet zu haben und es gab keinen Grund zur Annahme, dass man die erlangte Rolle als Top-Team wieder verlieren würde.

Die nächsten sechs Jahre? Trist. Man erreichte nur dreimal die Sweet Sixteen, zweimal die Elite Eight, verpasste 2010 sogar das Tournament und feierte seit 2008 keine ACC-Meisterschaft mehr. Im letzten Jahr war in den Sweet Sixteen Endstation, als das Spiel gegen Wisconsin mit 72:79 verloren ging. Wird dieses Jahr wieder alles anders? Immerhin geht North Carolina zum neunten Mal als No. 1 der AP-Poll in eine Saison - das ist Rekord, bisher teilten sie sich diesen mit den UCLA Bruins.

Den NBA-Draft überstanden die Tar Heels dementsprechend nahezu unbeschadet, was allerdings alles andere als ein Problem ist. Nur J.P. Tokoto wurde gezogen - der war zwar wohl der beste Spieler der letzten Jahre, hat aber Backups, die ihn ersetzen können. Forward Theo Pinson zum Beispiel, der als Freshman lediglich auf zwölfeinhalb Minuten kam, von vielen aber als Shut-down-Verteidiger angesehen wird. Oder Swingman Justin Jackson, der sein Potential jetzt voll ausschöpfen könnte.

Wie gut ist Marcus Paige?

Ein weiterer Faktor wird die Produktivität von Marcus Paige. Der Point Guard wurde vergangene Saison von Fußverletzungen geplagt, konnte aber trotzdem 14.5 Punkte pro Spiel auflegen und hatte eine Wurfquote von über 41 Prozent. Nicht nur die Quote bei seinen Dreipunktwürfen (40 Prozent), sondern auch die Anzahl der Treffer (fast 50 Prozent aller Dreier des Teams) stimmte. Dieses Jahr wird er allerdings Spiele verpassen: Ein Handbruch setzt ihn für die ersten zwei bis drei Wochen außer Gefecht.

Wenn eines für die Jungs aus Chapel Hill spricht, dann die Tiefe im Kader. Neben Joel Berry II könnte also Theo Pinson im Backcourt auflaufen, der den Tar Heels fehlende Größe, Athletik und defensive Stabilität bringt. Mit Junior Nate Britt steht eine erfahrene Alternative bereit, in Freshman Kenny Williams gibt es aber auch einen jungen Guard, der vor allem im Scoring das Fehlen von Paige auffangen könnte. Die Verletzung von Paige ist zum Anfang der Saison vor allem nicht desaströs, weil andere Spieler Minuten sammeln, Eindrücke hinterlassen und Alternativen entwickeln können.

North Carolina hat nicht das gewohnte NBA-Talent, gespickt mit potenziellen Top-Picks. Es hat auch nicht die Klasse vom Championship-Team 2009. Sie machen nicht im Schlaf 100 Punkte. Aber UNC anno 2015 hat Tiefe, Länge und Erfahrung. Angeführt von Paige und mit aufstrebenden Spielern wie Jackson kommen die vier besten Scorer der letzten Saison zurück, was den Tar Heels die Chance auf ein weiteres Banner bietet.

Wobei: Andere Coaches haben auch gute Spieler...

Seite 1: Von Skandalen und Favoriten

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