"War nur von Kornfeldern umgeben"

Von Interview: Jan Zesewitz
Akeem Vargas gilt als einer der besten Verteidiger der BBL
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SPOX: Wie löst Obradovic und das Team die Problematik der Doppelbelastung mit der Euroleague? Die ist für Sie und einige andere Spieler schließlich neu. Was verändert sich dadurch?

Vargas: Wir spielen eine sehr große Rotation. Darum ist das kein großes Problem für uns. Die Vorbereitung auf die Euroleague läuft so wie sie im vergangenen Jahr auch war. Dank der Videosessions und unserer Assistant Coaches sind wir immer sehr gut eingestellt. Es ist sehr wichtig, dass jeder Spieler topinformiert ist über den Gegner. Vielleicht lassen sich da die zwei oder drei Prozent herausschöpfen, die am Ende den Unterschied machen.

SPOX: Fällt es in der Euroleague schwerer, Ihren Spielstil, der immer viel Druck auf den Gegner aufbaut, durchzuziehen?

Vargas: Natürlich. Diese Teams muss man noch härter angehen, weil sie so starke Einzelkönner haben. Zum Beispiel Moskau mit Milos Teodosic. Man wird es nicht schaffen, ihn komplett aus dem Spiel zu nehmen. Dafür ist er als einer der besten Point Guards in Europa einfach zu gut. Man muss versuchen, den Druck über 40 Minuten hochzuhalten. Das ist uns in den ersten Spielen nicht so gut gelungen, darum waren wir in diesen auch nicht erfolgreich.

SPOX: Wie verändert sich für Sie selbst die Vorbereitung?

Vargas: Ich bereite mich immer gleich auf meine Gegner vor - egal ob BBL oder Euroleague. Ich schaue mir den Gegner in den Videosessions mit der Mannschaft an und bereite mich zudem individuell auf meinen direkten Gegenspieler vor. Dafür versuche ich im Vorfeld immer, zwei ganze Spiele des Gegners anzusehen, um zu sehen: Wann braucht er eine Pause? Wie reagiert er, wenn es mal nicht so gut läuft? Ich bereite mich also immer sehr intensiv vor.

SPOX: Nun zu Ihren Anfängen: Sie sind erst mit 15 zum Basketball gekommen - was hat so lange gedauert?

Vargas: Ich habe wie ungefähr jeder sportbegeisterte Junge in Deutschland mit Fußball angefangen. Das war meine erste große Liebe. Basketball hatte ich zunächst gar nicht auf dem Schirm, das kam erst später.

SPOX: Als es dann endlich gefunkt hatte, haben Sie sich auch in den USA versucht, allerdings an einem kleinen College, da Sie bereits professionell Basketball in der Pro B gespielt hatten. Darum durften Sie nicht in der NCAA spielen. Was sind Ihre Erinnerungen an diese Zeit?

Vargas: Zunächst war es natürlich sehr ärgerlich, dass ich keine Spielberechtigung erhalten habe. Der Schritt war dennoch richtig. Das Jahr bei in Iowa Lakes hat mich menschlich weitergebracht. Alles läuft dort familiärer ab, jeder Professor kennt die Namen der Studenten. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf den Basketball dort. Die Leute erkennen einen auf der Straße. Das Team war auch klasse, ich habe mich sehr wohlgefühlt - obwohl ich dort nur von Kornfeldern umgeben war. Außerdem bin ich mental stärker geworden. Im direkten Duell mit den Amerikanern habe ich gemerkt, dass sie anders an die Sache herangehen, dass es für sie nicht nur ein Spiel ist. Das hat mir gerade auch in der schwierigen Zeit in Tübingen einen Schub gegeben.

SPOX: Dann sind Sie aber doch nach Deutschland zurückgekehrt, obwohl sie nach einem Jahr für die NCAA spielberechtigt gewesen wären. Weshalb?

Vargas: Es gab Angebote von Colleges, aber ich habe gemerkt, dass mit der Spielstil dort eigentlich nicht so sehr liegt. Es ist doch sehr auf das Eins-gegen-Eins ausgerichtet. Daher habe ich gemeinsam mit meiner Familie beschlossen, dass es für meine Entwicklung besser wäre, wieder in Europa zu spielen, um mich besser an das europäische Spiel zu gewöhnen und anzupassen.

SPOX: Ein Teil Ihres Spiels, der Trash Talk, passt allerdings auch in die USA. Seit wann machen Sie das schon?

Vargas: Wenn man ein guter Verteidiger ist, ist man automatisch im Kopf seines Gegenspielers. Der Hauptgrund für die Trash-Talk-Welle in der vergangenen Saison ist, dass einige Spieler nicht mit einem aggressiven Verteidiger umgehen konnten, der keinen Schritt zurückweicht. Ich versuche immer, so gut zu verteidigen wie möglich. Wenn ich rede, gehe ich nie unter die Gürtellinie. Ich beleidige niemanden und auch die Familienmitglieder bleiben außen vor.

SPOX: Was sagen Sie stattdessen?

Vargas: Ich sage meinem Gegenspieler, dass er jetzt schon zweimal daneben geworfen hat und es besser nicht noch ein drittes Mal tun sollte. Es geht schließlich um das Spiel und nicht um Beleidigungen. Wenn ein Gegner frustriert ist und austeilt, bin ja eigentlich eher ich das Opfer.

SPOX: Sie haben als "Trash-Talk-Vorbilder" einmal Michael Jordan und Reggie Miller genannt. Die haben ihre Gespräche auf dem Platz nicht nur beim Basketball gehalten...

Vargas: Ich war ja damals leider nicht dabei. Ich weiß nur, was jeder NBA-Begeisterte weiß, der Biographien gelesen und Videoclips gesehen hat. Daher weiß ich nur, was sie über sich selbst erzählen. Von Jordan weiß ich zum Beispiel, dass er zu John Starks von den Knicks sagte, dass er endlich mal einen Wurf treffen solle. Das ist meiner Herangehensweise ja irgendwie ähnlich.

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