"Es ist nicht mehr das Bamberg"

Philipp Neumann hat hohe Erwartungen an die kommende Saison
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SPOX: Sie gehen jetzt in Ihre erste volle Saison in Oldenburg. Inwieweit hilft das im Gegensatz zum Vorjahr?

Philipp Neumann: Das Ganze hat natürlich viele Vorteile. Ich kenne die Mannschaft schon, bin mit den ganzen Abläufen vertraut und weiß, worauf ich mich bei Coach Machowski einlasse. Vor allem ist mir bewusst, wie extrem wichtig die Fans, die Menschen, die hier leben, für den Sport sind.

SPOX: Ihr Coach Sebastian Machowski möchte in dieser Saison weniger Punkte kassieren. Wird sich dadurch auch das Spiel der EWE Baskets verändern?

Neumann: Natürlich wird sich etwas ändern, aber nicht so gravierend, dass es irgendwie Probleme bereiten sollte. Wir haben mit Tywain McKee auf der Point-Guard-Position einen neuen Spieler. Das ist für ein Team immer eine Veränderung, aber er ist sehr defensiv-begeistert - wie auch Maurice Stuckey. Die Beiden machen uns stärker. Aber wir haben bislang in der Vorbereitung einfach auch ein größeres Augenmerk auf die Defensive gelegt.

SPOX: Sie hatten bereits den neuen Point Guard McKee angesprochen. Wie unterscheidet er sich zu Dru Joyce?

Neumann: Ich glaube, die beiden sind überhaupt nicht miteinander zu vergleichen. Daher ist es schwer zu sagen, wo sie sich genau unterscheiden. Sie sind komplett unterschiedliche Typen, auch abseits des Feldes. Auf dem Court wird man direkt sehen, dass Ty ein komplett anderer Spielertyp ist.

SPOX: Sie sprachen das Verhalten abseits des Courts an. Wie macht sich das bemerkbar?

Neumann: Dru ist ein sehr lustiger Mensch, der immer positive Energie ins Team gebracht hat. Dadurch, dass er schon einige Zeit hier gespielt und sich auch wohl gefühlt hat, präsentierte er sich natürlich automatisch ein wenig anders. Bei Ty spürt man einfach, dass er zuletzt in Russland gespielt und ihn das auch ein wenig gezeichnet hat. Ohne das jetzt böse zu meinen, er ist es nicht gewohnt, dass ein Team auch abseits des Feldes ein Team ist. Das ist in Russland einfach nicht so, das haben mir schon viele Spieler bestätigt. Aber man merkt bereits nach kurzer Zeit, dass er langsam auftaut.

SPOX: Mit Philipp Zwiener und Maurice Stuckey haben sich auch die deutschen Spots in Oldenburg leicht verändert. Sind die Deutschen in diesem Jahr mehr gefordert?

Neumann: Wir werden von Maurice in diesem Jahr sehr viel erwarten dürfen. Ich kenne ihn schon lange und halte defensiv wie offensiv sehr viel von ihm. Ich glaube, dass von den Deutschen nicht unbedingt mehr gefordert wird, aber wir eher die Chance haben, uns zu zeigen. Dadurch, dass letztes Jahr Dominik Bahiense de Mello zwar auch viel gespielt hat, aber leider gegen Ende nicht mehr die Leistung bringen konnte, wurden wir auch da bereits gefordert. Wir werden dieses Jahr verstärkt die Möglichkeit haben, zu zeigen, was in uns steckt.

SPOX: Sie sagten bereits, dass Sie sich auf Oldenburg konzentrieren wollen. Welche persönlichen Ziele haben Sie sich gesetzt?

Neumann: Meine persönlichen Ziele sind einfach: Ich will zu einem Spieler werden, der dem Team effektiv hilft. Ich möchte, dass die anderen Spieler gerne noch eine weitere Saison mit mir spielen wollen, dass sie merken, dass wir gut harmonieren. Wenn ich jetzt sagen würde, ich will 20 Punkte machen, wäre es relativ egal, wenn das Team schlecht aussieht. Ich war sehr zufrieden mit meiner letzten Saison hier in Oldenburg und möchte einfach noch eine Schippe drauflegen. Ich will noch mehr von Spielern wie Julius Jenkins oder Ricky Paulding, der hier in Oldenburg eine Legende ist, aufsaugen.

SPOX: Warum läuft es für Sie in Oldenburg besser als in Bamberg?

Neumann: Das ist eine sehr schwierige Frage. Als ich auf dem Weg nach Oldenburg war, war Bamberg schon nicht mehr das, was es mal war. Damit meine ich nicht die Fans, die Sponsoren oder die generelle Freundlichkeit, die Basketballern in Bamberg entgegengebracht wird, sondern intern. Ich sage das auch in einem traurigen Ton. Es war einfach nicht mehr dieses unfassbare, erfolgsgeile Team der vergangenen Jahre. Es gab Schwierigkeiten, die von außen falsch aufgenommen wurden, wo wir nicht die Chance bekommen haben, als Team daran zu arbeiten. Es wurden direkt Vorkehrungen getroffen, die eher nicht vom Trainerteam ausgingen. Ich möchte jetzt auch keine Namen nennen und kann es auch nicht zu 100 Prozent bestätigen, es ist aber meine persönliche Meinung. Das werden die Oldenburger Fans vielleicht nicht so gerne hören, aber ich hatte ja auch eine gute Saison in Bamberg. Ich habe eine Saison mitgewonnen. Dann habe ich schlecht angefangen und es lastete extrem viel Druck auf dem Trainer und auch auf mir. Ich war diesem Druck vielleicht einfach noch nicht gewachsen. Und als dann die Möglichkeit kam, nach Oldenburg zu gehen, war die Motivation und die Lust kaum zu steigern. Ich wurde hier perfekt aufgenommen und habe mich sofort wohlgefühlt. Letztlich sind wir alle keine Roboter, aber ich denke, das ganze Gefüge hier war ein großer Faktor dafür.

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SPOX: Haben Sie noch Kontakt nach Bamberg?

Neumann: Sicherlich. Bamberg ist neben Oldenburg die Stadt, in der mein Leben stattfindet. Ich bin immer noch häufiger dort, auch wenn es schwierig ist, weil beide Städte 560 km auseinander liegen. Aber ich habe auch noch zu Spielern Kontakt, zu meinem alten Physiotherapeut oder auch zu Freunden, die ich außerhalb des Basketball habe. Ich hoffe, dass dieser Kontakt nie abbrechen wird.

SPOX: Wie sehen Sie Bamberg nach dem Neuaufbau?

Neumann: Ich habe keine Ahnung. Es kann wirklich ein Team sein, das mit München konkurrieren kann, aber es kann auch ein Team sein, dem man zu viel auferlegt hat und das zu sehr verändert wurde. Dann kann es auch nach hinten losgehen. Es ist nicht mehr das Bamberg, aber es ist etwas Neues.

SPOX: Sind die Bayern erneut das Team, das es zu schlagen gilt?

Neumann: Ich glaube schon. Erst recht jetzt mit Anton (Gavel, Anm. d. Red.), mit dem ich die Ehre hatte, jahrelang zusammenzuspielen. Sie haben mit ihm einen unglaublichen Charakter hinzubekommen. Dazu haben sie auf der Fünf Vladimir Stimac geholt, der extrem stark spielt. Die Münchner wissen, wie man Basketball spielt. Sie werden die Favoritenrolle als amtierender Meister haben und ich denke, es wird am Ende wieder heißen: "Beat Bayern, sonst wird es nichts".

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SPOX: Und was ist mit Oldenburg?

Neumann: Wir werden in den Medien wieder so gar nicht gehandelt. Alle reden nur von den drei großen B's. Aber wir können wieder einiges schaffen. In den letzten beiden Jahren hatte Oldenburg auch kaum einer auf dem Schirm. Vor zwei Jahren ging es ins Finale, letzte Saison haben wir Bayern im Halbfinale in ein fünftes Spiel gezwungen. Wir sind stärker als im Vorjahr und ich traue uns alles zu, aber jetzt zu sagen "Wir werden Deutscher Meister", ist sicher zu hoch gegriffen. Gerade bei der Konkurrenz kann alles passieren. Man kann Bamberg überhaupt nicht einschätzen, die Bayern haben sich verstärkt, ich habe Quakenbrück noch nie so stark gesehen und auch Ulm hat sich mit überraschenden Namen verstärkt. Mein persönliches Ziel wäre dieses Mal, ein fünftes Spiel zu gewinnen und ins Finale einzuziehen.

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Philipp Neumann im Steckbrief

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