"Mein Vater war der Richtige für DBB"

Tina Menz und ihr Vater Frank
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SPOX: Kürzlich hat das deutsche Team die EM-Qualifikation verpasst. Woran lag es?

Menz: Eigentlich sind wir mit einem guten Gefühl gestartet, hatten aber in der Ukraine einen wirklich starken Gegner, den wir vermutlich auch mit unserer besten Leistung nicht geschlagen hätten. Und im ersten Spiel gegen Montenegro hatten wir einfach Schiss. Da haben wir es nicht geschafft, unser Potenzial abzurufen. Die Angst, zu verlieren, hat uns ziemlich gehemmt.

SPOX: Bei der EM 2009 nicht dabei, 2011 ohne Sieg in der Vorrunde ausgeschieden, 2013 wieder nicht und jetzt die verpasste Qualifikation für die EM 2015. Ist der deutsche Frauen-Basketball noch konkurrenzfähig?

Menz: Man muss einfach sagen, dass die Leistungsdichte früher eine andere war. Als beispielsweise meine Mutter noch aktiv war, gab es Spielerinnen, die im Ausland unter Vertrag standen und mit ihren Vereinen auch in internationalen Wettbewerben dabei waren. Das haben wir nicht mehr, weil eine riesige Lücke zwischen den Generationen entstanden ist. Der DBB hat ein Nachwuchsproblem - wobei jetzt schon wieder ein paar gute Spielerinnen nachkommen. Aber es bleibt die Frage, ob das reicht, langfristig auf internationalem Niveau wieder konkurrenzfähig zu werden.

SPOX: Auch bei den Männern wird häufig die Generationenfrage gestellt. Über allem thront aber weiterhin Dirk Nowitzki. Haben Sie bereits "Der perfekte Wurf", den Kinofilm über sein Leben, gesehen?

Menz: Nein, noch nicht, aber Dirk ist schon ein super Typ. Deswegen würde ich mir den Film gerne anschauen. Ich finde ihn echt sympathisch und schätze ihn sehr. Zum NBA gucken komme ich aber zum Beispiel gar nicht. Dafür habe ich einfach keine Zeit. Immerhin habe ich von der WM in Spanien ein paar Spiele gesehen.

SPOX: Apropos NBA - haben Sie sich schon einmal Gedanken über einen Wechsel nach Amerika in die WNBA gemacht?

Menz: Nein, das war nie ein Thema. Die einzige ernsthafte Option wäre ein Wechsel ins europäische Ausland gewesen, zum Beispiel nach Frankreich oder Spanien. Die Angebote kamen aber alle schon recht früh, da war ich noch 18 und gerade erst mit dem Abi fertig. Und da ich zweigleisig fahren wollte, also Basketball und Studium parallel, habe ich es nicht gemacht.

SPOX: Können Sie sich vorstellen, in Zukunft noch einmal woanders zu spielen?

Menz: Ich werde definitiv nicht mehr ins Ausland gehen. Ich arbeite 40 Stunden und trainiere nur noch drei Mal in der Woche. Daran merkt man, wie sich der Fokus verschiebt. Solange es mir noch Spaß macht und ich es noch zusätzlich leisten kann, werde ich weiter Basketball spielen. Aber auch innerhalb Deutschlands kommt ein Wechsel für mich nicht infrage. Ich habe hier meine Familie und meinen Job, von daher würde ich auch ablehnen, wenn Wasserburg anklopfen würde.

SPOX: Könnten Sie denn alleine vom Basketball leben oder bekommt man nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung?

Menz: Leben könnte ich davon schon, aber meine Zukunft kann ich damit nicht sichern. Daher muss man sich - vor allem als Frau - relativ früh zu einem richtigen Job orientieren. Das ist übrigens noch so ein Problem der Nationalmannschaft. Wenn man bis 35 spielt, dann wird es schwer, anschließend noch Studium und Kinder unter einen Hut zu bekommen. Die Zeitspanne ist dadurch deutlich kürzer als bei den Männern.

SPOX: Im Verein lief es für Sie zuletzt deutlich besser als im Nationalteam: 2012 sind die ChemCats aufgestiegen, Sie kamen ins Team und haben es gleich ins Playoff-Halbfinale geschafft.

Menz: Wir haben als Mannschaft gut zusammengespielt. Die individuelle Klasse war gar nicht das Entscheidende, da waren andere Teams deutlich stärker. Die Halbfinals haben wir mit einem bzw. drei Punkten Unterschied verloren, da war schon was drin. In die Playoffs wollen wir natürlich auch dieses Jahr wieder, mal schauen, wie weit es dann geht.

SPOX: In der Saison 2007/08 haben Sie schon einmal in Chemnitz gespielt, damals mit einer Doppellizenz. Was hat sich seitdem hier verändert?

Menz: Der Verein hat angefangen, stabil zu arbeiten und auch Strukturen aufzubauen, damit man nicht immer zwischen der ersten und der zweiten Liga pendelt, sondern sich langfristig in der DBBL etablieren kann. Das ist ein sehr wichtiger Schritt. Dazu gehören langfristige Spielerverträge, die Nachwuchsarbeit und eine starke Unterstützung durch Sponsoren.

SPOX: Ihre Statistiken waren vergangene Saison wirklich stark: 14,9 Punkte, 3,4 Assists, 3,5 Rebounds und 1,7 Steals pro Spiel belegen Ihre Qualitäten als Allrounderin. Sind Sie die Seele des ChemCats-Spiels?

Menz: So würde ich es jetzt nicht sagen. Es stimmt, ich hatte mit meinen Punkten einen großen Anteil am Erfolg, aber ich muss in erster Linie das Spiel organisieren. Wenn ich dann auch noch Punkte mache und in anderen Kategorien gut aussehe, freut mich das natürlich. Auf dem Spielberichtsbogen schaue ich aber nur auf die Assists.

SPOX: Am Samstag starten Sie mit Chemnitz gegen den Meister aus Wasserburg (ab 14.15 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE). Kann das schon als eine erste Standortbestimmung gesehen werden?

Menz: Mit Wasserburg haben wir gleich den Kracher vor der Nase, da wird sich zeigen, wie gut wir vorbereitet sind. Aber eigentlich ist es schön: Wir haben nichts zu verlieren. Das ist ein bisschen wie in der Bundesliga, wenn ein Verein gegen Bayern München spielen muss. Unser Ziel muss es sein, sie ordentlich zu ärgern.

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Tina Menz im Steckbrief