"Damit konnte keiner was anfangen"

Von Max Marbeiter
Anton Gavel (r.) zählt zu den besten Spielern der BBL
© getty
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SPOX: Defense gehört zu Ihren Stärken, gleichzeitig sind Sie aber auch für Bambergs Offense extrem wichtig. Wie gelingt der Spagat, dass man sich nicht auf einer Seite des Feldes zu sehr verausgabt?

Gavel: Meine Auszeichnung zum Defensive Player of the Year ist ein wenig fraglich. Ich bin nur ein Teil des Ganzen. Unsere Defense ist nicht nur von einem Spieler abhängig. Durch gute Verteidigung haben wir uns viele leichte Punkte erarbeitet. Mit Mitspielern, wie ich sie in Bamberg habe, ist es zudem einfach, zu scoren. Man muss sich nicht so sehr verausgaben wie in Mannschaften, bei denen klar ist, wer der Topscorer ist. Wir können die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen. Deshalb spielt der Faktor Kraft auch keine so große Rolle.

SPOX: Wo liegt grundsätzlich der Schlüssel zu guter Defense - sowohl als Team als auch individuell?

Gavel: Das hat viel mit Persönlichkeit zu tun. Ich messe mich gern mit anderen und versuche einfach, den Gegner zu stoppen. Das nehme ich mir vor jedem Spiel vor. Allerdings darf man sich auch nicht zu sehr darauf versteifen. Denn, wenn es mir nur darum gehen würde, dass mein Gegenspieler nicht 20 Punkte macht, würde ich die Team-Defense komplett vernachlässigen. Wir müssen auf der einen Seite als Mannschaft funktionieren, auf der anderen möchte ich aber natürlich meinen Gegenspieler so gut es geht stoppen.

SPOX: In der Euroleague-Gruppenphase kommt gegen Spieler wie Sergio Rodriguez oder Sergio Llull defensiv wieder einiges auf Sie zu. Wie geht man ein solches Spiel an?

Gavel: Man hat natürlich Respekt vor den Namen. Im vierten Euroleague-Jahr sind große Namen aber nichts Neues mehr. Da darf man sich keinen Kopf machen, sondern muss auftreten, als würde man gegen einen "normalen" Gegner spielen. Klar sind sie individuell auf einem extrem hohen Niveau und haben schon alles erreicht, aber wir sind nicht nur dabei, um dabei gewesen zu sein. Da darf man sich darüber keine Gedanken machen. Umgekehrt gehe ich ja auch nicht mit weniger Feuer ins Spiel, wenn wir ein normales Ligaspiel haben. Ansonsten käme ich schnell in Schwierigkeiten

SPOX: Sie haben einmal über sich selbst gesagt, weder der größte Athlet noch sonderlich talentiert zu sein. Wie wird man dennoch zu einem der besten Spieler der BBL?

Gavel: Man sieht das ja, ich kann weder dunken noch großartig spektakuläre Dinge auf dem Court machen. Aber ich habe halt gearbeitet. Natürlich sagen viele, dass man immer hart arbeiten muss. Aber ich habe es von Anfang an durchgezogen. Ich denke, der Weg von der zweiten Liga bis zum Titel spricht für sich. Dafür musste ich viel tun. Auch meinen Wurf musste ich verbessern. Irgendwann musste er einfach reingehen. Aber ich bin noch nicht am Ende und hoffe, dass es immer noch ein kleines Stück nach oben geht.

SPOX: Sie sprechen Ihren Wurf an. Der ist speziell, fällt inzwischen aber sehr hochprozentig. Wie haben Sie das hinbekommen?

Gavel: Viele Trainer haben versucht, das abzustellen. Da war ich vielleicht auch einfach zu stur, weil ich es nicht mochte, wenn ich nicht getroffen habe. Deshalb bin ich immer wieder zu dem Wurf zurückgekehrt, mit dem ich mich am besten gefühlt habe - und das ist der, den ich jetzt auch habe. Am Anfang war ich kein großer Schütze, die Quoten waren, obwohl die Dreierlinie näher dran war, schwach. Deshalb musste ich viele Würfe nehmen, bis sich alles einigermaßen gut angefühlt hat. Es ging darum, alles immer und immer wieder zu wiederholen - bis man sich gut fühlt. Da gilt mein Dank auch den Trainern, die die Geduld mit mir hatten.

SPOX: Kann also im Grunde jeder ein solider Schütze werden, wenn er nur genug Arbeit investiert?

Gavel: Ich denke schon. Wenn ich einen saubereren Wurf hätte, könnte ich mich im Eins-gegen-Eins vielleicht noch besser durchsetzen. Aber ich hatte mir diesen Wurf angewöhnt und jetzt ist es zu spät. Mit der richtigen Arbeitseinstellung kann aber sicherlich jeder ein solider Schütze werden.

SPOX: Sie sind seit 2009 in Bamberg, sind damit einer der Dienstältesten. Haben Sie bei der Integration der Neuen deshalb eine spezielle Rolle?

Gavel: Wir haben ja gewisse Regeln - sowohl auf als auch neben dem Feld. Da kann man den Neuen natürlich helfen. Da sind speziell John (Goldberry, Anm. d. Red.), Casey (Jacobsen, Anm. d. Red.) oder ich gefragt. Auch wenn John und Casey da vielleicht eine noch wichtigere Rolle spielen als ich. Aber wir helfen uns einfach gegenseitig, so dass wir als Einheit auf dem Feld stehen.

SPOX: Karsten Tadda und Mike Zirbes müssen nicht erst integriert werden, beide kamen aber mit Negativerlebnissen von der EuroBasket zurück. Muss man sie aufbauen oder haben sie alles gut weggesteckt?

Gavel: Aufbauen denke ich nicht. Es war sicherlich ein wenig Frust dabei, aber das lässt sich ins Positive umbiegen. Beide sind hungrig, wollen spielen und haben auch letztes Jahr bereits gezeigt, was sie können. Vielleicht hat das bei der EM nicht geklappt. Aber deshalb sind sie heiß auf die Saison, wollten direkt trainieren, als sie ankamen.

SPOX: Haben Sie die EM genauer verfolgt?

Gavel: Auf jeden Fall. Ich schaue eigentlich Basketball, wann immer es geht. Ich bin da positiv verrückt. Deshalb war die EM schon Highlight.

SPOX: Wer hat sie überrascht?

Gavel: Negativ überrascht war ich von Griechenland. Das war eigentlich mein Topfavorit und ich dachte, sie könnten Spanien schlagen. Aber ich freue mich, dass es einen neuen Europameister gibt. Nach dem Spiel gegen Spanien konnte ich mir allerdings nicht vorstellen, dass es für Frankreich gegen Litauen reicht. Tony Parker hat die Mannschaft aber sehr gut geführt. Dass Deutschland nicht weitergekommen ist, ist natürlich schade. Das hätte dem Basketball hierzulande sehr gut getan.

SPOX: Der DBB hat vor dem Turnier verkündet, dass das Ergebnis am Ende egal sei, dass die Spieler lediglich Erfahrung sammeln sollten. Wie nimmt man eine solche Vorgabe als Spieler auf?

Gavel: Das kommt nicht gut an. Wenn man eine Mannschaft nach dem Motto "mal schauen und wenn ihr abgeschlachtet werdet, ist das auch egal" zum Turnier schickt, ist das eine unglückliche Aussage. Ich bin mir sicher, dass keiner aus dem Team damit etwas anfangen konnte. Gerade Heiko (Schaffartzik, Anm. d. Red.) war deshalb vielleicht noch mehr angespornt. Einfach, um zu zeigen, dass das Blödsinn ist. Sie wollten sicherlich die Zwischenrunde erreichen, was in meinen Augen auch drin war. Man muss sich hohe Ziele setzen. Jetzt haben sie zwar Erfahrung gesammelt, aber im Vorfeld eine solche Aussage zu treffen, hilft nicht.

Anton Gavel im Steckbrief