"Die Bayern-Konkurrenz muss das verstehen"

Von Interview: Haruka Gruber
Euroleague-CEO Jordi Bertomeu (l.) überreicht Olympiakos-Star Vassilis Spanoulis die MVP-Trophäe
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Zukünftig werden die Bayern nicht nur im Fußball, sondern auch im Basketball in Europas höchster Klasse für Furore sorgen. Euroleague-Boss Jordi Bertomeu verrät nach Olympiakos' Triumph beim Final Four in London SPOX die Wild-Card-Pläne und spricht über das immense Potenzial in Deutschland.

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SPOX: Wer im Umfeld der Bayern-Basketballer die Frage stellt, ob der Verein von der Euroleague mit einer Wild Card bedacht wird, erhält die Antwort: "Ja, zu 99 Prozent." Werden die Bayern in der kommenden Saison an der Champions League des Basketballs teilnehmen?

Jordi Bertomeu: Wir haben uns mit den Bayern bereits mehrmals getroffen, zuletzt unterhielten wir uns vor dem Rückspiel der Fußballer beim FC Barcelona über das Thema. Es ist noch zu früh, um eine Teilnahme zu hundert Prozent zu bestätigen. Die nationalen Ligen müssen erst einmal ihre Saisons zu Ende spielen, um zu sehen, welche Mannschaften sich auf sportlichem Wege für die Euroleague qualifizieren. Danach schauen wir, ob es einen freien Platz gibt - auch wenn dieser Fall sehr wahrscheinlich ist. Wenn das geklärt ist, werden wir Mitte Juni entscheiden, welche Option die beste ist.

SPOX: Die beste Option heißt vermutlich Bayern?

Bertomeu: Es ist kein Geheimnis, dass Bayern wie Alba Berlin ein echter Brand ist, eine echte Marke. Beide Teams erfüllen die Anforderungen, die wir an ein Wild-Card-Team stellen. Unser Ziel ist es ganz klar, dass wir unsere Präsenz im deutschen Markt dauerhaft sicherstellen wollen mit einem zweiten deutschen Teilnehmer neben dem deutschen Meister.

SPOX: Obwohl die Bayern mit einem 3-0-Sweep gegen Berlin das deutsche Playoff-Halbfinale erreicht haben: Sollte München im Halbfinale am wahrscheinlichen Gegner Bamberg scheitern, werden einige kritisieren, dass es unfair sei, die Bayern und nicht den Vizemeister eine Wild Card zu geben.

Bertomeu: Wir belohnen den Meister mit einem sicheren Platz in der Euroleague. Aus Sicht der sportlichen Fairness reicht das aus. Alle Leute, darunter die Konkurrenten, müssen verstehen, dass es für die Euroleague als Organisation wichtig ist, ein Team wie Bayern im Wettbewerb zu haben. Wir respektieren alle anderen Teams, aber ein Team wie Bayern muss anders bewertet werden. Nur ein Beispiel, um das zu verdeutlichen: Vitoria möchte seit zehn Jahren das Final Four austragen. Dennoch müssen wir ihnen absagen mit dem Hinweis, dass Berlin, London oder Paris viel größere Märkte sind, auch wenn es keine typischen Basketball-Städte sind wie Vitoria. Das ist die Realität, die jeder akzeptieren sollte. Um es klarzustellen: Jedes Team hat die Möglichkeit auf die Euroleague, indem es deutscher Meister wird. Wenn wir einen zweiten Platz übrig haben für einen weiteren deutschen Vertreter, muss der Euroleague das Recht zugestanden werden, frei auszusuchen. Ich bin zuversichtlich, dass das jeder verstehen wird.

SPOX: Sie betonen die Bedeutung der Bayern für die Entwicklung des deutschen Basketballs. Verfolgten Sie dementsprechend mit Sorge, wie die Münchner anfangs der Saison wegen der beiden Trainer-Entlassungen ins Trudeln gerieten? Oder die jüngste Steuer-Affäre um Präsident Uli Hoeneß?

Bertomeu: Man muss beide Sachverhalte differenziert betrachten. Die Trainer-Wechsel sollte man nicht überbewerten, so etwas kommt selbst bei den bestgeführten Klubs vor. Das Entscheidende ist, dass mit Svetislav Pesic ein Coach gefunden wurde, der für Stabilität und Erfahrung bürgt. Er wird dabei helfen, dass die Bayern das nächste Level erreichen. Zu Hoeneß möchte ich nicht viel sagen, weil das eine Privatangelegenheit ist.

SPOX: Die Frage nach dem Bau einer neuen Basketball- oder Multifunktions-Arena spaltet München: Der Klub möchte, die Stadt und die Betreiber des Olympiaparks sind skeptisch. Ist es denkbar, dass die Euroleague ein Final Four nach München vergibt, um die Bayern zu unterstüzen?

Bertomeu: Absolut. Wenn die Bayern auf Dauer oben mithalten wollen, ist eine neue Arena unumgänglich. Daher würden wir uns freuen, wenn wir München und den deutschen Basketball an sich unterstützen können. 2009 fand das Final Four bereits in Berlin statt. Und es ist eine sehr denkbare Option, dass wir in naher Zukunft nach Deutschland zurückkehren. Immerhin ist die BBL in den letzten vier Jahren die beste Liga Europas, was Wachstum anbelangt.

SPOX: BBL-Geschäftsführer Jan Pommer geht davon aus, dass die deutschen Klubs besonders vom Einführen des Financial Fair Plays profitieren werden. Trotzdem gibt ein Verein wie ZSKA Moskau in diesem Jahr über 40 Millionen Euro aus, während sich der Gesamtumsatz aller BBL-Klubs um die 80 Millionen Euro bewegt. Glauben Sie wirklich an einen Mentalitätswechsel der Mäzenklubs?

Bertomeu: Was uns bewusst sein muss: Das Financial Fair Play wird nicht in einem Jahr einzuführen sein. Wir planen mit drei Jahren, dann wird es durchgesetzt sein. Wir sind gerade mitten im Prozess, um eine gewisse Einheitlichkeit herzustellen, was nicht einfach ist. Wir haben 30 Länder mit 30 verschiedenen Gesetzen und 30 verschiedenen Steuersystemen. Daher fordern wir von jedem Klub zukünftig ein Set an wirtschaftlichen Basisinformationen, die miteinander vergleichbar sind. Im Februar hatten wir dazu ein sehr gutes Meeting. Das Financial Fair Play wird funktionieren.

SPOX: In zwei Wochen findet ebenfalls in London das Champions-League-Finale statt, der FC Bayern trifft auf Dortmund. Zwei deutsche Klubs, die jeden Euro einnehmen, den sie ausgeben. Ist der Fußball ein Vorbild?

Bertomeu: Definitiv, der deutsche Fußball, aber auch der deutsche Basketball ist ein Muster an wirtschaftlicher Effizienz und nachhaltigem Management. Es ist tief in der Kultur des Sports in Europa verwurzelt, dass Erfolg auf Verlusten basiert. Das ist eine regelrechte Tradition. Allerdings stehen wir jetzt am Anfang einer neuen Ära, in der die Verantwortlichen bewusster mit Geld umgehen. Daher sind besonders die Bayern ein Vorbild für uns alle.

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