"Größeres Interesse aus Russland"

Von Interview: Haruka Gruber
Bauermann übernahm das Traineramt beim litauischen Topklub Lietuvos Rytas
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SPOX: Sie sind verantwortlich für einen Verein, der den Anspruch hat, jedes Jahr in der Euroleague zu spielen. Außerdem betreuen Sie mit Polen eine viel beachtete Nationalmannschaft bei der EM 2013 - und hatten sogar das Interesse des russischen und griechischen Verbands geweckt. Verspüren Sie Genugtuung?

Bauermann: Genugtuung ist das falsche Wort. Es freut mich natürlich, dass gerade im Ausland meine Arbeit geschätzt wird. Gerade nach so einem Negativerlebnis wie bei den Bayern. Das tut gut. Es soll allerdings nicht heißen, dass ich verbittert wäre. In Deutschland wurden teils abstruse Dinge von mir berichtet, die ich bei der ersten Pressekonferenz in Litauen vor 50 Journalisten gesagt haben soll. Das eine oder andere ist bei der Übersetzung offenbar verloren gegangen.

SPOX: Sie sollen die Bayern der "Lüge" bezichtigt haben. Es ging um Vorwürfe, die Bayern-Spieler wären unter ihnen undiszipliniert und nicht austrainiert gewesen.

Bauermann: Das habe ich natürlich so nicht gesagt, ich würde nie so polemisch werden. Ich wurde konkret gefragt nach den Anschuldigungen von Uli Hoeneß. Er hatte ja eine Menge über mich erzählt. Da habe ich den litauischen Journalisten natürlich geantwortet, dass die Anschuldigungen nach meiner festen Überzeugung falsch sind. Was hätte ich sonst sagen sollen? Etwa: "Ja, Herr Hoeneß hat recht"? Es bringt nichts, den Tatsachen aus dem Weg zu gehen. Dennoch werde ich mich nicht auf das Niveau begeben, das mir unterstellt wurde.

SPOX: Wie konkret waren nach der Trennung von den Bayern die Gespräche mit dem Olympia-Dritten Russland und Griechenland?

Bauermann: Mit den Griechen gab es nur vorläufige Gespräche. Ich gehörte zu den Kandidaten, dennoch war bei den Russen das Interesse sicherlich größer. Als ausschlaggebend dafür, dass Fotios Katsikaris zum neuen Nationaltrainer ernannt wurde, erwies sich offenbar, dass er schon einmal in Russland gearbeitet hat. Das war dem Verbands-Präsidenten wohl wichtig. Das ist vollkommen legitim. Alleine schon, eine ernsthafte Anfrage zu erhalten, empfinde ich als eine große Ehre.

SPOX: Immerhin: Polen gehört anders als Russland zwar nicht zu den großen Favoriten bei der EM 2013, aber es gilt als eine der talentiertesten Nationen Europas.

Bauermann: Daher ist es unser Ansatz, langfristig zusammenzuarbeiten. Beide Parteien wollen erstmal schauen, wie es zusammenpasst, daher geht der Vertrag zunächst nicht über die EM hinaus. Doch dem polnischen Verband und mir ist Kontinuität sehr wichtig. Ich würde gerne dabei helfen, ein Programm für die Generation von 1993, die bei der U-17-WM 2010 in Hamburg Vizeweltmeister wurde, mit zu entwickeln. Mit Przemyslaw Karnowski, Mateusz Ponitka oder Tomasz Gielo gibt es einige Spieler, denen bald eine wichtige Rolle in der Nationalmannschaft zukommen könnte.

SPOX: Die aktuelle Generation scheint ebenfalls wettbewerbsfähig mit NBA-Center Marcin Gortat oder Maciej Lampe, der bei Caja Laboral vor Tibor Pleiß der Starting Center ist. Hinzukommen weitere europäische Stars wie David Logan und Thomas Kelati. Um bei der EM die Vorrunde zu überstehen, muss in der topbesetzten Gruppe C voraussichtlich entweder Spanien, Kroatien oder Slowenien geschlagen werden. Ist Polen stark genug, sollte Gortat wie berichtet nicht zur Verfügung stehen?

Bauermann: Ich war letzten Monat in den USA und sprach mit Marcin. Er wird bei der EM sicher dabei sein und sogar die gesamte Vorbereitung mitbestreiten. Die Bereitschaft der anderen Leistungsträger ist auch vorhanden, nur bei Logan gibt es ein Fragezeichen. Dennoch sind auf dem Papier die anderen drei Teams besser besetzt. Allerdings bin ich überzeugt, dass wir genug Talent besitzen und uns durchsetzen, weil Faktoren wie Zusammenhalt, Atmosphäre, Verteidigung und mannschaftliche Geschlossenheit eine ebenso wichtige Bedeutung haben.

SPOX: Bleibt nur eine Frage: Haben Sie angesichts der Doppelfunktion noch Zeit, als SPOX-Experte die beliebte NBA-Taktik-Kolumne "Bauermanns Playbook" weiterzuführen?

Bauermann: Kein Problem. Ich habe das zugesagt und das setzen wir wie gewohnt fort. Als nächstes ja mit der Analyse zu den San Antonio Spurs, die am Freitag veröffentlicht wird. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit!