Nowitzki überreicht die Krone

Von Haruka Gruber
Heiko Schaffartzik besiegte mit Alba zum BBL-Auftakt deutlich Artland
© Imago

Mit Alba Berlins Spiel gegen die Dallas Mavericks (Sa., 19.45 Uhr im LIVE-TICKER) kommt es zu einer symbolischen Amtsübergabe: Heiko Schaffartzik bekommt von DIrk Nowitzki nicht nur das verschwitzte Trikot. Die Zukunft gehört dem 28-Jährigen.
 

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Wer immer sich erdreistet zu glauben, er könne nach dem Spiel zwischen Alba Berlin und den Dallas Mavericks das Trikot von Dirk Nowitzki abgreifen, wird enttäuscht werden. "Dirk hat mich extra angerufen und gefragt, ob er mein Trikot bekommt. Also tauschen wir", erzählt Heiko Schaffartzik.

Es ist eine Nettigkeit des NBA-Superstars, aber auch ein Zeugnis der Achtung gegenüber Schaffartzik und dessen Werdegang in den letzten Jahren. Einst hochgelobt und tiefgefallen, wurde er zu einem Ausbund an Verlässlichkeit, ohne das Spektakel zu verleugnen.

Mehr noch: Der Augenblick nach dem Abpfiff, wenn sich die beiden Ihre Trikots reichen, könnte als eine Art zeremonielle Amtsübergabe verstanden werden.

Hier Nowitzki, der den deutschen Basketball der Vergangenheit und Gegenwart definiert wie kein Zweiter. Dort Schaffartzik, dem die Zukunft gehört. Es ist das erste und vermutlich letzte sportliche Aufeinandertreffen der beiden.

"Heiko ist erwachsener geworden"

"Ich habe in diesem Sommer zwei Nationalmannschaftsspiele gesehen. Heiko ist erwachsener und erfahrener geworden. Er ist ein Lenker. Wenn er frei steht, haut er das Ding rein. Wenn nicht, penetriert er. Oder er kreiert Schüsse für die anderen und kontrolliert das Spiel", sagt Nowitzki gegenüber SPOX.

Lachend fügt er an: "Ich hoffe für Heiko, dass er ein gutes Spiel gegen uns macht. Aber ein nicht zu gutes Spiel."

Dass eine Sensation nicht gänzlich auszuschließen ist, zeigte die erste Partie im Rahmen der NBA Europe Live Tour. Am Freitagabend besiegte Fenerbahce mit Romain Sato (24 Punkte) und Bo McCalebb (21) die Boston Celtics mit 97:91.

Die Berliner sind freilich nicht ganz so prominent besetzt wie die Türken, immerhin aber werden sie gegen Dallas mit dem Höchstmaß an Selbstvertrauen antreten. Zum BBL-Auftakt wurde das ehrgeizige Artland mit 94:62 besiegt. Schaffartzik musste angesichts des einseitigen Verlaufs nur 20 Minuten spielen, nutzte diese jedoch, um den nächsten Beweis seiner Effektivität zu erbringen: 8 Punkte sowie 6 Assists bei nur 1 Turnover.

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Neuer DBB-Kapitän

Ähnlich beindruckend war bereits die EM-Qualifikation verlaufen: Die beiden unbedeutenden Luxemburg-Spiele ausgeklammert, in denen er sich zurückgehalten hatte, kam der 28-Jährige auf 14,8 Punkte, 50,0 Prozent Dreier und 4,7 Assists. Mit acht Siegen aus acht Spielen sicherte sich die deutsche Nationalmannschaft die Teilnahme an der EM 2013.

"Ich hatte ihm schon früher gesagt, dass er ein ganz Großer werden kann - und Heiko bekam irgendwann wirklich die Kurve und verstand es, eine Mannschaft zu führen und dabei seine Scorer-Qualitäten nicht zu verlieren. Er hat den nächsten Schritt gemacht", sagt Steffen Hamann, sein Vorgänger als DBB-Kapitän, im SPOX-Interview.

Alba-Sportdirektor Mithat Demirel formuliert es ähnlich: "Bei Heiko hat es etwas gedauert, bis er sich gefunden hat. Es ist die große Kunst für einen Point Guard, den Mitspieler einzusetzen und sich gleichzeitig als Scorer zu verwirklichen. Heiko hat es mit viel Arbeit geschafft, den goldenen Mittelweg zu finden."

Mavs-Spiel ein Testlauf für Euroleague

Entsprechend bedeutsam ist die Partie gegen Dallas: Sind Schaffartzik und Alba wettbewerbsfähig mit den Über-Basketballern aus der NBA?

Denn: Vor dem Beginn der Euroleague, an der Berlin dank einer Wild Card teilnehmen darf, ist das Duell gegen die Mavs die ideale Gelegenheit, um die eigene Leistungsfähigkeit zu überprüfen.

Besonders interessant wird es zu beobachten sein, wie sich Schaffartzik und seine beiden Backcourt-Kollegen DaShaun Wood und Vule Avdalovic gegen die schnelleren, athletischeren und vor allem größeren Guards der Mavs bewähren.

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Zwergen-Rotation bei Alba

Alba versucht sich diese Saison an einer selbst für europäische Maßstäbe untersetzten Drei-Guard-Rotation mit eben Avdalovic (1,87 Meter), Wood (1,85) und Schaffartzik (1,83).

Zum Vergleich: Bei Montepaschi Siena, dem ersten Gegner in der Euroleague am Freitag, ist der letztjährige BBL-Topscorer Bobby Brown der Kleinste - mit 1,89 Metern. Die anderen Guards übertreffen die 1,90-Meter-Marke deutlich: Daniel Hackett (1,99), Marco Carraretto (1,96), Aleksandar Rasic (1,95), Matt Janning (1,93).

Alba-Sportdirektor Demirel sieht darin jedoch kein Erschwernis: "Wenn wir mit der richtigen Intensität spielen, kommt es nicht so auf die Größe an. Mit hoher Bereitschaft zum Aushelfen und hohem Druck auf den Ball kann man solche Einschränkungen wettmachen."

Schaffartzik ein Sicherheitsrisiko?

Dass insbesondere Schaffartzik, der bereits in der deutschen Nationalmannschaft häufiger als Shooting Guard eingesetzt wurde, in der Euroleague oder gegen Dallas Opfer der teils 15 Zentimeter größeren Gegenspieler werden und in der Verteidigung überfordert sein könnte, befürchtet Demirel nicht.

"Letztes Jahr hatten wir kein Problem damit, dass die Gegner gegen ihn aufposten", sagt er. Das Entscheidende: "Wir müssen Teamdefense spielen. Und das intensiver umsetzen als Mannschaften, die sich rein auf das Eins-gegen-eins verlassen können."

Dass Schaffartzik den Anforderungen der Euroleague genügen wird, ist Demirel überzeugt: "Er kommt doch erst in seine besten Jahre."

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