Das Alphatier und die jungen Hühner

Von Haruka Gruber
Heiko Schaffartzik (r.) und das DBB-Team erreichten souverän die EM-Qualifikation
© Getty
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Shooting Guard

Die Quali-Rotation: Schaffartzik (28, Berlin), Staiger (24, Ludwigsburg), Tadda (23, Bamberg)

Die Nachrücker: Giffey (21, Connecticut), Zipser (18. Heidelberg)

Die Wandlung ist abgeschlossen: Aus dem vormals pubertären Heiko Schaffartzik wurde das Alphatier. Er ist neben Jagla der Kapitän, er ist neben Benzing der wichtigste Scorer (12,0 Punkte) und er ist der am längsten eingesetzte Spieler (27,4 Minuten). Er ist der meist gefragte Interview-Partner und er ist es, der sich erstmals so über Bundestrainer-Vorgänger Dirk Bauermann äußerte, dass es als Kritik verstanden werden kann: "Bei Dirk Bauermann war in der Offensive alles kontrollierter, in der Defensive hat man eher reagiert. Jetzt spielen wir viel schneller, wir agieren und setzen den Gegner permanent unter Druck."

Zu diesem schnellen Spiel gehört es, dass Schaffartzik unter Pesic als Shooting Guard beginnt und fast gar nicht mehr als klassischer Point Guard aufläuft, um ihn häufiger in bessere Wurfpositionen zu bringen. Die beiden unbedeutenden Luxemburg-Spiele ausgeklammert, in denen er sich zurückhielt, lautet die äußerst erfolgreiche Bilanz: 14,8 Punkte, 50,0 Prozent Dreier, 4,7 Assists.

Folglich wird Schaffartzik wohl auch in Berlin zunehmend öfter als Shooting Guard spielen. Alleine schon, um sich mit DaShaun Wood und dem serbischen Neuzugang Vule Avdalovic, beide ebenfalls Spielmacher, zu arrangieren.

Der Schritt weg von Berlin und dem dortigen Wettstreit der Guards kam für Schaffartziks DBB-Backup Lucca Staiger einer Befreiung gleich. Der zukünftige Ludwigsburger erstaunte mit einer Leistung, die nicht immer perfekt, aber beherzt und mutig war. Statt sich wie gewohnt nur auf seinen Dreier zu verlassen, zog er zum Korb, warf aus der Bewegung heraus oder versuchte sich sogar am Alley-oop-Anspiel. Im Quali-Abschluss gegen Aserbaidschan wurde er von Pesic eigens als taktisches Mittel eingesetzt. Als Spieler, der spät reinkommt und mit seiner Energie die Entscheidung erzwingt - ein erfolgreiches Unterfangen.

Die weiteren Kandidaten bei den Shooting Guards sind Defensiv- und Dreierspezialist Karsten Tadda, Niels Gieffey (NCAA-Champion 2011) - und Paul Zipser. Ein 18-Jähriger, der mit der Jugend-Nationalmannschaft bei der U-18-EM schmerzhaft aus der A-Division abstieg, auf Klubebene jedoch freiwillig im zweitklassigen Heidelberg bleibt, um sich dort zu entfalten. Dafür sagte er allen deutschen Topklubs ab. Bayern-Coach Dirk Bauermann in der SPOX-Triangle-Offense: "Keine Frage, er kann mit dem Ball umgehen und wird zu den dominierenden Außenspielern Europas gehören."

Point Guard

Die Quali-Rotation: Günther (24, Ulm), Doreth (23, Trier)

Die Nachrücker: Hamann (31, Bayern), Schröder (Braunschweig), Canty (21, Bremerhaven)

Die Position, die neugierig macht: Was passiert im kommenden Jahr, wenn Steffen Hamann wieder bereit stehen würde für die EM? Ohne den sich erholenden Hamann gebührte in der Qualifikation Ulms Per Günther die Starter-Rolle sowie ausgiebig Einsatzzeit. Bei Bauermann noch überhastet und umständlich, spielt er nun geradliniger - doch auch unter Pesic wirkt es so, als ob Günther im DBB-Trikot das Fröhliche aus Ulm verliert und Platz macht für das Verkrampfte. In den Statistiken liest es sich so: 11,7 Punkte in den ersten vier Spielen, 2,3 Punkte in den letzten vier Spielen - und das bei fast gleicher Spielzeit. Schwach auch die für Point Guards wichtige Assist/Turnover-Ratio: Günter verlor fast so viele Bälle (2,0), wie er Vorlagen verteilte (2,3).

Angesichts Günthers Schwächen und der möglichen dauerhaften Schaffartzik-Versetzung auf die Shooting-Guard-Position käme eine Rückkehr von Hamann nicht überraschend. Bei aller Kritik: Er erfüllt als einziger deutscher Point Guard die internationale Referenzgröße von über 1,90 Metern und weiß zu verteidigen sowie einen Angriff in Ruhe aufzubauen.

Es fehlen ohnehin die Alternativen: Bastian Doreth spielt mit viel Herz, ihm mangelt es aber wie Günther an einem stabilen Wurf. Dennis Schröder könnte zu Deutschlands Mini-Tony-Parker werden, ihm mangelt es aber noch an den sozialen Fähigkeiten, wie es allerorts heißt. Und Anthony Canty wurde in den vorläufigen Quali-Kader berufen und scheint Pesic' Gefallen gefunden zu haben, ihm aber mangelt es an etwas, das typisch ist für den deutschen Basketball: Einsatzzeit in der BBL. Canty verzeichnet in der Vorsaison für Bremerhaven 7:24 BBL-Minuten für 1,3 Punkte, 0,9 Rebounds und 0,3 Assists.

Die Center-Position: Pleiß und der US-Aserbaidschaner

Die Forward-Position: Jagla und das Jüngling-Quartett

Das Fazit: Deutschland in der Verfolger-Gruppe

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