Wahnsinns-Comeback: Piräus schockt ZSKA!

Von Für SPOX in Istanbul: Haruka Gruber
Finals-MVP Vassilis Spanoulis und Olympiakos feiern den Euroleague-Sieg
© spox

Mit einem nicht für möglich gehaltenen Comeback hat Olympiakos Piräus den Top-Favoriten ZSKA Moskau mit 62:61 besiegt und das Euroleague-Finale in Istanbul gewonnen.

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Die Star-Truppe von ZSKA um Kirilenko (neuer Euroleague-MVP und Defensive Player of the Year) sowie Milos Teodosic und Nenad Krstic lag zwischenzeitlich mit 19 Punkten vorne (53:34) und schien den wesentlich schwächer besetzten Griechen zu deklassieren.

Aber plötzlich kam Olympiakos ins Rollen, legte einen 14:0-Run hin und drehte mit dem letzten Wurf durch Georgios Printezis die Partie. Die einzige Führung in den gesamten 40 Minuten reichte für den Titel. Topscorer für die Griechen war Kostas Papanikolaou (18 Punkte), zum Finals-MVP wurde jedoch Vassilis Spanoulis (15) gewählt. ZSKA hatte in dem zum Schluss desolaten Teodosic (15) den besten Werfer.

Das Spiel um Platz 3 entschied der FC Barcelona gegen Titelverteidiger Panathinaikos Athen mit 74:69 für sich. In Abwesenheit des angeschlagenen Juan Carlos Navarro gefiel Barca-Spielmacher Marcelinho Huertas (21 Punkte) am meisten.

Die Anhänger von Panathinaikos hatten zuvor einen unappetitlichen Zwischenfall zu verantworten: Geschätzte 50 von ihnen provozierten vor der Arena eine Massenschlägerei mit den verhassten Olympiakos-Fans, nur das Eingreifen der Polizei verhinderte eine Eskalation.

Reaktionen:

Andrei Kirilenko (ZSKA Moskau): "Ich möchte Olympiakos gratulieren. Sie zeigten ein großartiges Spiel. Wer 19 Punkte aufholt, besitzt ein großes Herz und eine Menge Mut. Sie erledigten im vierten Viertel einen guten Job und bestraften uns. Ich entschuldige mich bei unseren Fans. Es ist schwierig zu erklären, was passiert ist."

Ex-Bamberger Kyle Hines (Olympiakos Piräus): "Als es uns am schlechtesten ging, haben wir unseren besten Charakter gezeigt. Das ist ein unglaubliches Gefühl. Oh my God! Niemand dachte, dass wir gewinnen. Niemand! Wir waren die Einzigen, die an uns geglaubt haben. Ich bin so glücklich für meine Mitspieler, wir sind eine großartige Gruppe!"

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tipoff: Olympiakos-Point-Guard Law kann wegen des verletzten Knöchels nur limitiert eingesetzt werden, er wird vertreten durch Mantzaris. Statt Papanikolaou startet der Ex-Kölner Keselj gegen Kirilenko.

Aufatmen hingegen bei ZSKA: Center Krstic trotzt den Schmerzen im Bein und steht in der ersten Fünf.

6.: Was eine Defensivschlacht, was eine Statistik: Nach 6 Minuten fielen insgesamt erst 3 Körbe, dafür begingen beide Teams 8 Turnover! 5:2 Olympiakos.

10.: Gab es das schon mal? Nach dem ersten Viertel wurden mehr als doppelt so viele Turnover (13) und Fouls (12) wie Körbe (5) verzeichnet. Intensiver geht's kaum. 10:7 ZSKA.

13.: Nach 5:17 Minuten und 5 weiteren Turnover im zweiten Viertel gibt es wieder einen erfolgreichen Wurf: Kirilenko per Layup. 12:7 ZSKA.

16.: It's Teo-Time! Teodosic mit 3 Dreiern in 1:07 Minuten! 25:13 ZSKA.

23.: Moskau drängt, doch Piräus und insbesondere Spanoulis geben sich noch nicht auf. Spanoulis for three! 41:30 ZSKA.

28.: Moskau mit 6 leichten Punkten in Serie, Piräus scheint zu resignieren. 53:34 ZKSA.

33.: Was geht hier denn ab? Die Olympiakos' Rollenspieler legen einen 14:0-Run hin, Moskau mit 4 Turnover und 0/5 Würfen. Nur noch 53:48 ZSKA.

37.: Mit dem Kirilenko-Block gegen Hines sollte ZSKA an Sicherheit zurückgewonnen haben. Denkste! Die Griechen zeigen Willen: Printezis zieht mit Wucht zum Korb und trifft. 55:52 ZSKA.

40.: Was macht Siskauskas? Nach Kirilenko und Teodosic, die wenigstens 1/2 Freiwürfe treffen, versemmelt der Litauer beide Versuche! Und das 9 Sekunden vor dem Ende! 61:60 ZSKA.

40..: WAAAAAAHNSINN!!! Papanikolaou holt den Rebound nach dem letzten Siskauskas-Fehlwurf, schnelle Transition von Piräus, genialer Spanoulis-Pass zu Printezis - der links vom Korb den Floater einnetzt! Die verbleibenden 0,7 Sekunden reichen Moskau nicht für einen kontrollierten Angriff. Olympiakos gewinnt mit 62:61 die Euroleague!

Der Star des Spiels: Georgios Printezis. Ein unscheinbarer Rollenspieler ist das Gesicht vom vemutlich denkwürdigsten Euroleague-Finale aller Zeiten. Der 27-jährige Forward kam von der Bank, gab sich nie auf und erzielte nach punktlosen ersten 28:56 Minuten in den letzten 11:04 Minuten alle seine 12 Punkte - darunter auch den schwierigen Floater zum Sieg 0,7 Sekunden vor dem Ende. Ebenfalls großartig: Der sonst ebenfalls wenig beachtete Papanikolaou (18 Punkte).

Der Flop des Spiels: Milos Teodosic. Bis zur Halbzeit hieß der Finals-MVP: Teodosic. Im zweiten Viertel schien er mit 3 Dreiern in 1:07 Minuten seinem Ex-Klub Olympiakos das Herz gebrochen zu haben - aber es folgte der unfassbare Turnaround. Teodosic verfiel genau wie Kirilenko in der kritischen Endphase in Hektik, warf Würfe vorbei (0/7 in Folge am Ende) und Bälle weg (letztes Viertel: 4 Turnover). Bitter: Sein unauffälliger Gegenspieler Mantzaris spielte wesentlich effektiver und wies den mit Abstand besten Plus/Minus-Wert (+16) auf.

Die Analyse: Taktisch, intensiv und geprägt von vorbildlicher Defense - oder lachhaft und grässlich anzusehen? Auf jeden Fall lieferten sich ZSKA und Olympiakos anfangs eine Schlacht, die skurrile Zahlen hervorbrachte.

So verzeichneten beide Teams addiert 20 Turnover - in den ersten 12:45 Minuten! Selbst bis zur Pause gab es mehr Turnover (23) und Fouls (24) als erfolgreiche Würfe (19).

Eine Wendung nahm die Partie Mitte des zweiten Viertels, als Teodosic' Dreier-Ausbruch die beste ZSKA-Phase einleitete: 7 der letzten 8 Würfe gingen rein, so dass Moksau die ersten Halbzeit mit einer 34:20-Führung beendete.

Am Verlauf der Partie änderte sich auch im dritten Viertel nichts - bis Piräus aus dem Nichts von 34:53 auf 48:53 und auf 52:55 verkürzte. Bemerkenswert, wie Olympiakos auch beim 55:60-Zwischenstand nicht die Hoffnung verlor und mit dem letzten Wurf der Partie erstmalig in Führung ging.

Ein denkwürdiger Abend fand einen denkwürdigen Sieger.

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