Die Sensation des deutschen Basketballs

Von Interview: Haruka Gruber
Per Günther mischt mit Ratiopharm Ulm die BBL auf
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SPOX: Es bleiben Zweifel, ob das kleine Ulm der richtige Verein ist, um das eigene Standing in der Nationalmannschaft zu verbessern.

Günther: Bei größeren Vereinen ist man präsenter, das stimmt. Aber ich bin eben ein Romantiker und glaube daran, dass gute Leistungen honoriert werden.

SPOX: Für die EM-Nominierung reichte es nicht.

Günther: Du willst unbedingt ins Team und dann wird dir ins Gesicht gesagt: "Das reicht nicht." Diese Ablehnung tat mir sehr weh. Im Nachhinein weiß ich aber, dass ich bei der EM wohl nur bedingt von Wert gewesen wäre. In der Nationalmannschaft gab es eine seltsame Konstellation, bei der der gesamte Gameplan auf die beiden Großen Chris Kaman und Dirk Nowitzki ausgerichtet war. Jeder Ball sollte irgendwie zum Korb gebracht werden. Diese Vorgabe hätte meinem Spiel nicht so entsprochen.

SPOX: Was sagen Sie zum Vorwurf, dass Ihnen für die internationale Klasse der stabile Distanzwurf fehlt?

Günther: Ein Aufbauspieler muss zwei elementare Sachen beherrschen: Den Ball nach vorne tragen und den offenen Dreier reinschweißen. Daher muss ich mich der Kritik stellen. In diesem Sommer kam ich in den Vorbereitungsspielen nicht in den Rhythmus und habe anders als vor der EM 2009 und der WM 2010 die Würfe nicht verwandelt.

SPOX: Ein zweiter Kritikpunkt sind Ihre zu seltenen Assists. In dieser Saison verteilen Sie überschaubare 2,5 Vorlagen pro Spiel.

Günther: Mein Spiel ist immer noch zu sehr aufs Scoren ausgelegt. Ich bin schon ein guter Passgeber, doch was Leute wie Bonns Jared Jordan abziehen, ist schon krass. In dieser Saison wollte ich eigentlich bei 4 Assists sein. Aber ich bin sicher, dass sie noch kommen werden.

SPOX: Von Ihren 8,8 Punkten im Schnitt abgesehen fallen Sie statistisch kaum auf und gehören zu den weniger bekannten Nationalspielern. Sind Sie umgekehrt froh darüber, dass Sie nie so hochgejubelt und später kritisiert wurden wie Robin Benzing, Tim Ohlbrecht oder Elias Harris?

Günther: Ich habe es bei Robin zwei Jahre in Ulm miterlebt und ich weiß eines ganz sicher: Ich möchte niemals in die gleiche Lage geraten. Robin wechselt aus dem Nichts der zweiten Liga in die BBL und erzielt im ersten Jahr 12 Punkte und im zweiten Jahr 15 Punkte. Trotzdem musste er sich alles Mögliche anhören, weil er dies oder das nicht gemacht hätte. Bei Robin, Tim und Elias heißt es immer: "Wenn ihr es nicht in die NBA schafft, habt ihr es verkackt." Das sind Erwartungen, die keiner erfüllen, geschweige denn übertreffen kann. Ich bin glücklich darüber, dass ich - auch mir selbst - nie so hohe Ziele gesetzt habe.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Günther: Ich habe nie von der NBA geträumt, selbst die Bundesliga schien mir unerreichbar. Als ich 16, 17 Jahre alt war, dachte ich nie an eine Karriere als Profi, vielmehr habe ich überlegt, ob ich einen akademischen Weg einschlagen soll. Ich hatte nie hohe Ziele, deswegen kam ich nie in den Zugzwang, mich selbst zu enttäuschen.

SPOX: Sie sahen sich nie als gut genug für die BBL an?

Günther: Das kam erst etwas später. Vorher sprach nichts dafür, dass ich das schaffe. Bei meinem Heimatverein in Hagen spielte mit Bernd Kruel nur ein Deutscher, der es zum richtigen Profi gebracht hat. Auch sonst waren kaum Deutsche zu sehen. Daher dachte ich mir: Warum soll ich eine Ausnahme sein? In meinem 87/88er Jahrgang gab es ohnehin viel Bessere wie "die großen Vier": Tim Ohlbrecht, Sajmen Hauer, Lucca Staiger und Oskar Faßler.

SPOX: Sie haben "die großen Vier" in der Entwicklung teils deutlich überholt - und doch sind Sie außerhalb der Basketball-Szene nur wenigen ein Begriff. Würde ein griffiger Spitzname nicht helfen? Ihr Vater, ebenfalls früher in der Bundesliga aktiv, hörte auf "Turbo-Diddi".

Günther: Ein paar traurige Versuche gab es, auf die ich gerne verzichte. Irgendwas mit "Quick Per" oder "Brain Günther" oder so. (lacht) An "Turbo-Diddi" kommt eh nichts heran. Der Spitzname passte perfekt zu meinem Vater: Er war wieselflink und konnte sogar dunken.

SPOX: Sie selbst haben in der BBL noch nie gedunkt. Können Sie oder wollen Sie nicht?

Günther: Mir ist in meiner Karriere erst einmal ein Dunk gelungen: Ich muss 17 gewesen sein, Regionalliga mit Hagen gegen die SG Aachen, Fastbreak - und dann habe ich richtig derbe gestopft. Ein super Gefühl. Es ist schade, dass mir selbst im Training ein Dunk nur alle zwei Monate gelingt.

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