"Keine Ahnung, wie man Nowitzki stoppt"

Von Interview: Haruka Gruber
Nicolas Batum gehört bei den Portland Trail Blazers zu den Leistungsträgern
© Imago

Das zweiköpfige Monster Nowitzki/Kaman gegen die Überathleten: Deutschland fordert Frankreich heraus (19.45 Uhr im LIVE-TICKER). NBA-Profi Nicolas Batum (22) von den Portland Trail Blazers über sein Dirk-Trauma und seine Karriere, die in Mannheim begann.

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SPOX: Dirk Nowitzki und Chris Kaman bilden das herausragende Frontcourt-Duo der EM. Wie wird Frankreich versuchen, die beiden zu stoppen?

Nicolas Batum: Dirk und Chris sind großartig, aber ich bin dagegen, die Deutschen nur auf die zwei Namen zu reduzieren. Sie sind tiefer besetzt als einige glauben. Ich kenne die deutschen Talente, weil ich schon bei der EM 2009 gegen sie gespielt habe. Sie bringen alles mit. Die ersten zwei Siege haben es eindrucksvoll gezeigt.

SPOX: Dennoch wird der Fokus auf Nowitzki und Kaman liegen müssen.

Batum: Das wird auf jeden Fall sehr interessant. Joakim Noah gegen Kaman, Boris Diaw gegen Nowitzki: Das sind Matchups, die jeder sehen will. Wir können einiges ausprobieren und vor allem Dirk mit verschiedenen Spielertypen verteidigen. Andererseits...

SPOX: Ja?

Batum: Ganz Ehrlich: Ich habe keine Ahnung, wie man Dirk stoppt. Mit den Blazers versuchten wir in den Playoffs alles gegen Dirk und irgendwann wusste ich nicht mehr, was man noch machen soll, um ihn endlich vom Scoren abzuhalten. Und über den Sommer über scheint er nicht schwächer geworden zu sein. Deswegen glaube ich nicht, dass wir Dirk stoppen können. Außer, wir haben Glück und er erwischt einen der ganz seltenen Tage, an denen sein Wurf nicht fällt.

SPOX: Es klingt, als ob das Playoff-Aus gegen Nowitzki und die Dallas Mavericks Sie noch immer beschäftigt.

Batum: Es war hart. Den ganzen Sommer über dachte ich darüber nach, was eigentlich passiert ist. Wir gewinnen Spiel 4, obwohl wir mit über 20 Punkten zurücklagen, gleichen auf 2-2 aus - und wir verlieren die Serie doch noch. Ab dem Zeitpunkt hat sich alles verändert. Die Mavericks waren komplett anders. Als ob sie sich in etwas Neues verwandelt hätten. Das Team, das ich in den Finals gegen Miami gesehen habe, war definitiv nicht das Team aus der ersten Playoff-Runde. Und daran hatte Dirk den größten Anteil. Ich bin tief beeindruckt.

SPOX: Ansonsten müssten Sie mit dem deutschen Basketball jedoch gute Erinnerungen verbinden. Beim Albert-Schweitzer-Turnier in Mannheim, eines der weltweit prestigereichsten Jugendturniere, gelang Ihnen 2006 der Durchbruch.

Batum: Ich denke noch immer gerne an die Zeit zurück. Damals kam ich mit der französischen Jugend-Nationalmannschaft in Mannheim an und niemand traute uns etwas zu. Plötzlich standen wir aber im Finale und gewinnen das Turnier auch noch - als erstes französisches Team überhaupt.

SPOX: Was hat sich für Sie verändert?

Batum: Zunächst einmal habe ich erst in Mannheim realisiert, dass ich es vielleicht doch nach oben schaffen kann. Vorher gehörte ich nicht wirklich zu den Top-Talenten in Europa, im Grunde kannte mich keiner. Aber dann kam das Turnier und es machte: Boom! Mein Agent rief mich nach meiner Auszeichnung zum MVP sofort an und warnte mich davor, dass mich wohl jeder anrufen wird. Und tatsächlich: Mein Telefon blieb nicht mehr still, die halbe NBA wollte mit mir sprechen.

Alle Spiele, alle Topscorer: Das EM-Roundup!

SPOX: Sie landeten in Portland und gehören nun zu den NBA-Stars von morgen. Wie ängstlich sind die Blazers, dass Sie sich bei der EM verletzen?

Batum: Wegen des Lockouts darf ich ja überhaupt keinen Kontakt mit den Coaches haben. Dennoch bin ich mir sicher, dass sie sich die französischen Spiele mit Wohlwollen anschauen. Ich kann bei der EM den nächsten Entwicklungsschritt machen, zumal für mich die Nationalmannschaft keine Pflicht ist, sondern ein Privileg, das man nicht ausschlagen kann.

SPOX: Für den Fall, dass sich der Lockout der NBA hinzieht, haben Sie dem französischen Klub Nancy die Zusage gegeben, für ihn zu spielen. Warum wechseln Sie nicht zu einem europäischen Spitzenverein aus Spanien oder Russland?

Batum: Es war eine bewusste Entscheidung für meine Familie. Ich bin seit drei Jahren in der NBA, daher tut es mir gut, für eine Weile wieder bei meinen Leuten zu sein. Wenn die NBA schon nicht spielt, möchte ich zumindest zuhause sein.

SPOX: Ähnlich denkt offenbar Tony Parker, der ebenfalls zu einer Rückkehr nach Frankreich tendiert. Wie tickt Frankreichs Superstar?

Batum: Er ist auf und außerhalb des Courts unser Leader. Derjenige, der vorangeht, wenn es mal nicht so läuft. Wir müssen jedoch aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr auf ihn verlassen. Er kann nicht jedes Mal soviel investieren wie zum Beispiel beim Auftaktsieg gegen Lettland, als er fast durchgespielt hat. Deswegen sind wir alle gefragt, ihn zu entlasten.

SPOX: Mit Bulls-Center Joakim Noah bekam Frankreich in diesem Sommer prominente Unterstützung. Wie wertvoll ist er?

Batum: Sehr. Er ist ein toller Verteidiger, der alles beherrscht: das Rebounding, das Blocken. Außerdem bringt er Toughness mit. Mich hat vor allem überrascht, wie schnell er sich vom NBA- auf den FIBA-Basketball umgestellt hat.

SPOX: Was an Noah jedoch gewöhnungsbedürftig bleibt, ist die wenig ästhetische Freiwurf-Technik.

Batum: Klar, das sieht ein bisschen seltsam aus. Aber: Er hat seine eigene Technik entwickelt, die offenbar funktioniert. Gegen Israel waren alle drei Freiwürfe drin. Solange es funktioniert, soll er gegen Deutschland ruhig so weitermachen. (lacht)

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