Spanien die Könige Europas

Von Haruka Gruber
Sieg über Frankreich: Pau Gasol verteidigte mit Spanien den EM-Titel
© Getty

Ein Block-Monster, ein mieses Foul, eine Gala zum Schluss: Spanien dominierte Frankreich und zeigte sich von der besten, aber auch schlechten Seite. Der Titelverteidiger zeigte fast perfekten Basketball. Bei der Equipe gab Tony Parker alles, aber es war zu wenig.

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Spanien hat mit einer grandiosen Leistung im EM-Finale Frankreich mit 98:85 besiegt und den Titel von 2009 erfolgreich verteidigt. Bronze holte Russland mit einem 72:68 über das Überraschungsteam aus Mazedonien.

In der Arena von Kaunas war Spanien die in allen Belangen überlegene Mannschaft, traf über die Hälfte der Würfe (55,6 Prozente) und spielte herausragende Defense (je 10 Blocks und 10 Steals). Alleine Serge Ibaka lieferte im zweiten Viertel innerhalb von 3:43 Minuten 5 Blocks. Die Franzosen wirkten angesichts der gegnerischen Dominanz zunehmend hilflos.

Tony Parker bemühte sich (26 Punkte), ihm unterliefen aber auch 5 Turnover. Spanien hatte in Juan Carlos Navarro (27) seinen besten Scorer, außerdem erzielten Pau Gasol und Jose Calderon 17 Zähler.

Direkt nach dem Spiel wurde Navarro von den Journalisten zum MVP der EM gewählt. Im All-Star-Team des Turniers stehen neben dem Shooting Guard des FC Barcelona auch Pau Gasol, Parker sowie Andrei Kirilenko (Russland) und Bo McCalebb (Mazedonien).

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Reaktionen:

Pau Gasol: "Mit Olympia 2012 haben wir ein großes Turnier vor uns. Es wird schwer, in London zu gewinnen. Gegen die USA wird es tough. Aber wir haben hohe Erwartungen und wir werden sie herausfordern."

Marc Gasol (Spanien): "Wir haben so viel Talent. Der Gegner kann sich nicht auf einen Spieler konzentrieren. Wenn man auf Juan Carlos achtet, punktet Pau. Wenn man unser Pick'N'Roll stoppt, machen wir einfach was anderes."

Serge Ibaka (Spanien): "Ich fühle mich wie in einem Film. Mein Traum ist wahrgeworden. Bei uns kann jeder 10 Punkte erzielen, daher sagte ich mir: 'Heute machte ich etwas, was sonst keiner bei uns im Team kann. Ich spiele Defense, bringe Energie.'"

Tony Parker (Frankreich): "Die Spanier spielten großartig und wir können sehr viel von ihnen lernen. Sie spielen seit mehr als sechs Jahre zusammen, das macht einen gewaltigen Unterschied."

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Vor dem Tipoff: Spanien mit der üblichen Starting Five: Die beiden Gasols und Rudy im Frontcourt sowie die beiden Guards Navarro und Calderon. Frankreich beginnt wie im Halbfinale: Der angeschlagene Shooting Guard Gelabale wird durch Forward Pietrus ersetzt.

7.: Spanien legt einen Gang zu: Starke Defense von Calderon gegen Parker, dann erhöht Marc Gasol aus der Mitteldistanz. 17:12 Spanien.

12.: It's MONSTER-BLOCK-TIME! Ibaka mit zwei demütigenden Blocks gegen de Colo und Seraphin. AUTSCH! Ibaka selbst erhöht von der Freiwurflinie. 29:20 Spanien.

15.: Und wieder Ibaka! Langsam wird's langweilig: Der 5. Block in 3:43 Minuten! Diesmal ist Noah das Opfer! Aber Diaw verkürzt von Downtown. 38:31 Spanien.

19.: Aufreger: Parker zieht zum Korb - und Rudy greift ihm mit Absicht voll an den Hals. Mieses Foul! Und dann lamentiert der Spanier auch noch gegen das Technische Foul. Frankreich bestraft Rudy mit 7 Punkten in Folge. 46:39 Spanien.

23.: Die Franzosen geben nicht auf: Noah mit dem hässlichen, aber erfolgreichen Midranger. Dann Parker in der Transition per Layup. 56:49 Spanien.

28.: Dieser Navarro, was ein Teufelskerl! Ein unglaublich schwieriger Dreier aus der Balance ins Gesicht des Gegenspielers: drin! 69:56 Spanien.

35.: Diaw verkürzt auf 12 Punkte - und es sind noch 5 Minuten zu spielen. Aber Spanien spielt so abgezockt, dass das Finale gelaufen zu sein scheint. 84:72 Spanien.

40. : Das war's! Spanien schaukelt das Spiel locker nach Hause, gewinnt 98:85 und wird Europameister! Erfolgreiche Titelverteidigung!

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Der Star des Spiels: Jose Calderon. Ihm kommt angesichts der Gasols und Navarro nur eine Nebenrolle zu - und auch im Finale fiel er bei der Flut an Ibaka-Blocks und spektakulären Alley-oop-Körbe nicht groß auf. Aber: Er entnervte Parker (5 Turnover), klaute selbst 4 Mal den Ball, traf hochprozentig (17 Punkte, 8/12) und beging selbst nur 1 Turnover. Ebenfalls bemerkenswert: Scoring-Genie Navarro (27 Punkte, 6/14), Pau Gasol (17 Punkte, 10 Rebounds, 3 Blocks) und Ibaka (5 Blocks).

Der Flop des Spiels: Nando de Colo. Der beste Sixth Man der EM sollte Parker im Spielaufbau entlasten, für den angeschlagenen Gelabale punkten und Navarro wiederum vom Scoren abhalten. Ihm glückte nichts dergleichen. Die bittere Bilanz: 2 Punkte, 0/3 Würfe, doppelt so viele Turnover (2) wie Assists (1).

Analyse: Spanien zeigte eine der besten Leistungen eines europäischen Teams der letzten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Die Franzosen enttäuschten nicht, dennoch standen sie auf verlorenem Posten.

Herausragend, wie die Spanier offensiv wie defensiv Basketball auf höchstem Niveau zeigten. Fast schon beängstigend, wie sie immer die Ruhe behielten und jedes Mal wieder davonzogen, wenn der Kontrahent auf 6 oder 7 Punkte herankam.

Lange versuchte Frankreich der spanischen Firepower (60 Prozent Wurfquote in der ersten Hälfte) etwas entgegenzusetzen, doch am Ende bleibt die bittere Erkenntnis, dass selbst das zweitbeste Team Europas gegen das beste Team Europas chancenlos ist.

Vor allem die Tiefe der Spanier imponiert: Die Starting Five erzielte zusammen 86 Punkte, aber dann kommt beispielsweise Ibaka an seinem 22. Geburtstag von der Bank und blockt im zweiten Viertel innerhalb von 3:43 Minuten 5 Mal! Llull wiederum gelangen in 6 Einsatz-Minuten 3 Steals. An dieser gnadenlosen Defense verzweifelte Frankreich zusehends. Selbst Parker musste sich am Ende der spanischen Übermacht geschlagen geben.

Einziger Malus, den man Spanien vorwerfen kann: Das völlig unnötige und hässliche Foul von Fernandez gegen Parker kurz vor der Pause.

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