"Das Nonplusultra in Europa"

Von SPOX
Frank Buschmann (l.) kommentiert bei Sport1 alle deutschen Spiele
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These: Bauermann ist ohne EM-Erfolg kein europäischer Top-Coach.

Philipp Dornhegge: Das ist natürlich Unfug. Bauermann ist schon jetzt weltweit als exzellenter Coach anerkannt, selbst die Amerikaner wissen, wer dieser Bauermann ist. Über seinen Stellenwert im deutschen Basketball müssen wir uns gar nicht unterhalten. Neben Nowitzki ist er die schillernde Figur. Der Hype, der in München um die Bayern entfacht wurde, ist ganz eng mit seinem Namen verknüpft. Die manchmal gegen ihn aufkommende Kritik ist völlig unangebracht. Die WM 2010 war eine Enttäuschung. Aus den vorhandenen Möglichkeiten wurde erstmals zu wenig gemacht. Deswegen Bauermann in Frage stellen? Das wäre der falsche Weg. Dennoch erwarte auch ich eine Weiterentwicklung. Ich will sehen, dass wir einen schwachen Gegner komplett dominieren und dass wir eine Basketball-Übermacht an den Rand einer Niederlage bringen können. Oder dass wir für eine Sensation sorgen, ohne im nächsten Spiel dafür gleich wieder einzubrechen. Ich glaube daran, dass das Bauermann gelingen wird.

Haruka Gruber: So sehr ich Bauermann wertschätze, man muss ehrlich sein und sagen: Er gehört nicht zur Kategorie der europäischen Top-Coaches. Dafür ist Deutschland international zu unbedeutend. Neben dem fehlenden Standing fehlen ihm aber auch die Kontakte, um auch außerhalb Deutschlands einen Spitzenjob zu ergattern. Das EM-Silber 2005 wird einzig und allein mit Nowitzkis Namen verbunden. Deswegen ist der Sommer umso wichtiger für Bauermanns Karriereweg. Eine starke EM wäre die perfekte Ouvertüre, dann folgt im Herbst das Projekt FC Bayern, auf das ganz Europa schaut. So baut man sich internationales Renommee auf und sorgt für Aufsehen. Dass er die Qualität mitbringt, zeigte er in den letzten Jahren. Er hat sich neu erfunden, weg vom Image des Erfolgsbesessenen hin zu einem Weltmann, der ein gutes Händchen für Talente hat. Doch die EM birgt auch eine große Gefahr: Anders als das 2005er-Team ist das 2011er-Team viel mehr Bauermanns Werk. Wenn es schief läuft mit seinen Schützlingen wie Pleiß und Benzing, kommen zwangsläufig Fragen auf. Man darf nicht vergessen: Es gibt nicht nur Bauermann-Fans.

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Frank Buschmann: Ich lese ja auch die teils abstrusen Meinungen in irgendwelchen Blogs oder Foren. Es ist unglaublich, was für unfassbare Fachleute wir in Deutschland haben. Sorry, ich will den Leuten nicht zu nahe treten, aber manchmal bin ich fassungslos und denke mir: was für Bremsbirnen. Vielleicht fehlen Bauermann noch die Titel mit einem europäischen Top-Team, so wie ihn unsere Freunde vom Balkan, ein Svetislav Pesic oder ein Zeljko Obradovic, schon gewonnen haben. Doch es bleibt dabei: Bauermann ist ein toller Coach und der richtige Trainer der Nationalmannschaft, da kann es keine zwei Meinungen geben. Er hat es geschafft, aus der Ansammlung von Nachwuchsspielern und zwei Lichtgestalten von einem anderen Planeten eine Einheit zu formen. Dazu EM-Silber 2005 und die unzähligen deutschen Meisterschaften. Klar, ich würde mir auch mal wünschen, dass er sein Team mehr Freiheiten lässt und die Spieler aus den Systemen ausbrechen können. Andererseits nehme ich doch stark an, dass es einen triftigen Grund dafür gibt, warum Bauermann taktisch so viel vorgibt.

Florian Regelmann: Mein Kommentar zur These: Was für ein unfassbarer Schwachsinn! Bauermann muss rein gar nichts mehr beweisen. Wenn Nowitzki in der K.o.-Runde zwei Buzzer-Beater trifft, gehört Bauermann zu den europäischen Top-Coaches? Und wenn Nowitzkis Wurf nur reinschaut und ausnahmsweise mal nicht fällt, dann nicht? Albern! Aber das Bauermann-Thema ist dennoch ein gutes, das gibt mir die Gelegenheit, anzusprechen, was es für ein Witz ist, dass er nach der EM nur noch den FC Bayern trainieren darf. Beziehungsweise dass keiner weiß, was eigentlich passiert, wenn wir uns für Olympia qualifizieren. Falls mir jemand einen Nachfolge-Kandidaten nennen kann, bei dem ich nicht gleich vor Lachen vom Stuhl falle, dann kann er dies gerne tun. Es regt mich fürchterlich auf, wenn der am meisten geeignete Mann den Job nicht mehr machen kann. Wegen Wichtigtuern, die vom Sport nichts verstehen. Das gleiche ist im Eishockey passiert, wo es im Fall Uwe Krupp auch niemanden gibt, der auch nur annähernd die Kompetenz, die Persönlichkeit und das Charisma mitbringt. Jetzt ist Krupp weg, Bauermann ist bald weg - und die Nationalmannschaften und damit die Sportarten insgesamt leiden. Unfassbar.

Frank Buschmann: Ich verstehe die Rumeierei um Bauermann schon, weil alle Beteiligten das Gesicht wahren wollen. Dennoch kann ich Florian beruhigen: Wenn Deutschland das direkte Olympia-Ticket löst, wird der Trainer Bauermann heißen. Wenn Deutschland zumindest das Olympia-Qualifikationsturnier erreicht, wird der Trainer Bauermann heißen. Und danach sehe ich es nicht so schwarz: Ich habe eine ganz klare Vorstellung, wen man zum Nachfolger machen sollte. Mich lachen zwar alle aus, dennoch sage ich es: Mein Bundestrainer wäre Frank Menz, der A2- und U-20-Trainer des DBB. Ich kenne ihn persönlich gar nicht so gut, obwohl wir als Spieler gegeneinander angetreten sind. Aber was ich von seinen Jugend-Nationalspielern höre und was ich beobachte, macht neugierig. Obwohl das Spielermaterial überschaubar war, wurde er mit der deutschen U 20 zuletzt EM-Fünfter. Er wäre so etwas wie das Modell Klopp: Kein großartiger Basketballer, aber als Sportler schon gedacht wie ein Trainer. Zumal die Alternativen begrenzt sind: Der DBB hat nicht den Safe von Dagobert Duck geknackt und kann sich einen Ettore Messina oder einen anderen gestandenen Star-Trainer leisten. Menz wäre ein mutiger Weg und ich weiß nicht, ob sich der Verband traut. Aber er ist der Richtige, um 2011 oder 2012 den ganz großen Umbruch zu vollziehen.

These 1: Deutschland hat den besten Frontcourt Europas.

These 2: Spanien ist EM-Gold nicht zu nehmen.

These 3: Frankreich wird erneut enttäuschen.

These 4: Die Shooting-Guard-Position wird für Deutschland verhängnisvoll.

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