Deutschland: Octopussy und seine Gang

Von Haruka Gruber
Als Minimalziel hat Bundestrainer Dirk Bauermann das Achtelfinale ausgegeben
© Imago

Enigma, Freak of Nature oder Mr. Nobody: Das DBB-Team liest sich wie ein Treffen der Comic-Helden. Doch wer sind die deutschen Hoffnungsträger? Das Kennenlernen lohnt sich...

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Center

Tibor Pleiß (20, Bamberg)

Der neue Fixpunkt der Bauermann-Verteidigung. Kann ein Spiel dominieren, ohne dass es in den Statistiken ablesbar ist, weil gegnerische Guards aus Furcht vor Pleiß-Blocks erst gar nicht zum Korb ziehen oder überhastet abschließen.

Begann die Vorbereitung verhalten, war bei der Griechenland-Klatsche überfordert, steigerte sich jedoch zusehends. Erzielte im letzten Testspiel gegen zugegeben unmotivierte Puertoricaner 16 Punkte (6 von 8) und lieferte sich im Supercup gegen die Türkei ein interessantes Duell mit dem zukünftigen Bulls-Center Asik. Griff sich in den letzten fünf Testspielen im Schnitt gute 5,8 Rebounds ab.

Hausaufgabe bei der WM: konstanter scoren, das weiche Wurfhändchen dafür hat er. Was dem 31. Draft-Pick für eine NBA-Karriere hingegen noch fehlt, ist Körpermasse. Sein Spitzname: Oktopus - wegen den dünnen, unendlich langen Ärmchen.

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Chris McNaughton (27, nächste Saison Oldenburg)

Mr. Nobody des DBB-Teams. Selbst vielen Basketball-Fans sagte er vor der Saison nichts, überzeugte jedoch beim Überraschungsteam Göttingen, das dank McNaughtons 22 Punkten in 15 Minuten im Endspiel gegen Samara die EuroChallenge gewann.

McNaughton kann nichts außergewöhnlich gut, hat aber auch nur wenig Schwächen. Oder wie Bundestrainer Bauermann es formuliert: "Er ist ein reiner Brettspieler, der fast fehlerlos agiert." Dennoch kam seine Nominierung überraschend, immerhin steht er mit 27 Jahren nicht für den eingeschlagenen Jugendkurs.

Wurde nun von BBL-Topklub Oldenburg angeworben - eine imposante Entwicklung, nachdem der Ex-College-Spieler 2009 noch in der dritten spanischen Liga unter Vertrag stand.

Power Forward

Jan Jagla (29, Asseco Prokom/Polen)

Die Wandlung vom ewigen Nowitzki-Abklatsch zum Führungsspieler ist abgeschlossen: Bei der WM soll Jagla vor allem im Angriff die junge Mannschaft führen. "Der Coach hat das Spiel sehr auf mich zugeschnitten: Es geht dabei nicht nur darum, dass ich Punkte mache, sondern darum, dass ich den Ball viel in der Hand habe und Entscheidungen treffe", sagt Jagla.

Bisher mit Erfolg: Vor allem gegen die Türken überzeugte er mit 14 Punkten, 6 Rebounds und 9 Assists als Point Forward. Sein Punkteschnitt in den letzten fünf Testspielen: exzellente 17,0 Zähler.

 

Tim Ohlbrecht (21, Bonn)

Hat in Bonn letztes Jahr den Sprung zum wertvollen BBL-Spieler geschafft. Wird dank seiner Vielseitigkeit (Center/Power Forward) zusammen mit Pleiß und Jagla die Drei-Mann-Rotation auf den beiden großen Positionen bilden. Sein Dreier fiel in der Vorbereitung regelmäßig, überzeugend vor allem der Vorbereitungsabschluss gegen Puerto Rico mit perfekter Quote: 6 von 6, darunter vier Dreier, für 18 Punkte.

In den Testspielen zuvor jedoch zu unbeständig und zu anfällig für unnötige Fouls (über 4 im Schnitt). Arbeitet er weiter an den Defiziten, ist die NBA nicht so unrealistisch, wie es scheint. Ohlbrecht blieb beim Draft zwar unberücksichtigt, aber angeblich hat er gute Chancen, nächstes Jahr in der Summer League vorzuspielen. Unter anderem soll er von den Rockets beobachtet werden.

Small Forward

Robin Benzing

Das Enigma. Talent ist unbestritten, zuletzt entzündete sich an ihm aber eine Debatte darüber, ob er die richtige Einstellung mitbringt. Schien für eine starke WM gerüstet, nachdem er von Trainer-Legende Svetislav Pesic drei Wochen privat unterrichtet wurde und am prestigeträchtigen Eurocamp teilnahm. Seine Form in der Vorbereitung ähnelte jedoch dem Verlauf einer Amplitude. Seine Ausbeute in den letzten fünf Partien: 6 Punkte, 0 Punkte, 10 Punkte, 2 Punkte, 16 Punkte.

Das jedoch ändert nichts daran, dass Benzing mit seinen 2,10 Metern und dem eleganten Zug zum Korb fast alles für einen Small Forward europäischer Güteklasse mitbringt. Einzige Bedingung: Etwas mehr Muskeln und etwas weniger Dreier.

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Elias Harris (21, Gonzaga University)

Energiebündel, Rebound-Derwisch, Freak of Nature. Kein anderer Deutscher kommt an die Athletik von Harris heran, der als Benzing-Backup von der Bank kommend mit seinem so undeutschen Basketball-Stil den Gegner überraschen soll. Vorbildliche Einstellung gepaart mit dem Riecher für Rebounds und der Vorliebe für Dunks.

Musste jedoch im Sommer erkennen, dass ihm trotz John Stocktons Nachhilfe und einer starken Rookie-Saison am College noch die Spielübersicht abgeht, die einen Small Forward internationaler Klasse auszeichnet. Scorte in der Vorbereitung nur einmal zweistellig (13 Punkte im ersten Spiel gegen Puerto Rico).

 

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