Deutsche Basketballer ramponieren guten Ruf

Von dpa
Garrett
© Getty

Madrid - Die deprimierende 55:83-Schlappe der deutschen Basketballer gegen Weltmeister Spanien im EM-Viertelfinale war nicht nur das Ende vom Traum einer zu den Olympischen Spielen 2008 führenden Medaille.

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Sie war auch eine Spiegelung des Ist-Zustandes der deutschen Korbjäger.

"Das spanische Team hat die Deutschen vorgeführt und das Team Nowitzkis regelrecht zermalmt", schrieb die spanische Zeitung "As". "El Pais" meinte: "Nowitzki und Co. hielten keine 15 Minuten stand. Sie waren dem funkensprühenden Spiel der Spanier völlig ausgeliefert."

Und "Marca" schrieb: "Deutschland hat stark gelitten und glich am Ende einer Puppe, die angesichts dieser zuweilen unmenschlichen Tracht Prügel nach dem Abpfiff der Partie schrie."

Goldene Zeiten gehen zu Ende

Die goldenen Zeiten der sogenannten silbernen Generation um den besten deutschen Basketballspieler Dirk Nowitzki neigen sich dem Ende zu.

Nach sechs Jahren auf der Erfolgswelle mit Platz vier bei der Europameisterschaft 2001 in der Türkei, der Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft 2002 in Indianapolis und dem überraschenden Gewinn der Silbermedaille bei der EM 2005 von Belgrad treten Deutschlands Korbjäger auf der Stelle. Die desolate Vorstellung gegen den favorisierten EM-Gastgeber war der beste Beweis.

"Die Spanier sind für mich momentan die beste Mannschaft der Welt, besser noch als die Amerikaner", sagte Bundestrainer Dirk Bauermann am Freitag. "Die Deutschen haben nur zehn Minuten Basketball gespielt und gegen unsere Super-Deckung keine Chance gehabt", meinte die spanische Basketball-Legende Juan Antonio San Epifanio.

"Die anderen sind alle besser geworden und haben sich weiterentwickelt, wir sind stehengeblieben. Mit den ganz Großen können wir nicht mehr mithalten", musste Nowitzki nach dem Debakel gegen Spanien gestehen.

Auch Nowitzki gegen Spanien schwach

Der von spanischen Gazetten als "bester Spieler des Planeten" bezeichnete Würzburger in Millionen-Dollar-Diensten der Dallas Mavericks sprach die Außenwirkung der zweiten EM-Schlappe nach dem 47:77-Desaster gegen Slowenien mit deutlichen Worten an.

"Das war schon peinlich. So, wie wir uns präsentiert haben, gehören wir auch nicht ins Halbfinale", sagte der alleingelassene Hoffnungsträger, dessen Punktzahlen den Niedergang widerspiegeln: 35, 24, 28, 28, 16, 15, 11 - der Punktedurchschnitt des Topscorers der EM sank von anfänglich 29 Zählern auf 22,4 pro Spiel. Die ganze Mannschaft traf gegen Spanien nur 23 ihrer 70 Wurfversuche.

Was bedenklich stimmte bei der aussichtslosen Partie gegen die gewitzteren Spanier war die Diskrepanz zwischen dem von 16.000 Fans beflügelten Teamspirit der Iberer und dem konfusen Spiel der von der Rolle geratenen Deutschen.

"Wir haben nicht schlecht angefangen, aber uns dann zu früh aufgegeben. Die Spanier sind heiß gelaufen. Das war es, wovor ich immer gewarnt hatte", meinte Bauermann.

Er blieb nach der demoralisierenden Niederlage länger als üblich in der Kabine, ließ das geplante Fernseh-Interview sausen, um seine mit hängenden Köpfen in den Katakomben des Sportpalastes von Madrid verschwindenden Schützlinge wieder aufzubauen.

Platz sieben um weiter von Olympia zu träumen

Sie haben es bitter nötig. Denn in der "Trostrunde" um die Plätze 5 bis 8 geht es noch um Einiges. Zumindest der 7. Platz ist nötig, um beim weltweiten vorolympischen Qualifikations-Turnier im Juli 2008 dabei zu sein, an dem vier europäische Teams teilnehmen. "Wichtig ist, dass wir kurz unsere Wunden lecken und dann wieder angreifen", sagte Bauermann.

Seinen großen Traum von der ersten deutschen Olympia-Teilnahme seit Barcelona 1992 hat auch Nowitzki noch lange nicht aufgegeben. "Die Stimmung ist zwar momentan im Keller. Aber wenn wir für Deutschland spielen, ist das Motivation genug", sagte der 29-Jährige mit Blick auf die zwei bevorstehenden heiklen Platzierungsspiele am Samstag und Sonntag mit hochkarätigen Gegnern.

Ein Deja-vu der WM 2006 in Japan will Nowitzki nicht wieder erleben. Dort wurden die Platzierungsspiele gegen Frankreich und Litauen leichtfertig verloren und nur Platz 8 erreicht.

DBB will an Bauermann festhalten

Schon vor dem Spanien-Spiel hatte Bauermann eine Zwischenbilanz gezogen. "Wir haben unser Minimalziel erreicht. Unter die besten Acht zu kommen, ist ein Riesenerfolg für den deutschen Basketball. Wir haben die Türkei und Italien geschlagen. Auch Serbien ist schon zu Hause und schaut sich die EM im Fernsehen an. Wir sind immer noch dabei", sagte der 49-Jährige, der keinen Gedanken an einen Rücktritt verschwendet.

Bauermann: "Es macht eine Riesenfreude, die Nationalmannschaft zu trainieren, auch wenn nicht alles Gold ist. Es wird ein hartes Stück Arbeit, um in Zukunft wieder Erfolg zu haben." Ingo Weiss, der Präsident des Deutschen Basketball Bundes (DBB), will an dem Bamberger Meistercoach festhalten: "Wir werden uns nach der EM zur Analyse zusammensetzen. Der Trainer steht nicht zur Disposition."