Dmitriev: "Gesperrte Trainer arbeiten weiter"

Von SPOX
Andrey Dmitriev enthüllt neue Aspekte im Dopingskandal
© getty

Whistleblowerin Yuliya Stepanova hatte mit ihren Enthüllungen den Dopingskandal ins Rollen gebracht und Ermittlungen bis hin zum McLaren-Report ermöglicht. Nun hat die ARD einen weiteren Athleten präsentiert, der reden möchte. Andrey Dmitriev sagt, es habe sich nichts geändert und belastet den russischen Verband mit Videomaterial schwer.

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Wie Yuliya und Vitaly Stepanov auch, hat der Leichtathlet Aufnahmen mit versteckter Kamera gedreht. Diese wurden in einem ARD-Beitrag von Dopingexperte Hajo Seppelt und seinem Team ausgestrahlt.

Auf den Bildern, aufgenommen am 12. Januar 2017, ist Vladimir Kazarin zu sehen, einer der erfolgreichsten 800-Meter-Trainer der Welt - und derzeit wegen Dopingpraktiken weltweit suspendiert. Kazarin steht dabei in einer Sporthalle im russischen Tscheljabinsk, beim Training von 400-Meter-Spitzenläufer Artem Denmukhametov. "Er tut, was er immer getan hat. Er trainiert weiter. So ist das einfach", sagte Dmitriev im Interview. Das Treffen mit den deutschen Journalisten fand im kasachischen Almaty statt.

"Wandel wird nur vorgetäuscht"

Dmitriev führte weiter aus, dass er Kazarin bereits bei einem Trainingslager in Kirgisistan im November 2016 gesehen habe. Dort dürfte der Trainer, wie einige andere, gar nicht gewesen sein, denn: Der russische Leichtathletikverband (RusAF) ordnete im April 2016 seine Regionalverbände an, die Zusammenarbeit mit Kazarin einzustellen.

Für Andrey Dmitriev war die Sache daher klar: "Wenn du behauptest, dass wir uns ändern, dann aber diese Leute einfach weitermachen - das ist doch Heuchelei, das sind Lügen. Da wird ein Wandel vorgetäuscht, den es gar nicht gibt."

Dmitriev nennt weitere Namen von Toptrainern der russischen Leichtathletik, die noch immer aktiv seien. "Die arbeiten ganz sicher mit Doping. Sie können gar nicht ohne Doping trainieren", sagte Dmitriev. Kazarin sei demnach "nicht der dickste Fisch" unter ihnen. "Ich sehe, dass die Trainer, die ganz sicher mit Doping gearbeitet haben, immer noch da sind. Und die Sportler, von denen ich weiß, dass sie gedopt haben, die trainieren weiter mit ihnen."

Weitere Trainer werden belastet

Vladimir Kazarin selbst habe sich gegenüber der ARD nicht zu den erhobenen Vorwürfen geäußert, ebenso wie alle der von Andrey Dmitriev genannten Trainer und Sportler. Auch der russische Verband habe auf Nachfrage geschwiegen, heißt es im Beitrag.

"Wenn auf den Videobildern wirklich dieser gesperrte Trainer zu sehen ist, hat RusAF die dem Verband auferlegten Kriterien für die Wiederzulassung nicht eingehalten. Dies wäre aber notwendig gewesen, um die Suspendierung des russischen Verbandes aufzuheben", erklärte inzwischen IAAF-Generaldirektor Olivier Gers. Eine Taskforce der IAAF reiste bereits am Montag nach Moskau, um sich mit den Verantwortlichen zu treffen.

Der neue Whistleblower Dmitriev, 2009 im Juniorennationalkader und anschließend fünf Jahre zum Studium in den USA, will indes sein Heimatland Russland auch nach seinen Aussagen nicht verlassen. "Ich möchte in Russland bleiben und mithelfen, das Problem zu lösen. Wenn du immerzu schweigst, wie es in Russland üblich ist, dann wird sich nichts ändern."

Die zweimalige Stabhochsprung-Olympiasiegerin Jelena Issinbajewa hat die neuesten Dopingenthüllungen inzwischen kritisiert und sich erneut gegen einen Generalverdacht gegen russische Sportler gewehrt. "Warum werden wieder alle Athleten ohne Beweise beschuldigt? Auf der ganzen Welt werden Dopingverstöße als persönliches Verschulden der Athleten oder des Betreuerstabes gewertet", schrieb die 34-Jährige im sozialen Netzwerk Instagram.

"Warum kontaktieren diese Informanten nicht die Behörden, anstatt heimlich Material zu filmen und es dann zu verkaufen?", fragte Issinbajewa. Die Stabhochspringerin war im Dezember zur Aufsichtsratsvorsitzenden der zurzeit suspendierten russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA gewählt worden. Zudem sitzt sie in der Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).

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