WADA-Präsident in Doha unter Beschuss

SID
Craig Reedie wird derzeit stark kritisiert
© getty

Die Debatte um die Wiederwahl von Craig Reedie zum Präsidenten der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA zeigt, wie tief die Gräben im internationalen Sport derzeit sind.

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Sir Craig Reedie atmete einmal tief durch, ehe er das Büßerhemd überzog.

"Ich entschuldige mich, dass es so passierte. Es war nicht so beabsichtigt", meinte der 75 Jahre alte Schotte und versuchte auf der Generalversammlung der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees ANOC in Doha zu kitten, was zu kitten ist.

Doch für viele hochrangige Sportfunktionäre der über 200 Nationalen Olympischen Komitees war es zu spät. Reedie hatte mal wieder den Bogen überspannt.

Die Ankündigung der WADA am Montag - kurz vor Sitzungsstart in der Wüste - ausgerechnet das Anti-Doping-Labor in der Gastgeberstadt Doha für vier Monate zu suspendieren, wurde allenthalben als Affront aufgefasst.

"Ich bin wirklich verärgert über den zeitlichen Ablauf des Prozesses", sagte das einflussreiche IOC-Mitglied Scheich Ahmad Fahad Al-Sabah, Unterstützer von Thomas Bach bei dessen Wahl zum Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Jahr 2013.

Wachsende Kritik an Reedie

Wieder einmal habe die WADA die Mitglieder der olympischen Familie kurzfristig in Verlegenheit gestürzt.

"Da gab es auch Fragen um die Veröffentlichung des McLaren-Reports und es ist wieder ähnlich hier in Doha", betonte Al-Sabah. Dem Protest schlossen sich mehrere die Delegationen an, darunter Vertreter aus Spanien und dem Südsudan.

In der olympischen Familie steigt der Unmut über Reedie, seine Wiederwahl am Sonntag in Glasgow wird in Frage gestellt. Auch ANOC-Chef Al-Sabah forderte für die Zukunft der WADA einen "neutralen Kandidaten", also jemand, der nicht in einem großen Verband involviert ist.

Reedie ist Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee.

Forderung nach Gewaltenteilung wird laut

Auch die nationalen Anti-Doping-Agenturen von 17 Ländern hatten Ende Oktober eine klare Gewaltenteilung im weltweiten Anti-Doping-Kampf gefordert.

Die WADA selbst indes meinte, Reedie sei einer neutraler Präsident.

"Die Agentur möchte klarstellen, dass WADA-Präsident Craig Reedie seit August nicht mehr Mitglied des IOC-Exekutivkomitees ist. Das bedeutet, dass der Präsident keine strategische Führungsrolle innerhalb des organisierten Sports hat", hieß es in einer Stellungnahme.

Zukunftspläne des IOC

Doch das IOC will Reedie wohl nur noch als Präsident auf Zeit.

Während der Gespräche des IOC-Exekutivkomitees Anfang des Monats sei Reedie unterrichtet worden, dass man in Zukunft einen neutralen Präsidenten wolle.

Reedie werde gewählt, solle aber gleichzeitig die Reformen der WADA einleiten und auch die alte Regel, wonach der Präsident der WADA abwechselnd aus dem Sport und aus den Regierungen komme, abschaffen.

"Auf dem Treffen nahm Sir Craig diesen Ansatz an und sagte, er würde einer solchen Lösung nicht im Wege stehen", sagte ein IOC-Sprecher.

Erst im Anschluss erhielt der Schotte die Rückendeckung des IOC für die Wahl am Wochenende.

Baldige Rückkehr Russlands zu internationalen Wettbewerben?

Derweil sieht Russland seinen Sport von allen Doping-Vorwürfen befreit und fordert die Rückkehr zu allen internationalen Wettbewerben.

"Unsere Schritte und Aktionen sind systematisch und konsequent und sind auf allen Ebenen umgesetzt", erklärte Alexander Schukow, Chef des Nationalen Olympischen Komitees, in Doha.

Schukow wies explizit auf das neue Anti-Doping-Gesetz seines Landes, das Trainer und Funktionäre hart bestrafe, die Sportler zu Doping animieren.

Russlands Leichtathleten waren wegen flächendeckenden Dopings im vergangenen Jahr von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen worden.

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