"Ein Schock für den deutschen Sport"

SID
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In den deutschen Medien herrscht Enttäuschung über das Hamburger "Nein" zu den Olympischen Spielen 2024. Doch es gibt auch Verständnis für das Ergebnis des Referendums - und Kritik am Sport und des IOC.

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Hamburger Abendblatt: "Hamburg hat sich selbst um eine große Chance gebracht. (...) Sagen wir es, wie es ist: Von außen betrachtet hat sich Deutschland mit Hamburg in einer Form blamiert, wie man es kaum für möglich gehalten hätte - auch wenn der Hauptgrund vermutlich die schwierige Weltlage gewesen ist. (...) Die Wahrnehmung und die Rolle Hamburgs in Deutschlands wird jetzt eine andere sein."

Hamburger Morgenpost: "Schade! Am Ende waren Zweifel, Ängste und Bedenken stärker als die Vision kleiner, feiner und zeitgemäßer Sommerspiele an der Elbe. 'Das Tor zur Welt' schreiben die Hamburger sich gerne auf die Fahne - gestern haben sie das Tor zugeschlagen. (...) Die einmalige Chance auf Olympische Spiele in unserer Stadt - und damit auch in ganz Deutschland - ist auf Jahrzehnte vertan. Schade, Hamburg. Es hätte so schön sein können."

Spiegel.de: "Es gibt grundsätzlich in der Bevölkerung mittlerweile ein tief sitzendes Misstrauen gegen Olympische Spiele und Fußballweltmeisterschaften, diese Supertanker der Sportveranstaltungen. Ein Misstrauen, das sich die großen Sportverbände selbst hart erarbeitet haben. (...) Jetzt bekommen sie von den Bürgern dafür die Quittung. (...) Es werden an diesem Abend in Hamburg einige traurig sein. Aber eigentlich muss das niemand."

Stern.de: "Mit dem 'Nein' zu Olympia zeigen die vermeintlich vorausschauenden Gegner, dass ihr Horizont kurz hinter dem eigenen Gartenzaun aufhört. Natürlich hätte ein "Ja" nicht bedeutet, dass die Spiele anschließend auch an die Elbe gegangen wären. Garantiert ist in diesen unsicheren Zeiten nämlich wenig. Aber wer nicht lebt, wird nichts erleben."

Süddeutsche Zeitung: "Nach dem Nein für Winterspiele in München hat sich der organisierte Sport nun schon die zweite donnernde Absage bei der Bevölkerung eingehandelt. Diese wird lange nachhallen. Olympia in Deutschland - auf Sicht ist diese Idee zu begraben. (...) Auch IOC-Präsident Thomas Bach kann das Votum nicht gefallen. Es zeigt, dass sein Programm zur Reformierung des Internationalen Olympischen Komitees nicht überzeugt."

Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Verantwortlich ist nicht die Politik und nicht die Elbphilharmonie. Es ist die Abscheu gegenüber der Organisation im Zeichen der Ringe. (...) Der Blick richtet sich auf Thomas Bach. Ihn, den Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, holt die Ablehnung der Kandidatur Münchens um die Winterspiele 2018 ein. Weder als erster Mann des deutschen Sports noch als Nummer eins des Weltsports konnte er die Sportbegeisterung seiner Landsleute in eine Bewerbung ummünzen. Wie auch?"

Frankfurter Rundschau: "Gerade in Zeiten, in denen sich reale und auch diffuse Ängste unter der Bevölkerung ausbreiten, wäre es nicht schlecht gewesen, sich auf ein Projekt zu konzentrieren, das grundsätzlich sehr viele positive Emotionen freisetzen kann. Bei allem Respekt, die Hamburger haben eine Chance für ganz Deutschland vertan."

Zeit.de: "Das Nein in Hamburg mag viele Gründe haben, etwa die Kosten oder den Terror. Entscheidend war das Misstrauen gegenüber dem ideenlosen und uninspirierten Sport."

Welt.de: "Wer künftig gleich losmaulen will, wenn Sportverbände wie das Internationale Olympische Komitee Großevents wieder einmal an totalitäre, diktatorische, autoritäre Regimes vergeben werden, denen Pomp und Profit vor Moral und Ethik geht, der möge zumindest kurz innehalten und bedenken: Das - glücklicherweise - demokratische Deutschland hatte die Chance auf Olympia. Es hatte die Chance, die Spiele anders, bescheidener, fröhlicher und, ja: vielleicht sogar besser zu machen. Es hat diese Chance ausgeschlagen."

Bild: "Aus der Traum! Ein schwarzer Tag für den Sport und für Deutschland. Die im Ausland belächelte 'German Angst' ist wieder da! Viele sehen die Zukunft nicht als Chance, sondern als Problem. Und das ist das Problem!"

Express: "Aus der Traum für Olympia in Hamburg, Schock für den deutschen Sport."

Rheinische Post: "Die Bürger haben es verpasst, ein Zeichen für Optimismus und Schaffenskraft zu setzen. Von einer kraftvollen Bewerbung hätten Impulse ausgehen können, die ins ganze Land hätten ausstrahlen können - und zwar weit über den Sport hinaus. Olympia hätte ein Leuchtturm-Projekt für Deutschland werden können, so wie es London 2012 in Großbritannien war."

General-Anzeiger Bonn/Kölnische Rundschau: "Hamburger sind sachliche Leute. Ihr Votum gegen Olympia überrascht daher nicht. Die Risiken und Nachteile erschienen den Hanseaten größer als ein mutmaßlicher Nutzen. Olympia ist einfach nicht mehr attraktiv, um das aufzufangen."

Kölner Stadt-Anzeiger: "Was für eine Niederlage. Mit dem Votum (...) ist weit mehr als nur eine lokalpolitische Entscheidung gefallen. Das Nein der Hamburger versetzt dem Sport insgesamt einen heftigen Schlag. Für den deutschen Sport ist das Ergebnis verheerend."

Berliner Zeitung: "Das Nein der Hamburger versetzt dem Sport insgesamt einen herben Schlag. Einmal mehr ist es den Verbänden und ihren Funktionären nicht gelungen, ihrem anspruchsvollen und gewiss auch kostspieligen Vorhaben zur nötigen Legitimation zu verhelfen."

Magdeburger Volksstimme: "Die Schere zwischen Fußball und dem Rest wird weiter auseinander gehen. Der seit Jahren kränkelnde Spitzensport muss sich nun selbst aus seiner Strukturklemme befreien."

Ostsee Zeitung: "Die mehrheitliche Ablehnung kam überraschend. Die Botschaft: Deutschland hat keine Lust mehr auf Mega-Events. (...) Olympia hätte Geld in die Fördertöpfe gespült, das ganze Sportland profitiert."

Mitteldeutsche Zeitung: "Man darf das ohne Wenn und Aber als Ohrfeige für den gesamten Sport und seine Funktionäre betrachten."

Leipziger Volkszeitung: "Und in welcher Stadt finden nun die Olympischen Spiele 2024 statt? In Los Angeles, Paris, Rom oder Budapest. Keiner der verbleibenden vier Bewerber hat vor, seine Bürger vor der Entscheidung um Erlaubnis zu fragen. "

Nürnberger Zeitung: "Offenbar hat man auch im Norden keine Lust auf sportliche Großereignisse. Es ist anscheinend so, dass es im saturierten Deutschland nicht (mehr) überzeugt, wenn die ganze Welt bei Olympischen Spielen auf das Land blickt - die Werbung und internationale Aufmerksamkeit hat man vielleicht nicht nötig. (...) Und schönen Sport will man wohl auch nicht sehen - ist ja eh alles dopingverseucht. Schade."

Stuttgarter Nachrichten: "Das ist schade, aber kein Weltuntergang. Die Reflexe der Menschen sind so schlicht wie verständlich. Aber wie heißt es im Sport: Aus Niederlagen lernen!"

Stuttgarter Zeitung: "Dieser Sonntagabend ist eine Zäsur für den deutschen Sport, denn er beendet den Traum von Olympischen Heimspielen für viele Jahre Der Traum von Olympia ist für die Verbände erneut zu einem Albtraum geworden. Deutschland ist dann mal weg von der Olympia-Bühne."

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