Ka Ora: Das ist Leben!

Von Frederick Müller
Die All Blacks wollen ihren WM-Triumph von 2011 wiederholen
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Eine Klatsche als Mutmacher

An Deutschland geht der Trend indes jedoch unbemerkt vorbei. Immerhin: Mit DHL, BMW und Adidas steigen drei Global Player als Hauptsponsoren der WM ein. Keine schlechte Entscheidung, bedenkt man, dass ein globales Millionenpublikum für einen vergleichsweise kleinen Preis erreicht wird. Das Potential des Marktes wird zumindest langsam erkannt.

Sportlich ist dagegen nichts zu holen. Zu gering ist die Aufmerksamkeit, zu bequem thront König Fußball an der Spitze der öffentlichen Wahrnehmung. Und das, obwohl die deutsche Nationalmannschaft so knapp wie nie zuvor an ihrer ersten WM-Teilnahme vorbeischrammte: Erst in der vorletzten europäischen Qualifikationsrunde musste sich Deutschland Russland vor circa 3500 Zuschauern in Hamburg mit 20:31 geschlagen geben. Russland scheiterte in der nächsten Runde an Uruguay, das damit zum 20 Teams umfassenden Teilnehmerfeld gehört.

Im Vergleich mit den Topteams wird Deutschland nicht wahrgenommen. Eine 8:64-Pleite gegen WM-Teilnehmer Georgien, Nummer 14 der Welt, wurde im Frühjahr 2015 als Mutmacher beschrieben. Das deutsche Lager hatte eine noch höhere Pleite erwartet.

Der Kapitän schraubt sein Team zum Titel

Ganz anders ist die Lage am anderen Ende der Welt. Dort sind Typen wie Richie McCaw Nationalhelden. Der Kapitän der All Blacks führt seine Kollegen in den komplett schwarzen Jerseys seit 2006 auf das Feld. Er ging vorne weg, als man 2007 in Cardiff überraschend im WM-Viertelfinale gegen Frankreich scheiterte. Und er führte das Team zur Revanche 2011, als die All Blacks denselben Gegner im engsten Finale aller Zeiten niederrang und sich mit 8:7 die nach dem Gründer benannte Webb Ellis Trophy endlich zum zweiten Mal sicherte. Und das mit gebrochenem Fuß.

Eine Schraube, die einen Ermüdungsbruch zusammenhielt, brach noch vor dem Finale einen anderen Mittelfußknochen. Für die 108-Kilo-Maschine kein Grund zur Aufgabe. Nach dem Triumph ließ er sich operieren. "Ich weiß nicht, wie er das gemacht hat. Er konnte ja nicht einmal richtig gehen", schüttelte Weltmeister-Coach Henry Graham damals den Kopf. Es sind solche Geschichten und Athleten wie McCaw, die diesen kampfbetonten, energischen Ballsport so spektakulär machen.

All Blacks über alles

Es wird die letzte große Bühne für den besten Dritte-Reihe-Stürmer der Welt werden. Im Sommer spielte er gegen Australien sein 142. Länderspiel, seitdem er 2001 im Alter von 20 Jahren zum ersten Mal das schwarze Trikot mit dem weißen Silberfarn auf der linken Brust überstreifen durfte. Kein Rugbyspieler hat jemals mehr Partien für sein Land absolviert. Nun soll der Titel verteidigt werden, danach ist Schluss: "Wir sind noch nicht am Ende. Da ist ein Berg, den wir erklimmen wollen", so "Captain Fantastic" im Vorfeld an das Turnier.

Mit ihm werden insgesamt neun weitere erfahrene Haudegen ihren Hut nehmen. Unter anderem auch Daniel Carter, der mit 1.516 Zählern mehr Punkte als jeder andere Spieler gesammelt hat. Der Spielmacher verlässt seine Heimat, um in Frankreich bei Racing Metro für eine gefüllte Rentenkasse zu sorgen. Damit scheidet er als Nationalspieler aus, denn All Black darf sich ein Spieler nur nennen, wenn er auch in Neuseeland aktiv ist. Doch das ist für die meisten Spieler wertvoller, als das große Geld in den europäischen Ligen.

"Du musst hässlich sein"

Die Zeichen stehen gut, dass die Rugbywelt am 31. Oktober in Twickenham kurz vor dem Kickoff des Finales Mucksmäuschenstill sein wird. Wer den Haka dann anstimmt, ist nicht so wichtig. Seit 2005 ist es nicht einmal mehr zwingend erforderlich, vom Volk der Maori abzustammen. Seitdem gibt es den Kapa O Pango. Der neue Haka ist inhaltlich extra auf die All Blacks abgestimmt und wechselt sich nun mit dem Ka Mate ab. Meist entscheiden die Führungsspieler gemeinsam mit dem Trainerstab, wer den Ton angibt.

Liam Messam gehört zu jenen Führungsspielern und kennt die Kriterien: "Du musst hässlich sein. 99 Prozent der Jungs sind hässlich, also scheitert es selten daran. Du solltest selbstbewusst sein und dir keine Gedanken machen, was andere über dich denken. Aber je hässlicher und furchteinflößender du aussiehst, desto besser."

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