Kricket-Fieber auf dem Höhepunkt

SID
Im WM-Finale treffen mit Australien und Neuseeland die beiden Co-Gastgeber aufeinander
© getty

Fast unbemerkt von Europa und Amerika elektrisiert das Traumfinale der Kricket-WM zwischen den Co-Gastgebern Australien und Neuseeland einen großen Teil der Welt. Und treibt mitunter skurrile Blüten. Ein Beispiel? Peter Thompson. Um am Sonntag (5.30 Uhr MESZ/14.30 Uhr Ortszeit) im mit fast 100.000 Zuschauern ausverkauften Melbourne Cricket Ground live dabei zu sein, nimmt der in England lebende Neuseeländer eine Reise der besonderen Art in Kauf.

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Mehr als 34.000 Kilometer und 50 Stunden wird Thompson insgesamt unterwegs sein, gerade einmal 18 Stunden verbringt er in Melbourne - allerdings verpasst er aufgrund der Zeitverschiebung auch nur einen Arbeitstag. "Die häufigste Reaktion, die ich bekomme, ist Neid", sagte Thompson: "Jeder Neuseeland-Fan versteht die Mission, die hier erfüllt werden muss."

Alleine diese Episode macht klar: Das Kricket-Fieber in Australien und Neuseeland ist auf dem Höhepunkt. Die Rivalität zwischen den beiden sportverrückten Ländern ist ohnehin groß, doch während im Rugby die Kiwis seit Jahren das weltweit dominierende Land sind, war im Kricket lange Australien das Maß der Dinge.

"Noch nie da gewesener Showdown"

Die australische Tageszeitung Daily Telegraph schrieb von einem "noch nie da gewesenen Showdown", der New Zealand Herald verglich das Duell der heimischen "Black Caps" beim Nachbarn gar mit Star Wars. Die Rollen im Kampf Gut gegen Böse sind dabei - natürlich - klar verteilt: Während die neuseeländische Rebellenallianz von Kapitän Brendon McCullum alias Han Solo angeführt wird, steht das gastgebende, Imperium ganz unter Kontrolle von Kapitän Michael Clarke alias Darth Vader.

Doch ebenso wie diese Stilblüten findet Kricket generell außerhalb des ehemaligen British Empire kaum Beachtung. Auch wegen komplizierter Regeln und Spielen, die mehrere Stunden, bisweilen sogar Tage dauern.

Dabei sagen Experten, ein Kricket-Spiel sei wie ein sehr guter Roman: kompliziert im Aufbau, verzwickt in der Handlung, prickelnd in der Auflösung. Das Duell zwischen dem entthronten Titelverteidiger Indien und Pakistan sollen eine Milliarde Menschen an den Fernsehern verfolgt haben.

Kein Happy-End für England

Zumindest für England gab es bei dieser WM kein Happy-End. Wieder mal. Die ehemaligen Kolonien haben dem Kricket-Mutterland längst den Rang abgelaufen. Mit zwei Siegen aus sechs Spielen mussten die Engländer schon nach der Vorrunde nach Hause fahren. Zweideutig und voller Schadenfreude attestierten australische Medien den Verlierern "missing balls".

Das Finale am Sonntag scheint dagegen völlig offen. Neuseeland blieb in allen acht bisherigen WM-Partien siegreich, darunter auch in der Vorrunde gegen Australien. Allerdings spricht der Heimvorteil im legendären MCG eindeutig für die Gastgeber.

Für die "Aussies" wäre es bereits der fünfte WM-Titel. Zwischen 1999 und 2007 gewannen sie alleine dreimal in Folge.

Erste Finalteilnahme für Neuseeland

Für Neuseeland ist es dagegen die erste Finalteilnahme. Die selbst für den Star-Schlagmann der Kiwis, Grant Elliott, überraschend kam. Nachdem er in einem dramatischen Halbfinale gegen Südafrika in letzter Sekunde den Sieg gesichert hatte, muss er nun auf die Hochzeit seiner Schwester verzichten. Bei den Planungen hatte er zuvor sein Okay gegeben - und wohl selbst nicht an einen Finaleinzug geglaubt.

Eine Entschädigung für sein Fernbleiben gibt es aber: Sollte Elliott mit den Black Caps den historischen WM-Titel gewinnen, will er Schwester und Schwager die Hochzeitsreise bezahlen - an einen Ort ihrer Wahl.

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