Philip Köster: Ein deutscher Superstar

Von Interview: Haruka Gruber
Philip Köster: Als 19-Jähriger schon zweimaliger Windsurf-Weltmeister
© imago

Noch immer im Teenager-Alter - dennoch der Regent seiner Sportart: Philip Köster, der "Messias mit dem Surfbrett". 2011 wurde der damals 17-Jährige als erster Deutscher überhaupt Weltmeister im Windsurfing. 2012 verteidigte er den Titel - und könnte wie Sebastian Vettel den "Oscar des Sports" gewinnen. Bei den Laureus World Sports Awards am Montag in Rio de Janeiro ist er in der Kategorie "Laureus World Action Sportsperson of the Year" für den besten Extrem- und Trendsportler nominiert.

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SPOX: Sie haben sich das Ziel gesetzt, irgendwann in die Fußstapfen der beiden Surf-Legenden Robby Naish und Björn Dunkerbeck zu treten. Nach Ihrem zweiten WM-Titel: Wie würden Sie das bisher von Ihnen Geleistete historisch einstufen?

Philip Köster: Trotz der beiden WM-Titel stehe ich erst am Anfang meiner Karriere, daher möchte ich erst einmal nicht in historischen Dimensionen denken und beurteilt werden. Zunächst ist es mein Ziel, mich in den Top 5 zu etablieren und noch öfter Weltmeister zu werden. Aber grundsätzlich gefällt es mir schon, mit Naish und Dunkerbeck verglichen zu werden. Wir alle feiern oder feierten als sehr junge Sportler Erfolge. Vor allem Naish ist ein Idol: Unternehmerisch, weil er seine eigene Board- und Segelmarke gründete, die er erfolgreich vermarktet. Und auch immer noch sportlich, weil ihm nie der Spaß verloren geht am Windsurfen und bis heute die Herausforderung sucht. Er geht noch heute in Maui bei schwierigsten Bedingungen raus.

SPOX: Wie ist Ihr Verhältnis zu Naish?

Köster: Wir kennen uns und wir waren vor Hawaii schon zusammen im Wasser. Für mich klingt es verrückt, dass er mit 13 Jahren erstmals Weltmeister wurde.

SPOX: Sie selbst wechselten als 14-Jähriger in die Profi-Szene und brachen mit 16 nach der Mittleren Reife die Schule ab. Was sagten Ihre Eltern dazu? Ihre Mutter ist selbst Lehrerin.

Köster: Sie schlugen das sogar selbst vor - und ich bin Ihnen sehr dankbar. (lacht) Es ging organisatorisch einfach nicht mehr, Sport und Schule zu kombinieren. Manchmal war ich drei, vier Monate abwesend, musste alles auf einmal nachholen und an einem Tag so viele Tests wie möglich nachschreiben. Die Mittlere Reife hat geklappt, es wurde allerdings zusehends schwieriger.

SPOX: Ihre Eltern wanderten 1980 von Deutschland auf die Kanaren-Insel Gran Canaria aus, wo Sie geboren wurden und bis heute leben. Wie wurden Sie erzogen?

Köster: Meine Eltern sind nicht überstreng und möchten mich so lassen, wie ich bin. Daher kam es für sie nie in Frage, mich zur Schule zu zwingen. Sie wollen fördern, woran ich Spaß habe - und das ist eben das Windsurfen. Ich glaube, dass ist eine gute Einstellung. Mein Vater surft ebenfalls leidenschaftlich und man sieht ihm an, dass er Spaß hat. Er ist zwar über 60, aber er sieht eher aus wie 30. Vor allem im Vergleich zu den Vätern meiner Freunde. (lacht)

SPOX: Stimmt es, dass Sie seit dem Ende der Schulzeit nie wieder den Wecker stellen mussten und sich von der Sonne wecken lassen?

Köster: Das stimmt, ich stelle mir nur den Wecker, wenn ich einen Flieger erwischen muss. Ansonsten lasse ich mich von der Sonne wecken, die durch mein offenes Fenster in mein Gesicht scheint, wenn ich auf dem Bett schlafe. Echt toll. Häufig ist meine Mutter schon in der Schule und mein Vater bei der Arbeit. So kann ich ohne Stress aufstehen, schaue aus dem Fenster, wie der Wind und die Wellen sind, und es geht dann sofort raus mit dem Brett.

SPOX: Ihr Leben klingt wie ein Traum. Besonders, weil Sie den Großteil des Jahres auf Gran Canaria leben - und die restliche Zeit auf Hawaii.

Köster: Seit meinem 12. Lebensjahr verbringe ich jedes Jahr ein, zwei Monate auf Hawaii. Es ist Traumreise und Trainingslager in einem. Weil vor Gran Canaria der Wind immer von links kommt, muss ich über einen längeren Zeitraum den Wind von rechts trainieren - und diese Bedingungen finde ich auf Hawaii. Um in der Weltspitze mitzuhalten, muss man beide Winde kontrollieren. Dieses Jahr werde ich zwar nur einen Monat auf Maui sein, weil einige Promo-Termine anstehen, das sollte trotzdem ausreichen. Mit dem Wind von rechts habe ich mittlerweile keine Probleme mehr.

SPOX: Sie sprechen die Promo-Termine an. Hat sich nach Ihren beiden Weltmeister-Titeln etwas am Tagesablauf verändert?

Köster: Den Luxus mit dem Ausschlafen habe ich mir bewahrt, ansonsten gibt es schon Veränderungen, vor allem in Hinblick auf die Verpflichtungen gegenüber meinen Sponsoren. Ich muss sehr viel mehr Zeit investieren in Filmprojekte, "Meet and Greet"-Veranstaltungen und Promo-Reisen, wobei solche Events insgesamt sehr viel Spaß mit sich bringen.

SPOX: Und Einnahmen.

Köster: Natürlich ist es komfortabel, von meinem Sponsor ein Auto gestellt zu bekommen oder ein Smartphone direkt neu kaufen zu können, nachdem das alte einem gestohlen wurde. Ansonsten blieb vieles gleich - leider auch der Stress am Flughafen. Es sind wegen den vielen Surfbrettern bestimmt 160 Kilogramm, die ich und mein Vater zum Terminal schleppen müssen. Und dann gibt es nervige Diskussionen mit den Fluglinien, wie viel Mehrgepäck wir mitnehmen dürfen. Vor einem Flug nach Australien mussten wir wegen 20 Kilo zu viel 2000 Dollar nachzahlen. Das tat weh.

SPOX: Es klingt nicht nach dem glamourösen Leben eines Superstars. Helfen solche Episoden, um sich selbst nicht zu überhöhen?

Köster: Ich glaube schon. Wenn ich ein Sportler wäre, der Millionen verdient, könnte es vielleicht passieren, dass man abhebt. Ich bin aber weiterhin sehr bodenständig.

SPOX: Was denken Sie, wenn Sie in den Medien als "Jahrhunderttalent" oder sogar "der Messias mit dem Surfbrett" bezeichnet werden?

Köster: Viele Artikel kenne ich gar nicht und höre nur von Freunden davon, was über mich geschrieben wird. Ich finde es sehr schön und freue mich darüber. Es wurde mit Verweis auf Sebastian Vettel geschrieben: "Der Vettl auf dem Brettl" - das ist cool! Für mich ist es wichtig, dass das Windsurfen wieder in der Öffentlichkeit stattfindet und ich mit meinen Erfolgen einen Teil dazu beisteuern kann.

SPOX: Der britische Surf-Experte Matthew Pryor sagt: "Philip ist wie Boris Becker. Schon jetzt größer als alle anderen. Er ist ein Wunderkind." Wann gelang Ihnen der erste einfache Loop? Also eine Drehung mit dem Surfbrett in der Luft.

Köster: Mit 11.

SPOX: Wann der zweifache Loop?

Köster: Mit 13.

SPOX: Und wann stehen Sie als erster Surfer überhaupt den dreifachen Loop? Wenn er einem zugetraut wird, dann Ihnen.

Köster: Am Triple war ich gar nicht dran, ich übe zurzeit neue Kombinationssprünge, die im Wettkampf häufig mit hohen Punktzahlen bewertet werden, wenn man sie sauber steht. Der Triple ist in meinem Kopf, jedoch ist er nicht mein Schwerpunkt, eher Fun.

SPOX: Eine weitere magische Zahl: ein Sprung über die 20 Meter Höhenmarke.

Köster: Grundsätzlich ist eine Sprunghöhe von 15 Metern schon verdammt hoch, den man erst einmal stehen muss. In Australien bin ich extrem hohe Backloops gesprungen wie noch nie in meinem Leben, aber wie viele Meter das waren, kann ich leider nicht sagen. Bei einem Sprung habe ich in der Luft losgelassen, weil es sonst noch höher gegangen wäre. Dennoch dauerte der Fall ins Wasser recht lange und der Aufprallschmerz war schlimmer als sonst. (lacht)

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