O'Sullivan zum vierten Mal Snooker-Weltmeister

Von Alexander Mey
Ronnie O'Sullivan besiegte im Finale in Sheffield Allister Carter (r.)
© Getty

Ronnie O'Sullivan wird zum vierten Mal Weltmeister und spielt seine Gegner in Grund und Boden. Er ist einer wie Lionel Messi, aber nur, wenn er seine Dämonen vertreiben kann - wie diesmal.

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Ronnie O'Sullivan ist zum vierten Mal in seiner Karriere Snooker-Weltmeister. Zur Krönung eines überragenden Turniers in Sheffield besiegte er im Finale Ali Carter mit 18-11 Frames.

Es gibt nichts Leichteres, als Snooker-Weltmeister zu werden. Mit diesem Eindruck muss jeder die WM 2012 in Erinnerung behalten, wenn er O'Sullivan in den vergangenen gut zwei Wochen zugeschaut hat.

"Die WM ist wie der Iron Man"

Der Meister seines Fachs, der Geniale, der vielleicht begnadetste Snooker-Spieler aller Zeiten hat wieder einmal zugeschlagen. Zum vierten Mal nach 2001, 2004 und 2008. "The Rocket" zerlegte im altwehrwürdigen Crucible Theatre in Sheffield einen Gegner nach dem anderen und machte im Finale beim klaren 18-11-Sieg auch vor Überraschungs-Finalist Carter nicht Halt.

Der O'Sullivan, der so oft zwischen Genie und Wahnsinn pendelt, der 2012 zwar das German Masters in Berlin gewann, sonst aber bei den Weltranglisten-Turnieren derart große Probleme hatte, dass er drohte, aus den Top 16 der Weltrangliste zu fallen, spielte bei der WM sein bestes Snooker seit Jahren.

"Die WM ist ein Ausdauertest wie der Iron Man. Das ist hart", sagte der neue Champion. "Ich wollte vor allem beweisen, dass ich immer noch in der Lage bin, die Leute hier durch mein Spiel zu unterhalten."

Carter ohne Chance im Finale

Das tat er in Perfektion, obwohl seine Auslosung wahrlich nicht einfach war. In Runde eins fegte er Ex-Weltmeister Peter Ebdon mit 10-4 vom Tisch, im Achtelfinale Doppel-Weltmeister Mark Williams mit 13-6. Gegen den Champion von 2010, Neil Robertson, tat er sich beim 13-10 im Viertelfinale am schwersten, bevor er im Halbfinale den zweimaligen WM-Finalisten Matthew Stevens ganz alt aussehen ließ (17-10).

Im Finale war Carter dran, den O'Sullivan schon 2008 im Finale deutlich mit 18-8 besiegt hatte. Wohl niemand hätte damit gerechnet, Carter vier Jahre später erneut im Finale gegen O'Sullivan spielen zu sehen, schließlich leidet der an der chronischen Darmkrankheit Morbus Crohn und dachte zwischenzeitlich sogar über das Karriereende wegen seiner gesundheitlichen Probleme nach.

Trotzdem biss er sich stark durchs Turnier - bis "The Rocket" ihm die Grenzen aufzeigte. Nur bis zum 3-3 nach Frames ließ er Carter auf Augenhöhe mitspielen. Am Ende des ersten von zwei Finaltagen rettete sich Carter mit hartem Kampf noch zu einem erträglichen 7-10-Rückstand, bevor er in der dritten Session alles herschenkte. Beim Zwischenstand von 15-10 war die abschließende Session nicht viel mehr als ein Schaulaufen von O'Sullivan.

"Dieser Titel ist der Gipfel"

Es war ein beeindruckender, für seine Gegner beängstigender Durchmarsch zum WM-Titel. O'Sullivan präsentierte sich für ihn ungewohnt konstant, nervenstark und geduldig. Er lochte stark, spielte starke Safetys, durch die er auch umkämpfte Frames gewinnen konnte, und bestach vor allem durch nahezu perfektes Stellungsspiel. Die absolute Kontrolle über den Spielball ließ auch die höchsten Breaks kinderleicht aussehen.

O'Sullivan ist in dieser Form einer wie Lionel Messi. Man muss kein Fan von ihm sein, um seine Genialität anzuerkennen. Aber während sich Messi nur sehr selten Schwächen leistet, sind Vorstellungen wie die von O'Sullivan bei dieser WM eher seltene Höhepunkte im Leben eines Snooker-Fans.

"Ohne meinen Psychologen würde ich nicht mehr spielen. Es war hart für mich, weil ich mich vielen Dingen stellen musste, vor denen ich manchmal lieber weggelaufen wäre", beschrieb O'Sullivan die mentalen Probleme, die seine Karriere immer begleitet haben, fügte aber versöhnlich und sichtbar glücklich hinzu: "Dieser Titel ist der Gipfel."

O'Sullivan nun dritterfolgreichster Spieler

O'Sullivan ist nun viermaliger Weltmeister und damit gleichauf mit John Higgins hinter Stephen Hendry (7) und Steve Davis (6) der dritterfolgreichste Snooker-Spieler der modernen Ära. Gemessen an seinem Talent könnte er aber schon jetzt auf einer Stufe mit Hendry stehen.

Eben dieser Stephen Hendry wurde passender Weise vor Beginn der letzten Session des Finals von O'Sullivan und Carter noch einmal mit Standing Ovations für seine grandiose Karriere geehrt. Hendry erklärte nach seinem Viertelfinal-Aus gegen Stephen Maguire seinen Rücktritt.

Zur Krönung schaffte er in Runde eins gegen Stuart Bingham noch das elfte Maximum Break seiner Karriere bei einem Ranglisten-Turnier. So viele hat nur ein weiterer Spieler geschafft - Ronnie O'Sullivan.

Aber der hat im Gegensatz zu Hendry die Chance, noch weitere Maximum Breaks und WM-Titel folgen zu lassen. Vorausgesetzt, er bleibt der Geniale, der er bei der WM 2012 war.