Roßkopf hofft auf London

SID
Trainer Liu Guoliang (M.) klatscht höflich, aber Chinas Triumph war nie wirklich gefährdet
© Getty

Wenigstens nach dem WM-Finale lagen die deutschen Tischtennis-Asse vor China. Als sich Cheftrainer Liu Guoliang gerade den Fragen der Weltpresse stellen wollte, wurde er freundlich aber bestimmt vom Podium gebeten. Erst seien die Deutschen dran. Bundestrainer Jörg Roßkopf wuschelte seinem Amtskollegen durchs kurze Haar und schickte ihn mit einem Klaps aus dem Rampenlicht.

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Liu Guoliang ließ das alles mit einem Lächeln über sich ergehen, schließlich hatte seine Mannschaft das Team um Boll gerade klar besiegt und war zum 18. Mal Weltmeister geworden. Doch rundum fröhlich war der 36-Jährige nicht. "Die Deutschen machen uns jedes Jahr Druck. Doch wir würden uns mehr so starke Gegner wie Deutschland wünschen", sagte der Olympiasieger von 1996. In China wächst die Sorge, dass die eigene Dominanz der Ruin der Sportart werden könnte.

Irgendwann muss China verlieren

Und so bemühte sich der Cheftrainer, dass 3:0 als knappes Ergebnis darzustellen. "Es klingt einseitig. Aber wenn man sich jedes Match einzeln anschaut, dann war es eng", sagte Liu Guoliang. In der Tat beschlich einen das Gefühl, dass Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Baum durchaus in der Lage sind, zumindest ein kleines Loch in die chinesische Mauer zu schlagen.

Roßkopf hofft deshalb auf ein baldiges Ende der totalen Dominanz Chinas. "Für die Tischtennis-Welt ist es wichtig, die Chinesen irgendwann zu schlagen", betonte der Doppel-Weltmeister von 1989 und definierte sein "irgendwann" gleich noch: "Wir hoffen, dass wir uns im Olympiafinale wiedersehen. Da wollen wir dann unsere Chance nutzen."

Doch Roßkopfs Blick geht auch nach hinten. Mannschaften wie Südkorea und Japan sei man derzeit überlegen, auf der sicheren Seite fühlt sich der Bundestrainer trotzdem nicht. "Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, um auf Position zwei zu bleiben", mahnte er. Vor allem Südkorea habe eine junge Mannschaft mit viel Potenzial.

Schlaghärte, Atheltik, Druck

Die Hausaufgaben können also nur sein, die Dinge noch mehr so anzupacken, wie es die Chinesen tun. Nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Das tägliche harte Training ist schon allein wegen der vielen Termine in Europa nicht realisierbar. Den Druck innerhalb des Teams zu erhöhen mangels hochklassiger Spieler nicht umsetzbar.

Zeigten Chinas Asse vor ein paar Jahren noch ab und zu einmal Nerven, genießen sie jetzt sogar Spiele wie das Finale in der Westfalenhalle, wo ein Großteil der 11.000 Fans den Gegner anfeuerte. China erlaubte es sich sogar, die WM als interne Olympia-Qualifikation zu nutzen. Selbst das lastete auf den Spielern.

Timo Boll machte noch weitere Schwächen aus. "Bei der Schlaghärte sind sie uns einen Tick voraus. Sie haben gewaltige Power in ihren Schlägen", sagte der WM-Dritte. Zunächst soll allerdings im athletischen Bereich angesetzt werden: "Die Chinesen sind einfach fitter."

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