Gastgeber Indien ist Cricket-Weltmeister

Von Anant Agarwala
Als erstes Gastgeberland holt Indien den Cricket-WM-Titel
© Getty

Indien ist der neue Cricket-Weltmeister. Im Wankhede Stadium in Mumbai besiegte das Team um Skipper Mahendra Singh Dhoni Sri Lanka in einem wahnsinnig engen Duell mit sechs Wickets. Für Indien ist es der zweite Titel nach 1983. Sri Lanka muss wie schon 2007 eine bittere Finalpleite hinnehmen.

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Was für ein Drama in Mumbai. Der 2. April schreibt Cricket-Geschichte, Indien wird als erstes Team überhaupt auf heimischen Boden Weltmeister. Skipper Mahendra Singh Dhoni brach mit seinem siegbringenden Sixer im vorletzten Over alle Dämme auf dem Subkontinent.

Während des Spiels hatte Indien stillgestanden. Die Straßen von Delhi, Bombai, Kolkata - wie leergefegt. Doch schon Sekunden nach dem Schlusspfiff verwandelte sich das Land in eine einzige Party.

Die Erwartungen, gerade an das indische Team, waren wie gewohnt riesig. Während nach dem Erstrundenaus bei der letzten Weltmeisterschaft auf den West Indies noch die Häuser der Spieler mit faulem Obst beschmissen wurden, gab es für die 1,2 Milliarden Inder in den 42 Tagen des Turniers in Indien, Sri Lanka und Bangladesch wenig zu meckern.

Verwirrung beim Münzwurf

Nach dem Viertelfinalsieg gegen den großen Favoriten Australien und dem Halbfinalsieg gegen den Erzrivalen Pakistan ging Indien gegen die Ceylonesen nicht nur wegen des Heimvorteils als Favorit in die Partie.

Doch schon bevor der erste Ball geworfen wurde, gab es den ersten Rückschlag. Beim Münzwurf verstand niemand die Ansage von Sri Lankas Skipper Kumar Sangakkara. Es war einfach zu laut im Stadion. Heads or Tails?

Das Wankhede Stadium in Mumbai bebte. Nicht umsonst, hat der Münzwurf im Cricket doch weit mehr Einfluss auf das Spiel als etwa im Fußball. Beide Kapitäne verfolgen das gleiche Ziel: Ihr Team als erstes an den Schlag gehen zu lassen.

Der Blick auf die Statistik verrät: In sieben der neun bisherigen Cricket-Weltmeisterschaften gewann eben jenes Team den Titel, das im Finale zuerst ihre Batsmen auf den Platz schickte. Denn der immense Druck eines hohen Rückstands für das zweite Team gibt oftmals den entscheidenden Ausschlag.

Ein weiterer Münzwurf entscheidet, Sangakkara schreit "Heads" und liegt richtig - Sri Lanka darf batten.

Jayawardena dreht auf

Indiens Bowler beginnen stark, besonders Zaheer Khan hält die opening Batsmen Upul Tharanga und Tillakaratne Dilshan auf einer minimalen run rate. Nach 10 Overs stehen lediglich 31 Runs zubuche, Tharanga ist bereits out.

Als mit Dilshan in Over 16 der mit insgesamt 500 Runs erfolgreichste Batsmen des Turniers von Harbhajan Singh geschlagen wird, scheint Indien bereits klar auf der Siegerstraße.

Doch ein Mann hat etwas dagegen: Mahela Jayawardena. Er trägt sein Team das verbleibende Innings mit einem Century von 103 Runs (not out) und erzielt mit wechselnden Partnern noch ein Gesamtergebnis von beachtlichen 275 Runs bei sechs Outs. Unglaubliche 63 Runs allein in den letzten fünf Overs.

Entsprechend unter Druck steht Indien im zweiten Innings. Die Hoffnungen und Sehnsüchte von 1,2 Milliarden Menschen scheinen zunächst zu groß. Schon mit dem zweiten Ball muss Virender Sehwag gehen und erstickt die permanenten Gesänge aus über 30.000 Kehlen.

Gambhir verpasst Century knapp

Als auch Nationalheld Sachin Tendulkar bei seinem wohl letzten Spiel bei einer WM nur 18 Runs zustande bringt, ist es fast still im weiten Rund. Doch der junge Gautam Gambhir reanimiert den ohnmächtigen Favoriten, später übernimmt Dhoni das Kommando.

Gambhir verpasst mit 97 Runs nur knapp ein Century und Dhoni bleibt es vorbehalten, mit dem einzigen Sixer des indischen Teams bei 10 verbleibenden Würfen das Ergebnis auf 277 Runs zu schrauben und seine Nation in Ekstase zu versetzen.

Dhoni wird offiziell Man of the Match, doch auf den Schultern getragen wird ein anderer: Sachin Tendulkar. "Wir haben diesen Titel für ihn und ganz Indien geholt", sagt der Mann des Turniers, Yuvraj Singh, nach dem Spiel.

"Stolzester Moment"

"Er hat das Gewicht der Nation 20 Jahre auf seinen Schultern getragen". So spricht Tendulkar mit Tränen in den Augen auch vom "stolzesten Moment meines Lebens" - mit dem WM-Titel scheint seine Mission erfüllt, der fast 38-Jährige wird seine Nationalmannschaftskarriere aller Voraussicht nach bald beenden.

Und da auch Trainer Gary Kirsten aus familiären Gründen Indien den Rücken kehrt, deutet sich ein größerer Umbruch im Weltmeisterteam an.

Doch daran denkt in diesen Stunden niemand. Es würde nicht verwundern, wenn schon Montagmorgen nach dem großen Rausch des Wochenendes der 2. April zum nationalen Feiertag erhoben würde.