Schlampige Kontrollen in China machen Hoffnung

SID
Dimitrij Ovtcharov wurde am 2. September 1988 in Kiew geboren
© Getty

Der deutsche Tischtennis-Nationalspieler Dimitrij Ovtcharov und sein Anwalt Manfred Lehner wollen den Verdacht gegen den Mannschafts-Olympiazweiten auf Doping mit Clenbuterol entkräften. Eine wichtige Stützeder Verteidigungsstrategie sind dabei voraussichtlich Berichte überwiederkehrende Lebensmittelvergiftungen in China durch das Kälbermastmittel.

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In der Doping-Affäre um den deutschen Tischtennis-Nationalspieler Dimitrij Ovtcharov darf sich der 22-Jährige Hoffnungen auf eine Entlastung machen.

Mehrere Medienberichte über Lebensmittelvergiftungen in China durch das Kälbermastmittel Clenbuterol in Fleischspeisen und die Meinung verschiedener Doping-Experten stützen die Vermutungen des Mannschafts-Olympiazweiten, dass die verbotene Substanz durch kontaminiertes Fleisch während der China Open in seinen Körper gelangt sein könnte.

"Wochen nach der positiven Probe einen eindeutigen Beweis zu liefern, wie es zu dem Befund kam, ist nicht möglich. In Doping-Fragen geht es beim Nachweis der Unschuld darum auch zumeist darum, das positive Analyse-Ergebnis plausibel erklären zu können. Das werden wir tun", erklärte Ovtcharovs Rechtsanwalt Michael Lehner einen Tag nach Bekanntgabe der positiven A-Probe seines Mandanten auf "sid"-Anfrage.

Ovtcharovs Rechtsanwalt zuversichtlich

Als eindeutigen Hinweis auf die unschuldige Verstrickung des Top-15-Spielers in die Doping-Thematik wertet Lehner dabei besonders Angaben chinesischer Zeitungen aus der jüngeren Vergangenheit über Clenbuterol in Lebensmitteln. Demnach waren zuletzt in China über 70 Menschen nach dem Genuss von mit dem Kälbermastmittel verseuchten Schweinefleisch erkrankt.

2006 war in dem asiatischen Riesenreich Clenbuterol in Schweinefleisch infolge schlampiger Lebensmittelkontrollen ebenfalls Auslöser von gleich 336 Krankheitsfällen. Lehner: "Unter den bislang bekannten Umständen wird kein Gericht der Welt sagen können, dass Dimitrij Ovtcharov gedopt hat."

Unabsicht ist "technisch gesehen möglich"

Rückendeckung erhält Ovtcharovs Lager auch vom Doping-Experten Prof. Wilhelm Schänzer. Dem "ZDF" sagte der Leiter des Instituts für Biochemie in Köln, dass es Hinweise auf den illegalen Einsatz von Clenbuterol bei der Masttierhaltung in China gebe und man prinzipiell nicht ausschließen könne, dass Clenbuterol über die Nahrung aufgenommen würde.

Ähbnlich schätzt Mario Thevis vom Zentrum für Präventive Dopingforschung (Köln) die Situation ein. "Technisch gesehen ist es möglich, dass Spuren von Clenbuterol über die Nahrungsaufnahme in den menschlichen Organismus gelangen und zu einer positiven Dopingprobe führen", sagte Thevis der Zeitung "Die Welt".

Die wiederkehrenden Clenbuterol-Vergiftungen in China und die Einschätzung der Fachleute sollen offenbar als Teile einer möglichst lückenlosen Indizienkette die Unschuldsvermutung zugunsten des gebürtigen Ukrainers stärken. Einen weiteren Baustein in Lehners Strategie bildet voraussichtlich eine Haarprobe des Team-Vizeweltmeisters: Die Analyse soll den Ausnahme-Charakter des positiven Clenbuterol-Wertes bei Ovtcharov innerhalb eines langfristigen Zeitraumes nachweisen.

Keine Wettkampfkontrollen bei den China Open

Einen grundsätzlichen Stellenwert von Athleten-Angaben auch bei vermeintlich klaren Sachlagen wie im Falle von identischen A- und B-Proben bestätigte Sprecher Berthold Mertes von der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA). "Es gibt das Anhörungsverfahren, damit Begleitumstände in Betracht gezogen werden können", sagte Mertes dem "sid".

Eine Schwächung von Ovtcharovs Ausführungen durch Dopingproben anderer Spieler erscheint nach derzeitigem Stand nicht möglich: Bei den China Open, nach denen der frühere EM-Dritte seine Dopingprobe nach eigenen Angaben mit einem reinen Gewissen abgegeben hatte, wurden keine Wettkampfkontrollen durchgeführt.

Ovtcharov kann somit zumindest auch nicht indirekt durch negative Testergebnisse von Konkurrenten vom gleichen Zeitpunkt und mit gleichem Aufenthaltsort belastet werden.

Doping-Affäre um Ovtcharov: Team-Gold bei EM nicht in Gefahr