UFC

Im Käfig mit der Kampfmaschine

Von Für SPOX in Hamburg: Benny Semmler
SPOX-Reporter Benny Semmler im Infight mit MMA-Fighter Dennis Siver
© spox

Mixed Martial Arts heißt die Sportart, die in Deutschland wieder mehr oder weniger verboten ist. Zumindest darf kein Fernsehsender hierzulande die umstrittenen Käfigkeilereien ausstrahlen. Und auch im Mekka der Prügelpartys, Amerika, werden sie bestenfalls in Las Vegas geduldet. SPOX wollte wissen, was dran ist an den Brutalokämpfen und wie es um das Gesundheitsrisiko im Bereich Martial Arts bestellt ist.

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In einem Industriegebiet im Hamburger Norden soll's also krachen. Genauer gesagt in einer Trainingshalle der X-ESS Sportschule. Ein fast zwei Meter hoher Kampfkäfig ist hier aufgebaut. Genau das Richtige für ganz Mutige. Wie mich.

Im Rahmen der Vorstellung des Computerspiels "UFC Undisputed 2010" treffe ich hier einen Mixed-Martial-Art-Fighter. Einen Deutsch-Russen. Eine ziemliche Kante.

Dennis Siver heißt der Knabe. Immerhin: In puncto Körpergröße begegnen wir uns auf Augenhöhe, auch wenn ich nur 1,71 Meter messe. Und ehrlich gesagt: So gut zwanzig Minuten vor der Testschlacht ist mir überhaupt noch nicht mulmig.

Euphorisch und neugierig

Klar, seine Schultern sind breiter, seine Ober- und Unterarme offenbar auch und seine Körpersprache wirkt alles in allem auch einen Tacken gefährlicher als meine. Doch noch überwiegt die - und das ist kein Scherz - Euphorie. Und Neugierde natürlich.

Dann geht die Prügelparty endlich los. Ich betrete barfuß den Oktagon. Und im Nu starren blutrünstige Beobachter auf meinen Bürohocker-Körper.

Ich merke förmlich, wie sie nur darauf warten, dass es mir gleich ans Leben geht. Und allmählich bekomme ich ein Gefühl dafür, wie es sich anfühlen muss, wenn man als mäßiger Kicker aus Liechtenstein gegen eine torhungrige deutsche Nationalmannschaft ran muss.

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"Hier unterschreiben, falls was passiert..."

Kante Siver kommt auf mich zu - mit freiem Oberkörper. In einem normalen Fitnessstudio würde man seine Statur wohl mit "trainiert schon länger" beschreiben.

Das Publikum grölt, als er das erste Mal seine Brustmuskeln wackeln lässt. Bei mir wackelt der Bauch. Ich zittere. Die Euphorie ist futsch, und die Neugierde liegt irgendwo in meinen Socken, die ich vor Betreten des Oktagons ausziehen musste.

Siver drückt mir ein paar handschuhähnliche Teile in die Hände und brabbelt mir irgendwas zu. Ich verstehe ihn nicht. Denn: Kollege Käfig trägt Mundschutz. Super, denke ich, ich dachte, wir wollen nur spielen. Doch es kommt noch besser: Beim gemeinsamen Warmup (Armkreisen) platzt ein  Anzugträger in den Oktagon herein.

"Hier. Müssen Sie unterschreiben. Dass sie auf eigene Gefahr kämpfen. Falls etwas passiert." Ich schaue ihn an und frage: "Nicht dein Ernst, oder?"

Lass! Mich! Los!

Sekunden später schlägt's das erste Mal ein. Das Monster aus Sibirien hat meine zierliche Nase getroffen und seine Faust auf meine Oberlippe gedrückt. Die Fronten sind nun klar: Es ist der Fight moppsige Stubenkatze gegen zähen Pitbull. Ich Stubenkatze!

Und jetzt macht's richtig Rummms! Irgendwie und irgendwo bekommt er mich zu fassen. Mir bleibt nur noch die stille Vorbereitung auf den Aufprall. Nach der Landung steckt mein Kopf zwischen seinen Oberschenkeln. Zehn Sekunden lang.

Die Luft ist weg. Die Kraft sowieso. Immerhin: Er riecht nicht. In meiner misslichen Lage tippe ich ihn drei Mal an. Es ist das Zeichen: Lass mich los!

Gnade in der dritten Runde

Das zweite Ründchen: Meine Ambitionen, ihn zu treffen, sind in den Keller gesunken. Ich will nun mit gekonnter Deckung beeindrucken. Und das gelingt. Fast vier Sekunden halte ich ihn mir vom Leib. Dann nutzt er einen unaufmerksamen Moment aus. Und wieder finde ich mich zwischen seinen Beinen und Armen wieder.

Er schleudert mich nebst meiner lädierten Bandscheiben durch die Luft und während ich mich einigermaßen tot wähne, genießt die Gesellschaft das spannungsarme Aufeinandertreffen.

Noch dreißig Sekunden, dann ist Feierabend. Oder K.o.? Nein, ich habe Glück. Der Favorit lässt es in der Abschlussrunde etwas ruhiger angehen. Nur ein paar Tritte noch und ein letzter Niederwurf, dann ist es geschafft.

Irgendwie doch ein dufter Kerl

Wahnsinn! Unglaublich! Irre! Der ganze Spaß dauerte mickrige 90 Sekunden. Doch ich fühle mich wie nach 90 Minuten Fußball. Ich bin ausgepowert und völlig platt. Ich schaue in sein Gesicht. Der Pitbull mit Mundschutz lächelt.

Dann unterhalten wir uns noch ein wenig. Er erzählt mir, dass die Runden normalerweise fünf Minuten lang sind, er oftmals vier Stunden am Tag trainiert und im Juni wieder in Las Vegas prügelt.

Ich finde ab jetzt: Irgendwie ist er doch ein dufter Kerl und künftig würde ich bei Käfigkämpfen im TV nicht mehr so flott wegschalten.

Am Abend treffe ich meine Freundin. Ihr Kommentar: "Maus, wie siehst du denn aus?" Dabei war ich doch die Katze.

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