Marco Baldi: "Beste Basketball-Liga Europas"

Von Interview: Haruka Gruber
Sie bestimmen bei Alba das Geschehen: Marco Baldi (l.) und Luka Pavicevic
© Imago

Mit dem Eurocup-Finale sorgte Alba Berlin für ein internationales Ausrufezeichen. Doch wie nachhaltig ist der Erfolg? Alba-Boss Marco Baldi glaubt an den Boom der BBL.

Cookie-Einstellungen

Nach dem Finale ist vor der Tortur: Alba Berlin machte sich am Morgen nach der deutlichen 44:67-Niederlage gegen BC Valencia im Finale des Eurocups, dem Pendant zur Europa League im Fußball, auf den beschwerlichen Weg zurück nach Deutschland.

Fast 30 Stunden werden Geschäftsführer Marco Baldi und die Spieler im kurzfristig angemieteten Bus verbringen, um vom baskischen Final-Four-Austragungsort Vitoria nach Berlin zu fahren. Alle Flüge wurden wegen der Aschewolke gecancelt.

Doch trotz der Klatsche und der strapaziösen Rückfahrt zog Baldi ein zufriedenes Fazit nach dem Wochenende. Immerhin hat Alba mit dem Finaleinzug den zweitgrößten internationalen Erfolg der Klubgeschichte gefeiert. 1995 triumphierte Berlin mit Trainer Svetislav Pesic beim Korac-Cup, dem Vor-Vorgängerwettbewerb des Eurocups.

SPOX: Wie geht es Ihnen nach der deutlichen Pleite gegen Valencia und dem Verpassen des Eurocup-Siegs?

Marco Baldi: Im ersten Moment hat die Niederlage sehr wehgetan. Nach einer Nacht sieht man jedoch klarer und weiß zu schätzen, was die Mannschaft erreicht hat. Wir haben international mit die meisten Spiele aller Teams bestritten, weil wir unter anderem die Euroleague-Qualifikation absolvieren mussten. Dennoch haben wir uns bis ins Finale durchgekämpft, lediglich das Sahnehäubchen hat gefehlt. Dank uns hat Deutschland international weiter an Ansehen gewonnen.

SPOX: Warum hat es nach dem starken Halbfinal-Erfolg über Bilbao im Endspiel nicht gereicht?

Baldi: Wir wussten, dass wir nicht so hochkarätig besetzt sind wie die Topteams im Wettbewerb. Daher mussten wir versuchen, unser Spielkonzept dem Gegner aufzudrücken. Gegen Bilbao hat es vorzüglich funktioniert, doch gegen Valencia hat die Energie schlichtweg gefehlt. Wir waren hohl, wir waren leer, wir waren körperlich nicht da. Das kann der Wille nicht kompensieren.

SPOX: Zumal BBL-MVP Julius Jenkins wegen den Folgen einer Gehirnerschütterung nur bedingt einsatzfähig war.

Baldi: Eigentlich hatten wir uns schon dazu entschlossen, dass er überhaupt nicht mit nach Vitoria soll, weil er nicht fit genug war. Dennoch haben wir ihn mitgenommen und er hat sich bravourös geschlagen, obwohl er viel mehr Minuten gespielt hat als geplant und sichtlich angeschlagen war. Dazu knickte vor dem Final Four Blagota Sekulic um, Jurica Golemac war lange verletzt, Derrick Byars leidet an Rückenproblemen. Wir konnten das alles nicht kompensieren und 24 Stunden nach einem Kraftakt erneut über uns hinauswachsen.

SPOX: Ziehen Sie aus der Final-Niederlage die Erkenntnis, dass die Mannschaft weiter aufgerüstet werden muss?

Baldi: Wir werden nicht alles über den Haufen schmeißen, nur weil wir ein Endspiel gegen eine Spitzenmannschaft verloren haben. Im Gegenteil: Obwohl wir im Budget-Ranking der Eurocup-Teams nur im Mittelfeld rangieren, haben wir etliche wesentlich wohlhabendere Mannschaften hinter uns gelassen. Das bestätigt unser Konzept. Trotz aller Probleme haben wir fast alles richtig gemacht und als erste deutsche Mannschaft ein Eurocup-Finale erreicht. Das sagt alles aus.

SPOX: Das von Ihnen angesprochene Konzept hängt eng mit Trainer Luka Pavicevic und dessen europäisch geprägter Basketball-Philosophie zusammen. Ist er nach drei Jahren endlich über jeden Zweifel erhaben?

Baldi: Einige haben sich gewundert, als wir letzte Saison vorzeitig mit ihm verlängert haben. Jetzt verstehen die Leute besser, welche Beweggründe dahintersteckten. Die jetzt gezeigten Leistungen der Mannschaft sind Beweis dafür, wie gut Luka Pavicevic trainiert.

SPOX: Ein Medien-Liebling wird er aber dennoch wohl nicht mehr.

Baldi: Uns ist es egal, ob jemand ein Medien-Liebling ist oder nicht. Wir wissen auch nicht, warum einige das Interesse verfolgen, ihn in eine gewisse Richtung zu drücken. Natürlich sorgt er mit seinem Temperament ab und an für Reibungspunkte, wer ihn jedoch persönlich kennt, weiß, was für ein intellektueller und humorvoller Mensch er ist. Ich war überzeugt, dass wir mit ihm einen Trainer von ganz hohem Format in unseren Reihen wissen. Umso schöner ist es, dass sich diese Wertschätzung auch durch den Erfolg im Eurocup widerspiegelt.

SPOX: Hat sich durch die Finalteilnahme die Wahrnehmung von Alba im internationalen Basketball verbessert?

Baldi: Es hört sich schlecht an, wenn man so etwas von sich selbst sagt, aber Fakt ist: Alba genießt international seit Jahren eine höhere Wertschätzung als zu Hause in Deutschland. Das ist okay, weil ein Verein wie Berlin national nun mal polarisiert. Aber international wissen die Leute mehr zu schätzen, welch große Leistung dahinter steckt, regelmäßig 10.000 Zuschauer in die Halle zu locken. Selbst gegen Gegner wie Paderborn erreichen wir die Marke. Dennoch haben Sie insofern mit der Frage Recht, dass es ungemein wichtig ist, ein gewisses Renommee auch mit Ergebnissen zu untermauern und nicht nur in der Vergangenheit zu leben.

SPOX: Alba stand im Eurocup-Finale, dazu ist mit Tibor Pleiß oder Robin Benzing einigen aufstrebenden deutschen Talente in der BBL der Durchbruch geglückt: Stimmt der Eindruck, dass der deutsche Basketball einen Aufschwung erlebt?

Baldi: Genau das sage ich seit langem. Hier gibt es ein solches Riesenpotenzial und einen großen Markt, daher sehe ich keinen Grund, warum sich Deutschland nicht zu einer führenden Basketball-Nation wandeln soll.

SPOX: Ist das nicht zu optimistisch?

Baldi: Nein, die BBL hat das Potenzial, sich zur besten Liga Europas zu entwickeln. Damit das passiert, muss die Liga jedoch den Mut haben, die nötigen Schritte einzuleiten und Reformen anzustrengen. Zum Beispiel muss die Frage geklärt werden, wie wir es schaffen, dass noch mehr deutsche Talente den Sprung zu den Profis schaffen. Es werden harte Entscheidungen nötig sein, die nicht bei jedem auf Konsens treffen werden - aber wir müssen die Weichen richtig stellen.

Final Four in Vitoria: Alba verpatzt das Finale